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Der neue Frank Schätzing! Wo immer die Welt brennt – Starreporter Tom Hagen ist an vorderster Front dabei, zu jedem Risiko bereit. Bis er in Afghanistan den Bogen überspannt. In einer einzigen, mörderischen Nacht verliert er alles, Renommee, Geld, Zukunft. Drei Jahre später bietet sich in Israel die Gelegenheit zum Comeback. Doch was ein journalistischer Coup zu werden verspricht, entwickelt sich unversehens zu einer Hetzjagd durch die explosivste Region der Welt. Auf der Flucht vor Geheimagenten und Killern kämpft Hagen ums nackte Überleben – gegen eine Verschwörung, deren Anfänge ins…mehr

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Produktbeschreibung
Der neue Frank Schätzing! Wo immer die Welt brennt – Starreporter Tom Hagen ist an vorderster Front dabei, zu jedem Risiko bereit. Bis er in Afghanistan den Bogen überspannt. In einer einzigen, mörderischen Nacht verliert er alles, Renommee, Geld, Zukunft. Drei Jahre später bietet sich in Israel die Gelegenheit zum Comeback. Doch was ein journalistischer Coup zu werden verspricht, entwickelt sich unversehens zu einer Hetzjagd durch die explosivste Region der Welt. Auf der Flucht vor Geheimagenten und Killern kämpft Hagen ums nackte Überleben – gegen eine Verschwörung, deren Anfänge ins koloniale Palästina zurückreichen, in eine von Mythen durchzogene Epoche, als die Saat für den Nahostkonflikt gelegt wurde … (Laufzeit: ca. 33h 20)

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Autorenporträt
Frank Schätzing, geboren 1957 in Köln, veröffentlichte 1995 den historischen Roman »Tod und Teufel«, der zunächst regional, später bundesweit zum Bestseller avancierte. Nach zwei weiteren Romanen, einem Band mit Erzählungen sowie dem Thriller »Lautlos« erschien im Frühjahr 2004 »Der Schwarm«, der seit Erscheinen eine Gesamtauflage von 4,5 Millionen Exemplaren erreicht hat und weltweit in 27 Sprachen übersetzt wurde. Es folgten die Bestseller »Limit« (2009), »Breaking News« (2014) und »Die Tyrannei des Schmetterlings« (2018). Auch als Sachbuchautor hat sich Schätzing einen Namen gemacht. 2006 zeichnete »Bild der Wissenschaft« seine Evolutionsgeschichte »Nachrichten aus einem unbekannten Universum« als bestes Wissenschaftsbuch aus. 2021 gelang ihm mit »Was, wenn wir einfach die Welt retten?« erneut der Sprung in die Sachbuch-Bestsellerliste. 2024 erscheint sein neuer Roman »Helden«, mit dem er den Weltbestseller »Tod und Teufel« kongenial fortsetzt. Frank Schätzing lebt und arbeitet in Köln.Auszeichnungen2002 KölnLiteraturPreis2004 Corine in der Sparte Belletristik2005 Kurd-Laßwitz-Preis für »Der Schwarm« als bester Science-Fiction-Roman des JahresDeutscher Science Fiction Preis für »Der Schwarm«Goldene Feder für »Der Schwarm«Deutscher Krimi Preis für »Der Schwarm«2006 Dr. Kurt Neven DuMont Medaille der Westdeutschen Akademie für Kommunikation2007 »Stein im Brett« Preis des Berufsverbandes Deutscher Geowissenschaftler e.V. (BDG)Premio Bancarella2009 Elisabeth-Mann-Borgese-Meerespreis2011 Deutscher Meerespreis2021 Bayerischer Buchpreis: Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2014

Du könntest tanzen gehen, stattdessen tötest du

In seinem Epos "Breaking News" will Frank Schätzing den israelisch-palästinensischen Konflikt anhand einer Familiengeschichte nacherzählen. Ob das glückt, wird hier aus israelischer Sicht geprüft.

Von Gil Yaron

Nur eines dürfte bei Frank Schätzings Roman "Breaking News" unumstritten bleiben: Was da vor einem liegt, nachdem man den Band vom Buchgeschäft heimgeschleppt hat, ist ein Schwergewicht. Wenn nicht im literarischen, dann im physikalischen Sinne. Fast tausend Seiten hat der Autor nach intensiven Recherchen über Israel gefüllt. Doch was das Ergebnis genau sein soll, die Frage bleibt auch nach der kurzweiligen Lektüre offen. Denn hinter dem aufreizenden Cover einer zersprungenen Glasscheibe versteckt sich sowohl mehr als auch weniger als ein packender Polit-Thriller.

Die Handlung ist leicht erzählt: Israels Premier Ariel Scharon fiel, wie weithin berichtet, einer Gehirnblutung zum Opfer. Doch die war nicht Pech, sondern Resultat einer Verschwörung fanatischer Siedler. Kurz bevor ihr Komplott aufgedeckt wird, wollen sie ein weiteres Attentat begehen, um den Nahen Osten in ihrem Sinne zu verändern. Der deutsche Kriegsberichterstatter Tom Hagen schlittert zufällig in die Vorbereitungen hinein, weswegen er dann nicht mehr nur ums Überleben, sondern auch noch für den Weltfrieden kämpfen muss. Ginge es nur um diese Geschichte, käme man mit dreihundert Seiten locker aus.

Doch Schätzings Ambitionen reichen weiter. Der Verfasser, der bekanntgab, die regionale Problematik bis vor kurzem nur vom Fernsehsessel gekannt zu haben, will den israelisch-palästinensischen Konflikt anhand der Saga einer israelischen Familie nacherzählen, mehr noch, er will ihn erklären - von den frühen Anfängen des Zionismus bis heute. Ein Deal im Zweierpack also: Kaufe Krimi und bekomme Geschichtsbuch mitgeliefert. Was verlockend klingt, vorausgesetzt, das Handwerk wird gut und gewissenhaft gemacht.

Davon versteht Deutschlands erfolgreichster Thriller-Autor etwas. Da ist sein Schreibstil: locker, ironisch, redegewandt. Erzähler und Charaktere in "Breaking News" besitzen die rhetorische Leichtfüßigkeit und Schlagfertigkeit eines Weltmeisters im Federgewicht auf Steroiden. Auch wenn seine Sprache manchmal pubertär unflätig, hart und kompromisslos maskulin klingt, ist Schätzing nicht auf der Suche nach dem niedrigsten gemeinsamen Nenner. Im Gegenteil: Was leicht zu einem Reigen platter Sprüche hätte werden können, entpuppt sich als Schatztruhe voller Mehrdeutigkeiten und Assoziationen aus unterschiedlichsten Welten.

Schätzing fordert den Intellekt und fördert bisweilen selbstzufriedenes Schmunzeln, wenn es wieder einmal gelungen ist, zu allen Bedeutungsebenen vorzustoßen. Die misslungene Anstrengung, die Vergangenheit eines bislang unauffälligen Verdächtigen aufzuklären, wird zum Versuch, "Ikarus' Flugschreiber zu bergen"; der Streit zwischen Behörden zum "Blindflug durch vernebelte Kompetenzlage"; eine lästige Erinnerung an eine Person zum "Bild gewordenen Tinnitus". Kulturübergreifend erklärt er Ariel Scharons militärisches Genie: "Gib ihm einen bewaffneten Konflikt, und er setzt sich in Bewegung mit der Erbarmungslosigkeit eines Dschingis Khan, der strategischen Intelligenz eines Sun Tsu und der Unverfrorenheit eines Odysseus." Und das langsame Absterben der Weimarer Republik fasst er griffig so zusammen: "Die volkstümliche Marschmusik, die sich leise, fast unmerklich in den Charleston hineinmischt." Das wirkt weder hochgestochen noch gezwungen. Die Sprache treibt den bald atemlosen Leser von einer Explosion zur nächsten Nahtoderfahrung, doch unwirklich wirken die vor Testosteron strotzenden Szenen nie. Fiebrig durchblättert man einen cineastisch und mit trockenem Humor inszenierten Ereignisstrang, wobei genug Zeit bleibt, um noch so einiges an historischen Fakten mitzunehmen.

Schätzing hält dabei Distanz zu Thema und Protagonisten, wie es für einen Berichterstatter oder Chronisten angemessen ist. Brillant fasst er den Konflikt über die Stadt Hebron zusammen, einen der heißesten Brennpunkte des Konflikts. Dabei wirft er seine Erklärung dem Nahost-Interessierten so lässig hin wie ein Dresseur das Zückerlein, so süffisant und akkurat, dass ihm das wohl niemand so schnell nachschreiben kann.

Die Stärken, die Schätzing in die Waagschale wirft, geraten durch ihre wahllose Anwendung jedoch zum Nachteil. Er hat intensiv recherchiert, in Büchern und vor Ort. Dennoch taugt "Breaking News" nicht als Grundlage für eine Doktorarbeit. Zu oft schleichen sich kleine, ärgerliche Fehler ein. Es mag unerheblich sein, dass er seine Charaktere in Kaffeehausketten schickt, die in Israel keine Zweigstellen haben. Oder dass er für den Flughafen in Tel Aviv Ausgänge erfindet, die weder existieren noch für die Handlung notwendig wären, so, als hätte er das Land nie besucht. Doch es gibt andere faktische Fehler, die schon ein simples Nachschlagen bei Wikipedia in den fünf Jahren Brutzeit verhindert hätte. Anderthalb Millionen Juden wähnt er 1937 in Palästina - dabei lebten selbst zur Staatsgründung 1948 nur rund 650 000 im Land. Auch verortet er die Arabische Legion schon Ende 1947 im jüdischen Altstadtviertel, obschon sie es erst Monate später einnahm. Fehler wie diese finden sich einige.

Nicht nur gemessen am Rechercheaufwand erweckt der historische Teil manchmal den Eindruck, man habe es mit einer schlechten Kopie von Collins' und Lapierres "Oh Jerusalem", einem Klassiker unter historischen Romanen, zu tun. Denn trotz seines gewaltigen Umfangs fehlen in Schätzings Werk wichtige Erläuterungen. So berichtet er, wie der "Heldenmythos vom wehrhaften Zionisten" im Jom-Kippur-Krieg 1973 zu bröckeln anfing, und gibt Israels innere Stimme wieder: "Die Überlebenden des Holocaust, die in Israel ein verschämtes Dasein fristen, Lämmer, die sich haben zur Schlachtbank führen lassen, Sabon, Seife, wie einige sie hier abfällig nennen, hatten vielleicht doch keine andere Wahl?"

Ein vielschichtiger Prozess wird hier in einem Satz komprimiert - genial und legitim, wenn es gelingt. Schluderig, wenn es misslingt. Denn hier können Uneingeweihte die wahre Bedeutung von "Sabon" nicht mal erahnen, die Ungeheuerlichkeit dieser Beleidigung nicht begreifen. Dafür müsste man erklären, dass sie auf dem (falschen) Mythos beruhte, die Nationalsozialisten hätten aus den Leichen der Juden in den Konzentrationslagern Seife gemacht. Das hätte man weglassen oder erklären müssen. Dasselbe gilt für die Hintergründe der Unruhen in Hebron 1929, die der Autor nur andeutet, ohne es sich nehmen zu lassen, ihre Schrecken auszumalen.

Ist es also ein Buch für Insider? Wohl kaum. Laien hingegen lässt es in ihrer Unwissenheit allzu oft allein. Es ist erfrischend, dass Schätzing klar Stellung bezieht. Benjamin Netanjahu kritisiert er rückhaltlos, während die Beschreibung Scharons an Bewunderung grenzt. Doch statt richtungweisend zu sein, weckt auch das eher das Gefühl einer versäumten Gelegenheit. Ließe ein intelligenter Autor wie Schätzing seinen Advocatus Diaboli richtig von der Leine, entstünde mehr erzählerische Tiefe.

Dieser Mangel wird denn auch zum größten Manko von "Breaking News". Schätzing enttäuscht in seiner Unfähigkeit, sich in unterschiedliche Rollen und Kulturen hineinzudenken. In hebräischen Dialogen nutzt er brav das "Sie", das in dieser Sprache aber gar nicht existiert. Noch mehr nervt, dass nicht nur Erzähler und Protagonist gebildet und schlagfertig sind. In Schätzings Buch sind es alle. Egal, ob religiös oder säkular, Mann oder Frau, alt oder jung: Der Erzählton ist stets derselbe. Scharon führt schon als Sechsjähriger mit seinen Altersgenossen eine Konversation über ihre Eltern, die so tiefschürfend klingt, dass sie Psychologen vor Neid erblassen lassen dürfte. Die Explosionen mögen überzeugend donnern, die ewig gleichgestrickten Dialoge rauben dem Buch seine Glaubwürdigkeit.

Schätzing bleibt gefühlsscheu, berührt kaum die Seele seiner Figuren. Genüsslich ergötzt er sich an der Pornographie des Kriegs, verschüttet "Hektoliter Blut", lässt Hirne aus durchlöcherten Schädeln tropfen, die Leichen in Massen über den Seitenrand purzeln. Er will schockieren, nicht berühren; sobald es intim wird, versagt seine Beobachtungsgabe, und er wechselt zum nächsten Ereignis, das die Geschichte vorantreiben soll.

So ist der Leser dazu verdammt, an der Oberfläche zu treiben. Vergebens lechzt er danach, von einer unverhofften Wendung verblüfft, von einem Dreh überrascht zu werden. Selbst ein deus ex machina erscheint wie von einem Schweizer Uhrwerk getaktet just im erwarteten Augenblick. Psychologische Einblicke bleiben impressionistisch. Arik etwa lässt er schon als Kind verkünden: "Wer mir etwas tut, bekommt es dreifach zurück. Zehnfach!" Das garniert Schätzing mit Eltern, die Arik eintrichtern, Land gebe man niemals auf, sprenkelt etwas Araberhass aus der Kinderstube darüber und serviert das als Erklärung für Scharons Politik bis zum Sinneswandel als Premier. Viele Beweggründe der Akteure bleiben unglaubwürdig, und die wenigen Palästinenser, die im Buch auftauchen, sind zu plakativ gezeichnet. In seinem Ausflug in den Orient bleibt Schätzing ein Deutscher, der versucht, den Nahen Osten zu begreifen, statt ihn als Autor nachzuempfinden.

Muss man diesen Roman also lesen? Nicht unbedingt. Dennoch enthält er neben Spannung und Unterhaltung auch Tiefgründiges. Schätzing will das wahre Gesicht hinter den Stereotypen zeigen. Selbst wenn er die Masken nie ganz demontiert, erhascht man flüchtige Blicke auf menschliche Antlitze. Er zeigt, dass die meisten Menschen hier nicht Handelnde, sondern Getriebene sind: "In tausend alternativen Universen bist du ein netter Kerl, der nicht im Traum auf die Idee käme, Menschen zu entführen", denkt Hagen, als er einem afghanischen Entführer begegnet: "Eine Totalrasur, und du wärst ein klarer Fall für jede Modellagentur. Du könntest tanzen gehen, Medizin studieren. Pazifist sein. Stattdessen sitzt du hier und bist bereit, für deinen Glauben zu töten. Welche Verwirrung der Geschichte trägt Schuld daran, dass du geworden bist, wer du jetzt bist? Wer könnte ich sein, unter veränderten Umständen?"

Geistreich erläutert Schätzing die Anfänge der Siedlerbewegung und die Gründung der Stadt Yamit. Und er lässt seinen Protagonisten sagen, er habe "jeden erdenklichen Grund, Arik zu hassen, aber dafür muss man aus allen erdenklichen Ursache-Wirkungs-Verkettungen die eine herauslesen, die der persönlichen Legendenbildung am besten zupasskommt". Trotz aller Oberflächlichkeit bietet Schätzing also durchaus wertvolle Einblicke.

Gil Yaron, Jahrgang 1973, lebt in Tel Aviv und ist Mediziner und Publizist. Zuletzt erschien von ihm "Lesereise Israel/Palästina: Zwischen Abraham und Ibrahim".

Frank Schätzing: "Breaking News". Roman.

Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2014. 976 S., geb., 26,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Muss man das lesen? Nicht unbedingt, findet Gil Yaron, der in Tel Aviv lebt und Frank Schätzings neuen Knaller auf Herz und Nieren prüft, heißt, auf seine historische Genauigkeit. Yaron lässt all das Schlagfertige und Testoteronschwangere im Buch mal beiseite und fragt, wie es um Schätzings Recherche und ihre Ergebnisse bestellt ist. Der Roman mit seinen assoziativen und mehrdeutigen Verlockungen reizt ihn durchaus dazu. Allerdings: Als Geschichtsbuch taugt der Roman dann doch nicht. Zwar gelingt dem Autor laut Rezensent eine brillante Darstellung des Hebron-Konflikts, eine Menge faktische Fehler aber machen das Buch dem, der sich auskennt, und Yaron ist so einer, zum Ärgernis. Dass es die Kaffeehauskette im Buch in Israel gar nicht gibt - geschenkt, meint der Rezensent, aber wie viele Juden 1937 in Palästina gelebt haben, sollte der Autor schon wissen. Glaubwürdigkeit büßt das Buch für Yaron nicht zuletzt durch seine ewig gleichgestrickten Dialoge ein, die dem Rezensenten zwar schlagfertig erscheinen, aber auch gefühlsleer.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.03.2014

Formiert die Wagen
Frank Schätzing ist wieder auf Bestseller-Kurs. Alles bebt, aber mit seiner
Erfolgsreporter-Story „Breaking News“ bleibt er doch unter seinen literarischen Möglichkeiten
VON GERHARD MATZIG
Auf Seite 79 geht es los. Nicht zu früh und nicht zu spät, um dem Krieg in Afghanistan seinen Schrecken und dem Leser sein Beben zu geben. Das Timing war nie das Problem von Frank Schätzing, dem erfolgreichsten Bestseller-Lieferanten Deutschlands. Seine letzten beiden Bücher haben sich mehr als sechs Millionen Mal verkauft. Und in den vergangenen Wochen konnte man keine Zeitung aufschlagen, ohne auf ein Schätzing-Interview zu stoßen. An diesem Donnerstag erscheint sein Thriller „Breaking News“. Und alles bebt. Jedenfalls wird nun ein Mann „wie ein Spielzeug herumgewirbelt“. Ein „Dröhnen lässt die Luft erzittern“. Einer brüllt: „Verdammte Scheiße!“ Unser Mann, Tom Hagen, „gefeierter Star unter den Krisenberichterstattern“, schlittert abwärts. Blendgranaten explodieren. Frauen fliehen. „Jede Ordnung bricht zusammen.“ Nicht zum letzten Mal. Aber zum ersten Mal macht Hagen einen Fehler.
  Das ist interessant, denn die actiongeladene Bruce-Willis-Haftigkeit um Hagen herum ist irgendwann ermüdend. Seite 83: „Der Berg erbebt. Hagen überschlägt sich.“ Seite 124: „Sein Kopf explodiert.“ Seite 158: „Das Stakkato der Artillerie bringt den Himmel zum Widerhallen.“ Bald danach „bebt“, nachdem der Himmel zum wiederholten Male dröhnte, erneut der Boden. Unter solchen Umständen kann man Tom Hagen, der in Sirte (auch hier: „bebt der Boden“) auf der Suche nach dem mittlerweile fliehenden Gaddafi einerseits und auf der Suche nach dem mittlerweile fliehenden Reporterglück andererseits den Einschlag einer Granate „haarscharf“ überlebt, nur zu seinem Glück gratulieren. Bis zum Schluss, bis zum „Bauchschuss“ – „knapp an allen Organen vorbei“. Was aber dennoch ein Happy Ending ist. Denn sie, Yael, eine israelische Ärztin, lächelt ihn an – „und ein angenehmeres Gefühl durchzieht seinen Bauch und nimmt dem Schmerz seine Schärfe“. In einem Baccara-Roman läse sich das so: „Und in dieser Nacht wurde sie seine Frau.“
  Das ist nicht fair. Schätzing spielt nicht in der Liga der Groschenhefte, sondern in der Frederick-Forsyth-Klasse der spannenden, akkurat recherchierten, gekonnt konstruierten und stilsicher verfassten Weltbestseller. Gerade deshalb darf man Schätzing die unentwegt dröhnenden Himmel und bebenden Erden nicht durchgehen lassen. Das kann er besser.
  Schon „Tod und Teufel“, 1995 erschienen, fand ein Millionenpublikum auch jenseits der Leser, die ein gutes Blockbuster-Drehbuch zu schätzen wissen. Und mit „Der Schwarm“ schrieb er im Jahr 2004 einen eindrucksvollen Wissenschaftsthriller. Der Nachfolger, „Limit“, bemühte sich vor fünf Jahren auf 1300 Seiten allerdings vergeblich darum, die somit geweckten Erwartungen an den 56-jährigen Ex-Werber und Beinahe-Musiker aus Köln auf gleichem Niveau einzulösen. Trotz Fahrstuhl zum Mond: Schätzing geriet an sein Limit. Man wartete daher seit Jahren nervös auf das neue Buch. Würde es ihm jetzt gelingen, den „Schwarm“ zu toppen?
  Auflagentechnisch: ja. 500 000 Exemplare hat der Verlag Kiepenheuer & Witsch zum Auftakt drucken lassen. Inhaltlich: nein. „Breaking News“ reicht nicht an die Schwarmstärken heran. Aber es ist deshalb kein schlechtes Buch. Es ist unterhaltsam, spannend, komplex – und doch bleibt Schätzing mit der geschickt in vielen Zeitebenen konstruierten Geschichte von Tom Hagen, die auch die Geschichte des Nahostkonflikts um Israel ist, unter seinen Möglichkeiten als Schriftsteller. Dass er auch in dieser Verfassung ein Buch vorlegt, das
99 von 100 deutschen Regionalkrimi-Autoren zeigt, wie man Suspense erzeugt, gibt zu denken.
  Die Story ist gut. Da ist die klischeehafte Geschichte von Hagen – und da ist die wesentlich dichter erzählte Geschichte Israels, anschaulich gemacht mithilfe der Exil-Biografien zweier jüdischer Familien. Das Verknüpfen der Erzählstränge vor dem politischen Hintergrund: Das ist das, was Schätzing besonders gut gelingt. Unglaubwürdig kommt einem dagegen das Geschäft der Krisenberichterstattung vor. „,Scharfschützen!‘, schreit der Kommandeur ins Funkgerät. ,Deckung. Formiert die Wagen.‘“ Formiert die Wagen? Man fühlt sich an John Wayne erinnert: Indianer! Bildet eine Wagenburg! Und muss Tom Hagen, Ex-Säufer, Gelegenheits-Callboy, Fußball-Experte, und, ach ja: Reporter, seine Story mit der Assistentin besprechen, während er sich „in der pulsierenden Obhut ihrer Vagina“ befindet und sich das Licht, als wäre dies eine Regieanweisung für den Kameramann, „der unverschämten Straffheit ihrer Brüste huldigt“?
  Was Schätzing nicht kann: Sexszenen. Die geraten ihm mit pulsierender Regelmäßigkeit zur Parodie. Leider gilt das auch für die Darstellung von Hagens Profession: Einmal, Hagen ist gerade unter Beschuss (was sonst), ruft seine Schneiderin aus Hamburg an. Die Hosen seien fertig. Er bespricht das kurz am Handy. Dann macht er wieder Fotos vom Krieg. So stellt man sich Kriegsberichterstattung vor: irgendetwas zwischen Pulitzerpreis und Schneiderhandwerk. Schätzing ist sonst ein glänzender Rechercheur. Für die Figur des Tom Hagen hat er sich laut Danksagung von Julian Reichelt beraten lassen: „Buchautor und BILD-Chefreporter, Hamburg, einer der jüngsten und versiertesten Kriegs- und Krisenberichterstatter Deutschlands“.
  Problematisch ist nicht nur die Figurenzeichnung, sondern auch die Redundanz der Sprache: Da wird eine Landschaft beschrieben, „als habe der Maler dieses Bildes den letzten Rest Grün (. . .) aus den Borsten seines Pinsels in die mondartige Ebene geschmiert“. Dann gibt es Tote, „als hätte ein irrsinniger Maler Hektoliter Farbe verspritzt“. Dann verteilt sich der Inhalt eines Autos „in Pollock’scher Manier über die Straße“. Dann werden „Himmel und Wasser eins, schwappen ihm entgegen, das Aquarell eines Verrückten“. Weniger Wahnsinn und Kunstgeschichte für Anfänger, dafür mehr Lektorat für Fortgeschrittene: Schätzing könnte jetzt im schnoddrigen, bisweilen witzigen, gelegentlich klugen, zu oft simplifizierend verb-armen Werbersprech dazu schreiben: „Nur so eine Idee.“ Im Spiegel hieß es: „Literaturpreise strebt Schätzing nicht an.“
  Warum nicht? Er hat eine raffinierte, brisante Story, eine mit Verve und Tempo, der man gerne folgt. Das Buch ist ein Pageturner. Doch warum verzichtet Schätzing auf sprachliche Ambition? In etlichen Interviews wurde Schätzing gefragt, ob sich „U“ und „E“ ausschließen würden. Wieso sollten sie? Und ob es einem Deutschen gestattet sei, sich in Form eines Unterhaltungsromans dem Nahostproblem zu widmen. Auf diese Frage kann man eigentlich nur als deutscher Journalist kommen. Was wirklich interessant ist – und zwar aus der Fankurve heraus gefragt: Wann will der erfolgreichste Schriftsteller Deutschlands mal wieder als Schriftsteller arbeiten? Wäre eine Eilmeldung wert.
Frank Schätzing: Breaking News. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2014. 976 Seiten, 26,99 Euro. E-Book 21,99 Euro.
Schätzing spielt natürlich nicht in
der Groschenhefte-Liga, sondern
in der Frederick-Forsyth-Klasse
Seine Story bespricht Tom mit
seiner Assistentin, „in der
pulsierenden Obhut ihrer Vagina“
Jerusalem ’67. Ein Nahostkrieg-Thriller mit John-Wayne-Wagenburg-Anklängen.
Foto: Piere Guillaud/AFP/Getty Images
Erfolg verpflichtet, die Erwartungen sind groß. Mit 500 000 Auflage startet der neue Roman „Breaking News“. Man ist nervös, als Leser. Wird Frank Schätzing , Jahrgang 1957, nun den „Schwarm“ toppen?
Foto: Carmen Jaspersen/dpa
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»Ein Pageturner. [...] Schätzing spielt in der Frederick-Forsyth-Klasse der spannenden, akkurat recherchierten, gekonnt konstruierten und stilsicher verfassten Weltbestseller.« Gerhard Matzig Süddeutsche Zeitung 20140306