Beziehungen zwischen Schwestern überschattet von Trauer und Sucht:
Schon das Titelbild der "Blue Sisters" gibt einen guten ersten Eindruck, worum es im Buch geht: wir sehen eine Frau, die sehr traurig, verzweifelt und verschlossen wirkt. Die Blue Sisters sind die vier Mädchen der Familie Blue,
die sich eigentlich einen Sohn gewünscht hatte, aber damit nie erfolgreich war.
Avery, die älteste,…mehrBeziehungen zwischen Schwestern überschattet von Trauer und Sucht:
Schon das Titelbild der "Blue Sisters" gibt einen guten ersten Eindruck, worum es im Buch geht: wir sehen eine Frau, die sehr traurig, verzweifelt und verschlossen wirkt. Die Blue Sisters sind die vier Mädchen der Familie Blue, die sich eigentlich einen Sohn gewünscht hatte, aber damit nie erfolgreich war.
Avery, die älteste, eine erfolgreiche Anwältin und mit einer Frau verheiratet, auf der die Verantwortung der Miterziehung ihrer drei jüngeren Schwestern schwer gelastet hat. Hochbegabt, sehr diszipliniert und mit einer kurzen, aber heftigen Suchtvergangenheit Anfang ihres Erwachsenenlebens. Bonnie, die psychisch noch am gesündesten wirkt, Halt in ihrem Glauben findet und eine erfolgreiche Karriere im Box-Hochleistungssport verfolgt. Nicky, die nicht mehr lebt, weil sie an zu vielen Tabletten gestorben ist. Die Endometriose hatte und chronische Schmerzen, die sie mit Tabletten bekämpfen wollte, die aber auch eine beliebte Lehrerin war, sozial, liebenswürdig und offen, und sich so sehr eine eigene Familie mit Partner und Kindern gewünscht hat, wozu es aber nicht mehr kam. Die jüngste, Lucky, die als Teenager die High School abgebrochen hat, um eine erfolgreiche, aber problematische Karriere als Model zu starten, und die ebenfalls ein Suchtproblem hat.
In der Zeit ein Jahr nach Nickys Tod, aus der die meisten Szenen geschrieben sind, ist Avery 33 Jahre alt, Bonnie Anfang 30, und die beiden jüngsten in den 20ern. Die drei verbliebenen Schwestern trauern um Nicky, und das bringt manche Probleme, die sie auch davor schon in ihren Leben hatten, noch stärker zum Vorschein, bietet aber auch Gelegenheiten, wieder mehr miteinander in Kontakt zu kommen.
Wir erleben das Buch - nach einer kurzen Vorstellung der vier Schwestern und deren Charakteristika aus der Erzählerperspektive am Anfang - beim Lesen abwechselnd aus den Perspektiven der drei überlebenden Schwestern Avery, Bonnie und Lucky, während die verstorbene Nicky nur aus der Außenperspektive geschildert wird.
Wie schon im vorigen Absatz beschrieben, ist es den Schwestern überwiegend gelungen, jeweils extrem erfolgreichen Karrieren in ihrem Feld zu erreichen, trotz aller Probleme und Schwierigkeiten. Leistungsorientierung, Disziplin und Leidensfähigkeit sind wohl leitende Prinzipien in dieser Familie, und es scheint sich um extrem talentierte junge Frauen zu haben, die auch noch so viel Glück und passende Umstände haben, dass es mit den Karrieren klappt. Den "normalsten" Job, den als Lehrerin, hatte noch die verstorbene Nicky.
Gleichzeitig ist die Familie überschattet vom Thema Sucht, sowohl nach Alkohol als auch nach diversen Drogen und Tabletten sowie problematischem Sexualverhalten, und fast alle Schwestern kämpfen immer wieder mit einem großen Suchtproblem. Dieses Thema nimmt auch insgesamt im Buch einen sehr großen Raum ein, einen größeren, als mir persönlich beim Lesen gut gefallen hat.
Es gab viele Szenen im Buch, die ich sehr mochte: insbesondere die, bei denen ich die Schwestern mit ihren individuellen Eigenschaften und in Beziehungen mit anderen Menschen oder miteinander näher kennen lernen konnte. Diese Teile hatten für mich Authentizität und Tiefe, die verschiedenen Persönlichkeiten kamen klar hervor, und sie waren spannend zu lesen. Es gab aber auch Stellen, die mich gelangweilt bis verärgert haben, in denen seitenweise Suchtverhalten in diversen Lokalen geschildert wurde, und die ich dann nur noch überflogen habe, um hoffentlich bald wieder zu einer interessanteren Stelle zu kommen.
Insgesamt ist es ein Buch, das mir sehr gut gefallen hat und das auch emotional noch lange nachwirken wird. Ich finde es schön, wie differenziert die Beziehungen zwischen den Schwestern dargestellt werden und wie klar herauskommt, wie ambivalent und vielschichtig diese sein können und welche Elemente dazu beitragen, dass diese Beziehungen nochmal wesentlich anders sind als einfach Freundschaften zwischen Frauen.
Wenn also das Suchtthema nicht dermaßen ausgebreitet worden wäre, wäre es für mich ein 5-Sterne-Buch. So gibt es 1 Punkt Abzug dafür, insbesondere für die Wiederholung der immer ähnlichen Suchtszenen, die dann oft gar nicht mehr gerne gelesen habe und die auch nicht unbedingt dermaßen viel Raum einnehmen hätten müssen, um die Botschaft des Buches, wie diese Familie davon überschattet ist, rüberzubringen. Stattdessen hätte es mir gefallen, wenn die Beziehung zu den Eltern mehr Raum im Buch gekommen hätte - eine kurze Szene zwischen Avery und der Mutter ziemlich am Ende zeigt, dass dafür durchaus Potential gewesen wäre und das Buch und auch der Blick auf die vier Schwestern davon noch mehr bereichert werden hätte können.
Ich empfehle das Buch allen, die sich für Geschwisterbeziehungen, insbesondere solche zwischen Schwestern, interessieren, und die kein Problem damit haben, dass es trotz aller auch humorvollen Szenen und gelegentlicher schöner Momente über weite Teile auch ein sehr trauriges Buch ist.