Hier werden Albträume wahr ... Mit dem Basar der bösen Träume legt Stephen King eine Sammlung von 20 Kurzgeschichten vor, von denen ein Großteil hier zum ersten Mal auf Deutsch erscheint. Nicht immer blanker Horror, doch stets psychologisch packend! Folgen Sie dem Meister des Erzählens, wenn er Sie einlädt: "Hereinspaziert, ich habe die Geschichten eigens für Sie geschrieben. Aber seien Sie vorsichtig. Bestenfalls sind sie bissig und schnappen zu." "... von David Nathan in Perfektion vorgetragen" (Der-hoerspiegel.de über "Revival")
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Im Grunde ist Stephen King ein Meister der Miniatur, glaubt Rezensent Fritz Göttler nach der Lektüre der hier versammelten Erzählungen. Allein die Intimität, mit der King die Vorreden zu seinen Erinnerungen an Begegnungen mit Freunden oder an Fahrten mit seiner geliebten Harley Softail beginnt, nehmen den Kritiker sofort gefangen. Wie der Autor hier mit unheimlicher Subtilität Schrecken und Realität verknüpft und dabei in jeder Geschichte verschiedenen Schriftstellerkollegen, etwa Hemingway oder Poe seine Anerkennung erweist, beeindruckt den Rezensenten nachhaltig. Nicht zuletzt empfiehlt er dieses hinreißende Buch als "Chronik" amerikanischen Lebens der letzten Jahrzehnte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.04.2016Vorsichtig
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Stephen King öffnet seinen
„Basar der bösen Träume“
Das Finale ist furios, am Ende der letzten Geschichte dieses Bandes, der endgültige Aufbruch, die große Freiheit, als Robinson seine Fat Bob aus dem Schuppen holt. Er „ließ den Motor aufheulen, dann nahm er Gas weg. Aufheulen, Gas weg. Aufheulen, Gas weg. Der kräftige Geruch von frisch verbranntem Benzin erfüllte die Einfahrt. Die Erde war ein sterbender Koloss, aber die Stille war verbannt, zumindest für eine Weile, und das war gut.“
Es ist die Stille nach dem 6. Juni, dem Tag, an dem die Apokalypse begann. Nasenbluten, Zahnausfall, die Menschen sterben an Strahlenvergiftung. Irgendwann singen auch keine Vögel mehr, die Häuser sind leer. Robinson ist einer der letzten. Sommerdonner nennt man den heulenden Lärm des Motorrads, das ist auch der Titel der Geschichte. „Seine Nase tropfte wieder, das Blut strömte die Wangen hinauf und flog hinter ihm in fetten Tropfen davon. Er legte sich in die erste Kurve, dann noch tiefer in die zweite und ging in den vierten Gang, als eine kurze gerade Strecke kam . . . Rechts sah Robinson aus den Augenwinkeln den Lake Pocomtuck, durch dessen spiegelglatte blaue Fläche die Sonne eine goldene Spur trieb.“ Dann kommt das Schild „Vorsichtig fahren“, das die Todeskurve markiert . . .
Stephen Kings Erinnerungen an seine geliebte 1986er Harley Softail sind in dieser Geschichte konzentriert, auf der er nun, weit in seinen Sechzigern, nicht mehr über die Highways brausen mag. In kleinen intimen Vorreden spinnt er jede der hier gesammelten Erzählungen in sein Leben ein, Begegnungen mit Freunden oder Leserinnen, Fahrten, die er im 61er Ford Station Wagon während der Studienzeit zur Freundin unternahm, die ihn immer wieder zum ominösen Streckenabschnitt Mile 85 auf der I-95 brachten . . . „Ich stellte mir mein Auto einsam und verlassen auf der Standspur vor“, und schon spürt er den Impuls zu einer Geschichte über ein menschenverschlingendes Auto. Als er Opfer eines schweren Verkehrsunfalls und mühsamer Rekonvaleszenztorturen wird, in einem „Käfig aus Schlingen und Metall“, imaginiert er den „kleinen grünen Gott der Qual“, der im Körper sich eingenistet hat und sich an ihm weidet und nur durch einen Exorzismus ausgetrieben werden kann.
Der Schrecken in diesen Geschichten ist immer aus der Realität heraus motiviert, das macht ihn unheimlich subtil und durchtrieben. Der Band liest sich wie eine Chronik amerikanischen Lebens der letzten Jahrzehnte. Stephen King, der durch seine epischen Romane weltberühmt wurde, liebt im Grund die Miniatur, die Momentaufnahme – in der nicht einfach das beobachtete Objekt fixiert, sondern der Prozess der Belichtung entwickelt wird, der Punkt, da die Gegenwart und die Vergangenheit sich überlagern. Das hat eine schöne Tradition in der amerikanischen Literatur, Stephen King weiß es und hat in jeder Geschichte seinen Schreiberkollegen Reverenz erwiesen – am schönsten in „Ur“, wo durch ein merkwürdiges rosa Kindle ein junger Kleinstadtdozent Zugang zu etwa 10,4 Millionen alternativen Welten kriegt, die er über bizarre Dichterbiografien und -bibliografien erschließt. In einer der Welten gibt es den Hemingway-Roman „Cortlands Hunde“, in einer anderen hat Poe Romane geschrieben wie „Das Haus der Schande oder Der Preis der Erniedrigung“: „Wesley lud ihn herunter – die Gebühr betrug diesmal nur $ 4,95 – und las bis zur Morgendämmerung darin. Dann schaltete er den pinkfarbenen Kindle aus, legte den Kopf auf die Arme und schlief zwei Stunden lang am Küchentisch. Außerdem träumte er. Keine Bilder, nur Worte. Titel! Endlose Zeilen mit Titeln, viele davon unentdeckte Meisterwerke. So viele Titel, wie Sterne am Himmel prangten.“ Die Geschichte verliert ihre intellektuelle Traumseligkeit, als Wesley in die Zukunft eingreift und von der Paradox-Polizei gestellt wird.
Die Welt ändern, das Glück sichern, die Zukunft bewahren . . . Es ist das Amerika von Stephen Kings Jugend, das hier beschworen wird, der Hippie-Beatnik-Drogen-Rock-Zeit – eine mitreißende Vision von Jugend und Unsterblichkeit.
FRITZ GÖTTLER
Stephen King: Basar der bösen Träume. Heyne Verlag, München 2016. 766 Seiten, 22,99 Euro. E-Book 18,99 Euro.
Ein Meister auch der kleinen Form: Stephen King.
Foto: AFP / KENZO
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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„Basar der bösen Träume“
Das Finale ist furios, am Ende der letzten Geschichte dieses Bandes, der endgültige Aufbruch, die große Freiheit, als Robinson seine Fat Bob aus dem Schuppen holt. Er „ließ den Motor aufheulen, dann nahm er Gas weg. Aufheulen, Gas weg. Aufheulen, Gas weg. Der kräftige Geruch von frisch verbranntem Benzin erfüllte die Einfahrt. Die Erde war ein sterbender Koloss, aber die Stille war verbannt, zumindest für eine Weile, und das war gut.“
Es ist die Stille nach dem 6. Juni, dem Tag, an dem die Apokalypse begann. Nasenbluten, Zahnausfall, die Menschen sterben an Strahlenvergiftung. Irgendwann singen auch keine Vögel mehr, die Häuser sind leer. Robinson ist einer der letzten. Sommerdonner nennt man den heulenden Lärm des Motorrads, das ist auch der Titel der Geschichte. „Seine Nase tropfte wieder, das Blut strömte die Wangen hinauf und flog hinter ihm in fetten Tropfen davon. Er legte sich in die erste Kurve, dann noch tiefer in die zweite und ging in den vierten Gang, als eine kurze gerade Strecke kam . . . Rechts sah Robinson aus den Augenwinkeln den Lake Pocomtuck, durch dessen spiegelglatte blaue Fläche die Sonne eine goldene Spur trieb.“ Dann kommt das Schild „Vorsichtig fahren“, das die Todeskurve markiert . . .
Stephen Kings Erinnerungen an seine geliebte 1986er Harley Softail sind in dieser Geschichte konzentriert, auf der er nun, weit in seinen Sechzigern, nicht mehr über die Highways brausen mag. In kleinen intimen Vorreden spinnt er jede der hier gesammelten Erzählungen in sein Leben ein, Begegnungen mit Freunden oder Leserinnen, Fahrten, die er im 61er Ford Station Wagon während der Studienzeit zur Freundin unternahm, die ihn immer wieder zum ominösen Streckenabschnitt Mile 85 auf der I-95 brachten . . . „Ich stellte mir mein Auto einsam und verlassen auf der Standspur vor“, und schon spürt er den Impuls zu einer Geschichte über ein menschenverschlingendes Auto. Als er Opfer eines schweren Verkehrsunfalls und mühsamer Rekonvaleszenztorturen wird, in einem „Käfig aus Schlingen und Metall“, imaginiert er den „kleinen grünen Gott der Qual“, der im Körper sich eingenistet hat und sich an ihm weidet und nur durch einen Exorzismus ausgetrieben werden kann.
Der Schrecken in diesen Geschichten ist immer aus der Realität heraus motiviert, das macht ihn unheimlich subtil und durchtrieben. Der Band liest sich wie eine Chronik amerikanischen Lebens der letzten Jahrzehnte. Stephen King, der durch seine epischen Romane weltberühmt wurde, liebt im Grund die Miniatur, die Momentaufnahme – in der nicht einfach das beobachtete Objekt fixiert, sondern der Prozess der Belichtung entwickelt wird, der Punkt, da die Gegenwart und die Vergangenheit sich überlagern. Das hat eine schöne Tradition in der amerikanischen Literatur, Stephen King weiß es und hat in jeder Geschichte seinen Schreiberkollegen Reverenz erwiesen – am schönsten in „Ur“, wo durch ein merkwürdiges rosa Kindle ein junger Kleinstadtdozent Zugang zu etwa 10,4 Millionen alternativen Welten kriegt, die er über bizarre Dichterbiografien und -bibliografien erschließt. In einer der Welten gibt es den Hemingway-Roman „Cortlands Hunde“, in einer anderen hat Poe Romane geschrieben wie „Das Haus der Schande oder Der Preis der Erniedrigung“: „Wesley lud ihn herunter – die Gebühr betrug diesmal nur $ 4,95 – und las bis zur Morgendämmerung darin. Dann schaltete er den pinkfarbenen Kindle aus, legte den Kopf auf die Arme und schlief zwei Stunden lang am Küchentisch. Außerdem träumte er. Keine Bilder, nur Worte. Titel! Endlose Zeilen mit Titeln, viele davon unentdeckte Meisterwerke. So viele Titel, wie Sterne am Himmel prangten.“ Die Geschichte verliert ihre intellektuelle Traumseligkeit, als Wesley in die Zukunft eingreift und von der Paradox-Polizei gestellt wird.
Die Welt ändern, das Glück sichern, die Zukunft bewahren . . . Es ist das Amerika von Stephen Kings Jugend, das hier beschworen wird, der Hippie-Beatnik-Drogen-Rock-Zeit – eine mitreißende Vision von Jugend und Unsterblichkeit.
FRITZ GÖTTLER
Stephen King: Basar der bösen Träume. Heyne Verlag, München 2016. 766 Seiten, 22,99 Euro. E-Book 18,99 Euro.
Ein Meister auch der kleinen Form: Stephen King.
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"Es ist immer der gleiche Satz, den man über Hörbücher von Stephen King sagen kann: Lasst uns David Nathan loben!" Westfälische Rundschau