Precht ist besser
Bei „Homo Deus“ bemängelte ich, dass dem Autor ein Theologie-Studium fehlt. In diesem Buch kommt die Religion wahrlich nicht zu kurz. Das Inhaltsverzeichnis verrät, dass Religion auf Kapitel 8, 12, 13, 16, 20 und 21 verteilt wird, na denn. Religion dient heute nicht mehr zur
Lösung von Problemen, sondern verlangt in der Tat einen politischen Standpunkt, immer verbunden mit der…mehrPrecht ist besser
Bei „Homo Deus“ bemängelte ich, dass dem Autor ein Theologie-Studium fehlt. In diesem Buch kommt die Religion wahrlich nicht zu kurz. Das Inhaltsverzeichnis verrät, dass Religion auf Kapitel 8, 12, 13, 16, 20 und 21 verteilt wird, na denn. Religion dient heute nicht mehr zur Lösung von Problemen, sondern verlangt in der Tat einen politischen Standpunkt, immer verbunden mit der Gefahr des Nationalismus bzw. Fundamentalismus, unabhängig von der Partei und schafft Identität.
Moral hat es schon vor der Religion gegeben, wie Schimpansen zeigen, die kranke Familienmitglieder pflegen. Das Kapitel über Gott ist schwach, mir missfällt auch diese Definition:„säkuläre Menschen lehnen alle unwissenschaftlichen Dogmen ab und sind Wahrheit, Mitgefühl und Freiheit verpflichtet“(S.280). Dies gilt auch für Angela Merkel und viele andere Christen.
Zum Thema Gerechtigkeit merkt der Autor an, dass Diebstahl klar unmoralisch ist. Wenn aber ein Unternehmen Gewinn macht, weil es die Flüsse verschmutzt, dann sieht das nicht jeder so.
Im Kapitel über den Sinn gefällt mir die Aussage eines Mannes: „ich habe gelernt, dass ich auf Erden bin, um anderen Menschen zu helfen. Was ich noch nicht herausgefunden habe, ist, warum die anderen Menschen hier sind.“(S.368)
Einverstanden bin ich mit der Ablehnung des Opfer. Im Buddhismus gibt es diesen Sinn: „Wenn ich einfach nur meinen Atem spüre und nichts tue, werde ich Erleuchtung erlangen und der weiseste und glücklichste Mensch auf erden sein.“ (S.398)
Zuletzt wird gesagt, dass der Liberalismus vom Glauben an das „Ich“ lebt, was mich an den letzten Essay von David Forster-Wallace erinnert. Der Autor selbst lebt sehr gut dank Meditation, da Gefühle wie Ärger und Wut im eigenen Körper, er sagt Geist, entstehen. Das wiederum erinnert mich an den Satz von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein.“
Das Hauptproblem des Buches ist das es allgemein alles ein bisschen behandelt, aber nichts richtig.
Im Computerschach kennt sich der Autor bestens aus (S.58ff). Gut gefällt mir, dass er die Bedeutungslosigkeit mehr fürchtet als die Ausbeutung. So sind wir schon beim kapitalistischem Paradies, dem allgemeinen Grundeinkommen, dem er das kommunistische Paradies mit allgemeinen Grunddienstleistungen wie kostenloser Bildung, Grundversorgung und kostenlosem Nahverkehr gegenüber stellt (S.68).
Interessant ist, dass der in der Zuwanderungsdebatte entstehende Rassismus in Wahrheit ein Kulturalismus ist, da biologische Unterschiede zu vernachlässigen seien.
Nicht neu ist, dass vergleichsweise wenig Menschen durch Terroristen sterben. Er erklärt aber, warum uns ein Anschlag in Brüssel mehr schockt als in Bagdad, denn: „Je weniger politische Gewalt in einem bestimmten Staat herrscht, desto größer ist der öffentliche Schock angesichts eines Terrorakts.“(S.223)
Mit Gewinn Krieg zu führen wird immer schwieriger. Einzig mit Besetzung der Krim ist Russland dies im 21. Jahrhundert gelungen.
Postfaktisch ist auch nicht neu, was schon die Judenprogrome im Mittelalter zeigen.
Und wissen wir nicht, dass wir 1986 mit Sozialismus und Liberalismus noch zwei Erzählungen hatten und dass seit der Finanzkrise 2008 auch der Liberalismus so nicht weiter gehen kann? Auf die Digitalisierung der Arbeitswelt warten wir seit 40 Jahren.
Die Gedanken über selbstfahrende Autos sind nicht neu. Oft ist dem Autor zuzustimmen. Wenn es falsch wird, dann ist es aber umso ärgerlicher. Auf S.142 schreibt er:„Die modernen Germanen entstanden aus der Verschmelzung von Sachsen, Preußen, Schwaben und Bayern.“ Abgesehen davon, dass die Schwaben ein Teil der Alemannen sind, diese auch in der Schweiz und Vorarlberg leben, hat er die Friesen vergessen (vielleicht glaubt der Autor, dies seien die Vorfahren der Niederländer) und das größte germanische Volk, die Franken, schlägt er ganz nach Frankreich.
Das Buch behandelt im Kapitel „Nationalismus“ die ökologische Herausforderung und das nicht immer richtig. (gek