Je stärker die Frauen, desto größer der Hass auf sie Der US Supreme Court verbietet das Recht auf Abtreibung, die Polizei verzeichnet einen starken Anstieg häuslicher Gewalt, auf TikTok werden Tötungsfantasien an Frauen zum Trend. Die These: Dieser Backlash ist eine Reaktion auf die zunehmende Gleichberechtigung. Wie kann der Teufelskreis durchbrochen werden? Die Journalistin Susanne Kaiser erzählt die ganze Geschichte und entwirft mögliche Lösungen. Die Haustür ist übersät von Sicherheitsschlössern. Frau F. würde Minuten brauchen, sie alle zu öffnen. Angebracht hat sie ihr Mann, weil sie weg will. Sie ist Juristin, ihr Mann ein bekannter Richter. »Stell dir vor, wir zwei hätten ein Stranddate und ich würde deinen Kopf so lange unter Wasser halten, bis du einfach stirbst. Lol.« 134.000 Likes auf TikTok. In 37 Ländern ist im Jahr 2022 Abtreibung noch immer oder wieder verboten. Privat, digital, politisch – die Formen der Gewalt sind nicht neu, doch sie richtet sich heute deshalb gegen die Frau, weil sie gleichberechtigt ist. Diese historische Verschiebung hat heftige Gegenkräfte aktiviert: erfolgreiche Männer aus gehobenen Kreisen, Jugendliche der Gen Z und politische Institutionen demokratischer Staaten. Gerade dort, wo die Gleichberechtigung besonders wirkmächtig war, ist der Backlash umso heftiger. Susanne Kaiser forscht seit über zehn Jahren zu diesem Phänomen, sie hat mit Betroffenen gesprochen und analysiert das Problem gesellschaftlich, politisch und privat. Erst diese gesamtheitliche Sichtweise macht mit großer Klarheit deutlich, welch toxische Dynamik noch immer von männlich-weiblichen Rollenklischees ausgeht. Dieses Hörbuch zeigt, wie wir sie überwinden können. »Susanne Kaiser führt uns vor Augen, wie sehr Frauenhass und politisierte Männlichkeiten unsere privaten und politischen Realitäten formen.« Tobias Ginsburg, Autor des Bestsellers »Die letzten Männer des Westens« »Ein wichtiges Buch zur richtigen Zeit. Wir müssen das Thema Gewalt gegen Frauen als ein gesamtgesellschaftlichen Problem endlich mehr in den Mittelpunkt rücken.« Asha Hedayati, Rechtsanwältin & Influencerin für Frauenrechte »Es ist erschreckend, wie viel Gewalt gegen Frauen unbemerkt geschieht. Susanne Kaiser macht diese Gewalt öffentlich. Jetzt kann niemand mehr sagen, er habe von nichts gewusst.« Georgine Kellermann, Journalistin »Patriarchats-Smashing-Gefahr! Susanne Kaiser dekonstruiert die Gewalt gegen Frauen in ihrem Buch wie eine feministische Kaiserin - Go Bitch, Go!!« Dr. Reyhan Şahin aka Lady Bitch Ray
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Leonie Feuerbach hält es für wichtig, wenn Susanne Kaiser in ihrem Buch darauf aufmerksam macht, dass Gewalt gegen Frauen zunimmt. Mitunter aber wird Kaiser ihr etwas zu spekulativ, etwa wenn sie über den Zusammenhang von Gewalt-Dunkelziffer und Wahlerfolgen der Rechten in Schweden sinniert. Gut hingegen findet Feuerbach den Konnex zwischen Politik und Backlash herausgearbeitet, wenn Kaiser AfD-Meinungen zitiert. Die im Buch präsentierten Lösungsvorschläge überzeugen sie aber nur bedingt, da die Autorin in nicht immer leicht nachzuvollziehenden Meta-Kategorien denkt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2023Feministisches Paradox
"Backlash", ein Buch über die "neue Gewalt" gegen Frauen, überzeugt in der Analyse mehr als bei den Lösungen
Sei es im Privaten, in den sozialen Medien oder in der Politik: Die Gesellschaft erlebt laut Susanne Kaiser, Journalistin und Autorin, eine Gegenbewegung zum Aufstieg der Frauen. "Feministischer Fortschritt und männliche Gewalt wachsen gemeinsam", schreibt Schneider in ihrem Buch "Backlash. Die neue Gewalt gegen Frauen". Das gilt laut Schneider für Gesellschaften - in besonders fortschrittlichen Ländern wie Skandinavien ist die Gewalt gegen Frauen laut Kriminalstatistik besonders hoch - und für Individuen: Vor allem Frauen, die erfolgreich und sichtbar sind, werden im Netz von Hass überschwemmt oder von ihren Männern misshandelt. Schneider nennt das "feministisches Paradox".
Sie findet dafür eindrucksvolle Beispiele. Etwa die Frau eines Richters, eigentlich selbst erfolgreiche Juristin, derzeit aber vor allem Mandantin einer Anwältin für Familienrecht. Sie will wieder Vollzeit arbeiten, er will das nicht, hat nicht nur mehrere Sicherheitsschlösser an der Haustür angebracht, damit sie gegen seinen Willen nicht gehen kann, sondern sie auch schon gewürgt. Oder ein Tiktok-Trend: Junge Männer posten Videos, in denen sie zu romantischer Musik und Kerzenschein darüber phantasieren, wie sie Frauen beim Date ermorden: am Strand unter Wasser drücken, beim Go-Kart überfahren, mit Bowlingkugeln oder Hanteln erschlagen. Dafür gibt es Millionen Likes. Das Gleiche gilt für Andrew Tate, eine Art frauenhassender Life-Coach, der jungen Männern im Internet erklärt, wie sie mit Frauen umzugehen haben: "Boom ins Gesicht und sie am Nacken packen. Halt's Maul, Schlampe."
"Neu" ist die Gewalt gegen Frauen laut Schneider nicht wegen Internetphänomenen wie Tate. Sondern weil sie sich in Gesellschaften abspielt, die so gleichberechtigt sind wie nie zuvor. Und weil sie teils durch Männer ausgeübt wird, die sich öffentlich als Feministen und Frauenförderer feiern lassen, wie etwa Harvey Weinstein. Für Schneider ist klar, dass diese Gewalt nicht nur anders ist, sondern auch zunimmt, Qualität und Quantität "neu" sind. Schneider schreibt: "Während Gewalt in unserer Gesellschaft insgesamt abnimmt, nimmt die Gewalt gegen Frauen kontinuierlich zu." Die Gefahr für Frauen, in der Partnerschaft Gewalt zu erleben, werde immer größer. Es wachse mitnichten nur die Anzeigebereitschaft, sondern auch das Dunkelfeld.
Tatsächlich nimmt die häusliche Gewalt laut Kriminalstatistik seit Jahren zu, während die Zahl anderer Straftaten zurückgeht. Es gibt aber keine systematischen Dunkelfeldstudien. Auszuschließen, dass die steigenden Zahlen nicht an einer höheren Anzeigebereitschaft liegt, ist deshalb schwierig. Schneider versucht es und nennt verschiedene Hinweise. So hat sich etwa die Zahl der dokumentierten Verletzungen in der Gewaltschutzambulanz der Charité zwischen 2014 und 2018 verdoppelt. Frauen können dort vertraulich ihre Verletzungen dokumentieren lassen, ohne Anzeige erstatten zu müssen. Andere Hinweise wirken arg spekulativ. Dass in Schweden nicht nur die Anzeigebereitschaft bei Partnerschaftsgewalt größer ist, sondern auch das Dunkelfeld, sieht die Autorin etwa durch die Wahlergebnisse der politischen Rechten bestätigt.
Schneider will deutlich machen, dass es sich nicht um individuelle oder psychologische Phänomene handelt. Sie betont die gesellschaftliche und politische Dimension des Backlash, der Erfolg und Sichtbarkeit von Frauen mit Gewalt rückgängig zu machen versucht. Die Bezüge zur Politik gelingen ihr manchmal gut, etwa wenn sie den AfD-Politiker Björn Höcke mit dem Satz zitiert, "Wir müssen unsere Männlichkeit wiederentdecken", oder darauf verweist, dass ein oberster Richter in den USA angekündigt hat, sich nach der Abtreibung auch mit dem Thema Verhütung in der Ehe zu befassen. An den politischen Stellen des Buchs entfernt sie sich aber auch teils von ihrem Thema, etwa wenn sie den Begriff des Gaslighting erst auf sexualisierte Gewalt bezieht (Frauen werden ihre Erfahrungen abgesprochen, es wird ihnen eingeredet, sich das Erlebte nur einzubilden), dann auf Politik (die Bush-Regierung fälschte vermeintliche Beweise für Massenvernichtungswaffen im Irak).
Auch der Lösungsansatz, den Schneider präsentiert, ist ambivalent. Identitätspolitik, gendergerechte Sprache und feministische Außenpolitik machten Frauen einerseits sichtbar, markierten sie andererseits aber auch als "anders", argumentiert Schneider. Sie könnten deshalb nur Übergangslösungen sein auf dem Weg zu einer Gesellschaft ohne Geschlechtskategorien. Schneider selbst hat sich schon von diesen Kategorien entfernt. Deshalb schreibt sie Sätze wie: "Was sexualisierte Gewalt bewirkt, ist, weibliche Personen zu Frauen zu machen." Solche Formulierungen dürften auch wohlwollende Leserinnen und Leser irritieren. Das ist schade. Denn "Backlash" macht auf ein wichtiges Thema aufmerksam, über das man weniger hört und liest, als seiner Bedeutung angemessen wäre. LEONIE FEUERBACH
Susanne Kaiser: Backlash. Die neue Gewalt gegen Frauen.
Tropen Verlag, Stuttgart 2023. 224 S., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Backlash", ein Buch über die "neue Gewalt" gegen Frauen, überzeugt in der Analyse mehr als bei den Lösungen
Sei es im Privaten, in den sozialen Medien oder in der Politik: Die Gesellschaft erlebt laut Susanne Kaiser, Journalistin und Autorin, eine Gegenbewegung zum Aufstieg der Frauen. "Feministischer Fortschritt und männliche Gewalt wachsen gemeinsam", schreibt Schneider in ihrem Buch "Backlash. Die neue Gewalt gegen Frauen". Das gilt laut Schneider für Gesellschaften - in besonders fortschrittlichen Ländern wie Skandinavien ist die Gewalt gegen Frauen laut Kriminalstatistik besonders hoch - und für Individuen: Vor allem Frauen, die erfolgreich und sichtbar sind, werden im Netz von Hass überschwemmt oder von ihren Männern misshandelt. Schneider nennt das "feministisches Paradox".
Sie findet dafür eindrucksvolle Beispiele. Etwa die Frau eines Richters, eigentlich selbst erfolgreiche Juristin, derzeit aber vor allem Mandantin einer Anwältin für Familienrecht. Sie will wieder Vollzeit arbeiten, er will das nicht, hat nicht nur mehrere Sicherheitsschlösser an der Haustür angebracht, damit sie gegen seinen Willen nicht gehen kann, sondern sie auch schon gewürgt. Oder ein Tiktok-Trend: Junge Männer posten Videos, in denen sie zu romantischer Musik und Kerzenschein darüber phantasieren, wie sie Frauen beim Date ermorden: am Strand unter Wasser drücken, beim Go-Kart überfahren, mit Bowlingkugeln oder Hanteln erschlagen. Dafür gibt es Millionen Likes. Das Gleiche gilt für Andrew Tate, eine Art frauenhassender Life-Coach, der jungen Männern im Internet erklärt, wie sie mit Frauen umzugehen haben: "Boom ins Gesicht und sie am Nacken packen. Halt's Maul, Schlampe."
"Neu" ist die Gewalt gegen Frauen laut Schneider nicht wegen Internetphänomenen wie Tate. Sondern weil sie sich in Gesellschaften abspielt, die so gleichberechtigt sind wie nie zuvor. Und weil sie teils durch Männer ausgeübt wird, die sich öffentlich als Feministen und Frauenförderer feiern lassen, wie etwa Harvey Weinstein. Für Schneider ist klar, dass diese Gewalt nicht nur anders ist, sondern auch zunimmt, Qualität und Quantität "neu" sind. Schneider schreibt: "Während Gewalt in unserer Gesellschaft insgesamt abnimmt, nimmt die Gewalt gegen Frauen kontinuierlich zu." Die Gefahr für Frauen, in der Partnerschaft Gewalt zu erleben, werde immer größer. Es wachse mitnichten nur die Anzeigebereitschaft, sondern auch das Dunkelfeld.
Tatsächlich nimmt die häusliche Gewalt laut Kriminalstatistik seit Jahren zu, während die Zahl anderer Straftaten zurückgeht. Es gibt aber keine systematischen Dunkelfeldstudien. Auszuschließen, dass die steigenden Zahlen nicht an einer höheren Anzeigebereitschaft liegt, ist deshalb schwierig. Schneider versucht es und nennt verschiedene Hinweise. So hat sich etwa die Zahl der dokumentierten Verletzungen in der Gewaltschutzambulanz der Charité zwischen 2014 und 2018 verdoppelt. Frauen können dort vertraulich ihre Verletzungen dokumentieren lassen, ohne Anzeige erstatten zu müssen. Andere Hinweise wirken arg spekulativ. Dass in Schweden nicht nur die Anzeigebereitschaft bei Partnerschaftsgewalt größer ist, sondern auch das Dunkelfeld, sieht die Autorin etwa durch die Wahlergebnisse der politischen Rechten bestätigt.
Schneider will deutlich machen, dass es sich nicht um individuelle oder psychologische Phänomene handelt. Sie betont die gesellschaftliche und politische Dimension des Backlash, der Erfolg und Sichtbarkeit von Frauen mit Gewalt rückgängig zu machen versucht. Die Bezüge zur Politik gelingen ihr manchmal gut, etwa wenn sie den AfD-Politiker Björn Höcke mit dem Satz zitiert, "Wir müssen unsere Männlichkeit wiederentdecken", oder darauf verweist, dass ein oberster Richter in den USA angekündigt hat, sich nach der Abtreibung auch mit dem Thema Verhütung in der Ehe zu befassen. An den politischen Stellen des Buchs entfernt sie sich aber auch teils von ihrem Thema, etwa wenn sie den Begriff des Gaslighting erst auf sexualisierte Gewalt bezieht (Frauen werden ihre Erfahrungen abgesprochen, es wird ihnen eingeredet, sich das Erlebte nur einzubilden), dann auf Politik (die Bush-Regierung fälschte vermeintliche Beweise für Massenvernichtungswaffen im Irak).
Auch der Lösungsansatz, den Schneider präsentiert, ist ambivalent. Identitätspolitik, gendergerechte Sprache und feministische Außenpolitik machten Frauen einerseits sichtbar, markierten sie andererseits aber auch als "anders", argumentiert Schneider. Sie könnten deshalb nur Übergangslösungen sein auf dem Weg zu einer Gesellschaft ohne Geschlechtskategorien. Schneider selbst hat sich schon von diesen Kategorien entfernt. Deshalb schreibt sie Sätze wie: "Was sexualisierte Gewalt bewirkt, ist, weibliche Personen zu Frauen zu machen." Solche Formulierungen dürften auch wohlwollende Leserinnen und Leser irritieren. Das ist schade. Denn "Backlash" macht auf ein wichtiges Thema aufmerksam, über das man weniger hört und liest, als seiner Bedeutung angemessen wäre. LEONIE FEUERBACH
Susanne Kaiser: Backlash. Die neue Gewalt gegen Frauen.
Tropen Verlag, Stuttgart 2023. 224 S., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Kaiser schreibt klar und sehr kenntnisreich.« Carola Ebeling, Missy-Magazin, 10. Juli 2023 Carola Ebeling Missy Magazine 20230710