Worum geht es:
Im Berlin des Jahres 1927 müssen sich die Physikerin Nike und der Künstler Sandor zusammentun, um Magie auszuüben, die vor kurzem entdeckt wurde. Denn für Magie braucht es die Kombination von Mann und Frau und von Kunst und Wissenschaft in jeweils einer Person – so zumindest die
Lehrmeinung. Die beiden kommen in Zusammenarbeit mit der Polizei magischen Verbrechen und einer…mehrWorum geht es:
Im Berlin des Jahres 1927 müssen sich die Physikerin Nike und der Künstler Sandor zusammentun, um Magie auszuüben, die vor kurzem entdeckt wurde. Denn für Magie braucht es die Kombination von Mann und Frau und von Kunst und Wissenschaft in jeweils einer Person – so zumindest die Lehrmeinung. Die beiden kommen in Zusammenarbeit mit der Polizei magischen Verbrechen und einer Verschwörung auf der Spur. Zugleich stellt Nike zunehmend ihre Geschlechtsidentität in Frage und verliebt sich in die trans Frau Georgette, und Sandor ist zwischen seiner Arbeit für die Polizei und seiner anarchistischen Gesinnung hin und her gerissen.
Wie ich es fand:
In diesem Buch kommen eine Menge Themen vor: Politik, Anarchismus, Magie, Physik, Gender, die Bedrohung durch die Nazis, Antisemitismus, Kunst, Architektur, die Wohnungsnot und die soziale Lage ... Manchmal wirkte das Ganze zu überladen und ging zu sehr zu Lasten des Plots. Anderseits bewundere ich den Mut und die Ernsthaftigkeit, mit der das Autorenpaar solche anspruchsvollen Themen in einem Urban Fantasy-Roman unterbringt.
Das Magiesystem bleibt trotz aller eingestreuten Physikbegriffe für meinen Geschmack etwas zu vage. Ungefähr verstanden habe ich, dass Magie dann entsteht, wenn die Gegensätze Kunst und Wissenschaft und Mann und Frau aufeinander treffen - und dann die coole Wendung, dass diese Gegensätze sich auch in einer Person vereinen lassen und eine einzelne Person Magie wirken kann, wenn man diese starren Grenzen aufgibt. Eine gute Idee, somit das Hinterfragen der Geschlechtsrollen im Magiesystem widerzuspiegeln. Dennoch, wenn man schon mit Physik anfängt, hätte ich genauere Erklärungen gut gefunden; begründet wird die Vagheit damit, dass die Forschung zur Magie eben noch in den Kinderschuhen stecke.
Nike als Protagonistin wirkte auf mich anfangs blass und unnahbar und durch wenig mehr als ihre Ablehnung der weiblichen Geschlechtsrolle definiert. Die Figur bekam dann aber durch die Darstellung der Beziehung zu ihrer Mutter und durch die Liebesgeschichte mit Georgette mehr Tiefe. Sehr schön fand ich die zart und einfühlsam geschilderte Sexszene zwischen Nike und Georgette, in der wunderbar auf Consent geachtet wurde. Gerne mehr davon in der Literatur! Spannend auch die Ausflüge der beiden ins verruchte und queere Nachtleben.
Sandor war mir sympathisch als naiver und leichtsinniger junger Künstler mit dem Herz am anarchistischen Fleck. Allerdings wurde hier meiner Meinung nach Konfliktpotential verschenkt. Ein Anarchist, der für die Polizei arbeiten soll, hätte deutlich mehr Konflikt hergeben können. Stattdessen tanzt Sandor auf zwei Hochzeiten gleichzeitig, ohne dass es Konsequenzen gibt.
Die Auflösung der Verschwörung am Ende kam mir ein wenig zu banal vor. Die komplexen politischen und gesellschaftlichen Probleme reduzieren sich auf nur zwei Antagonisten und deren größenwahnsinnigen Evil Masterplan. Allerdings ist das leider oft so im Krimi, was mich generell an diesem Genre stört. Dennoch hatte das große Finale einige coole Szenen.
Fazit: Ein Buch, das auf faszinierende Weise Magie, Wissenschaft, Politik, Kunst und Queerness im Berlin der zwanziger Jahre vermischt, dabei aber manchmal etwas überladen wirkt.