Luc O’Donnell braucht einen Freund. Und zwar einen vorzeigbaren Freund, denn sein Arbeitgeber, eine Wohltätigkeitsorganisation, für die er Spenden einwirbt, ist es leid, dass wegen Lucs medienwirksamer Eskapaden reihenweise die Spender abspringen. Also trifft Luc mit Oliver Blackwood, der für ein
berufliches Event ebenfalls eine Begleitung braucht, eine Vereinbarung auf Zeit: Besser eine…mehrLuc O’Donnell braucht einen Freund. Und zwar einen vorzeigbaren Freund, denn sein Arbeitgeber, eine Wohltätigkeitsorganisation, für die er Spenden einwirbt, ist es leid, dass wegen Lucs medienwirksamer Eskapaden reihenweise die Spender abspringen. Also trifft Luc mit Oliver Blackwood, der für ein berufliches Event ebenfalls eine Begleitung braucht, eine Vereinbarung auf Zeit: Besser eine Fake-Beziehung als gar keinen Mann im Arm. Doch aus der simulierten Vertrautheit wird bald mehr. Viel mehr.
„Boyfriend Material“ ist eine leichte Gay Romance, mit sympathischen Charakteren, die in ihrer zunächst erzwungenen Beziehung nicht nur reifen, sondern ganz unerwartet Erfüllung finden: Der „erwachsene“ Oliver, der als Anwalt mit beiden Beinen im Leben steht, das nicht nur im übertragenen Sinn „aufgeräumt“ ist, und im Gegensatz zu ihm der chaotische Luc, der von Selbstzweifeln und Minderwertigkeitskomplexen geplagt, gar nicht merkt, dass er ein falsches Leben im richtigen führt. Obwohl sich beide anfangs emotional auf Distanz halten wollen, schließlich sind sie nur Fake-Freunde, merkt der Leser schnell, dass sie das ideale Paar sind. Sie harmonieren wunderbar miteinander und die gegenseitige Anziehung lässt sich immer schwerer überwinden - bis nach einigen Verwicklungen aus Fake Realität wird.
Alexis Hall schreibt mit Einfühlungsvermögen und einem sicheren Gespür für witzige Dialoge und skurrile Charaktere, auch wenn aus meiner Sicht ein paar Szenen etwas übers Ziel hinausschießen. Die Geschichte ist insgesamt stimmig, vor allem, wenn man den Zynismus der britischen Oberschicht kennt, und die schrittweise Annäherung der beiden Hauptfiguren ist gut nachvollziehbar. Die Story spielt weder in dunklen Hinterzimmern noch in Schwulenbars, nicht hinter Mülltonnen oder im Strichermilieu, es gibt auch keine promiske Bettspringerei, sondern sie beschreibt eine monogame Zweierbeziehung in bürgerlichem Umfeld, die auf tiefer Zuneigung und gegenseitigem Vertrauen beruht - der besten Basis für eine langlebige Partnerschaft. Wem das zu langweilig ist, der darf gerne was anderes lesen. Ich habe die 500 Seiten in einem Rutsch gelesen, auch wenn natürlich schnell klar wird, wo der Hase langläuft. Alexis Hall schreibt so nachvollziehbar aus der Sicht von Luc, dass es richtig Freude macht, die verlorene Seele auf der Suche nach ihrem wahren Ich zu begleiten.
Die Übersetzung zeigt sehr schön, wie Gendern den eigentlichen Sinn völlig verdrehen kann. Wenn z. B. von „Spendenden“ statt von Spendern geredet wird und das ausgerechnet bei einem Personenkreis, der gerade seine Spende zurückgezogen hat (und damit eben nicht mehr „spendend“ ist), trägt die aktivistisch erzwungene Sprachvergewaltigung nicht gerade zur Verständigung bei. In die gleiche Kategorie gehört auch Alexis Halls Vorabbemerkung, dass die vereinzelten Referenzen auf Werke von J. K. Rowling zu einer Zeit geschrieben wurden, als deren transfeindliche Twitterbemerkungen noch nicht bekannt waren und dass sich der Autor von der Person UND IHREN WERKEN distanziert. Diese rückwirkende Condamatio Memoriae ist totalitär und leider in gewissen Kreisen mittlerweile gesellschaftsfähig. Es wird dazu führen, dass letztlich niemand mehr öffentlich tragbar ist. Alexis Hall sollte das auch für die eigene Karriere im Auge behalten. Nobody is perfect. Wenn aber nur noch moralisch perfekte Menschen eine Existenzberechtigung haben, wird es bald sehr einsam auf unserer Erde... und sterbenslangweilig.