Das fulminante Finale der Thriller-Trilogie und das letzte Buch des Ausnahme-Autors Don Winslow Danny Ryan ist reich. Reicher, als er es sich je erträumt hätte. Früher war er ein Hafenarbeiter, Mafia-Gang-Mitglied und Gesetzesflüchtling, nun ist Danny ein erfolgreicher Geschäftsmann in Las Vegas. Doch er will mehr. Als er versucht, ein altes Hotel auf einem erstklassigen Grundstück zu kaufen, löst er einen Krieg zwischen den mächtigsten Männern in Vegas aus. Danny glaubt, seine Vergangenheit begraben zu haben, doch nun droht sie ihn einzuholen. Alte Feinde kehren zurück – mit dem Ziel, ihm alles zu nehmen, was ihm wichtig ist: nicht nur sein Imperium, nicht nur sein Leben, sondern auch seinen Sohn. Um zu retten, was Danny am meisten liebt, muss er wieder der skrupellose Mann werden, der er einst war – und der er nie wieder sein wollte ... Das letzte Buch des großen Thriller-Autors ist ein epischer Kriminalroman über Liebe und Hass, Ehrgeiz und Verzweiflung, Rache und Mitgefühl, der von den Machtkorridoren von Washington, D. C., über die Wall Street bis hin zu den goldenen Casinos von Las Vegas reicht.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensent Volker Weidermann trifft sich mit Don Winslow und zeigt sich überrascht über dessen Entscheidung, den Schreibstift endgültig niederzulegen. Dieser Entschluss komme bei ihm keineswegs aus heiterem Himmel, erzählt der, denn in Zeiten des neofaschistischen Aufschwungs, so die zeitgeschichtliche Diagnose des amerikanischen Autors, sei es ein Gebot der Stunde, das Schreiben ruhen zu lassen und die ganze Geisteskraft in den politischen Kampf zu investieren. Politisch sei Winslow erst durch die Recherchen für seine Bücher geworden, erzählt er dem Redakteur. Er habe viel über Drogenhandel, Unterdrückung und Polizeistaat gelesen und daraus die Forderung entwickelt, Drogen zu entkriminalisieren. Denn ein Großteil der Korruption in der Welt werde durch Gelder aus dem Drogenhandel finanziert, so Winslow. Um mafiöse Machenschaften, Geld aus halblegalen Quellen und Morde geht es auch in seinem jüngsten Buch. Darin schildert Winslow den rasanten Aufstieg und den ebenso schnellen und steilen Abstieg eines Mafioso. Widermann trifft hier definitv auf Winslows literarischem Stil, eine Mischung aus gut geschriebenem Genreroman und gründlicher Recherche.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.05.2024Einer muss nicht büßen
Mit dem dritten Teil „City in Ruins“ zieht Don Winslow einen Strich unter seine
irische Mafia-Saga und unter sein Schriftstellerleben.
Du solltest mal den „Großen Gatsby“ lesen, das ist der Rat der jungen Eden, einer Psychologin, an Danny Ryan, ihren Geliebten. Der war einer der wichtigsten Leute eines irischen Mafia-Clans, nun ist er ein einflussreicher Tycoon in Las Vegas. Und er hält diese Liebe eher verborgen: Die Clans sind zwar so gut wie am Ende, aber alte Feindschaften und Hassgefühle schwelen weiter. Eden ist die dritte Frau in Dannys Leben, die beiden früheren hat er verloren. Terri, die Mutter seines Sohnes Ian, starb an Krebs, Diana, ein junger Hollywood-Star, an einer Überdosis Schlaftabletten.
Von diesen Liebesgeschichten erzählen die ersten beiden Bände von Don Winslows Mafia-Trilogie über die Achtziger- und Neunzigerjahre, „City on Fire“ und „City of Dreams“. Im dritten Band, „City in Ruins“, geht es um die Neuerfindung der Mafia, mithilfe von einst durch Heroin-Deals gewonnenen Millionen – bei denen FBI und Justiz ein Auge zudrückten. Zum „Gatsby“, dem legendären Roman des American Dream der Zwanzigerjahre von F. Scott Fitzgerald, rät Eden nicht, weil sie sich um Dannys Bildung bemüht, sondern „weil du das bist“. Was sie aber nur in Gedanken sagt, es bleibt ihm gegenüber unausgesprochen.
Im Traum der Neunziger, den Danny in Las Vegas verwirklichen wollte, stecken eine Menge Showeffekte, es sind Luxus- und Wohlfühloasen, irrer Größenwahn, jenseits von Ressourcen-Sorgfalt und ökonomischem Verstand. Gatsby pur, und nicht weit entfernt von der megalomanen Leichtfertigkeit, die später Donald Trump entfalten sollte. Don Winslow ist entschlossen zu verhindern, dass es zu einer zweiten Trump-Präsidentschaft kommt. Mit der Danny-Ryan-Trilogie beendet er deshalb sein Schreiben, um sich künftig auf den politischen Kampf im Internet zu konzentrieren, kündigt er immer wieder an.
Providence, Los Angeles, Las Vegas, das sind die drei Städte der Trilogie, in denen Danny seinen Traum-Kurs formiert. In Providence im Bundesstaat Rhode Island operierten einst die irische – die Murphys – und die italienische Mafia – die Menottis – nebeneinander, in mehr oder weniger geordneter Interessenaufteilung. Die Iren hatten die Docks und die Gewerkschaften unter Kontrolle, die Italiener die Speditionen, beide Clans arbeiteten in einem unerschütterlichen Familiensinn, der schützte und verpflichtete – alles war autokratisch ausgerichtet, von oben nach unten angeordnet und abgesegnet.
Dann kommt das Verlangen ins Spiel, eine Liebesaffäre führt zu einem blutigen, intrigenreichen Bandenkrieg, Heroin ist plötzlich im Spiel, ein FBI-Agent mischt mit und wird erschossen, skrupellos und durch und durch korrupt. Danny Ryan, der für die Murphys die Geschäfte managt, hat den Schuss abgegeben. Die Murphys sind am Ende und müssen abtauchen, mit einer gewaltigen Summe aus den Heroin-Intrigen. Es ist evident, „dass die Tage des organisierten Verbrechens gezählt waren und sehr viel größere, mächtigere und besser strukturierte Mega-Organisationen Einzug hielten – die Investmentbanken und Konzerne.“ Evident auch, dass hinter diesem Bandenkrieg an der amerikanischen Ostküste das große antike Urbild des Trojanischen Kriegs steckt. Eine geheimnisvolle, fast mythologische Figur ist Dannys Mutter Madeleine, eine Matriarchin von erschreckender Allmacht, durch ihren Reichtum und ihre Beziehungen.
Danny hält seine alten Freunde und Kumpane, mit einigen Ausrutschern, ruhig. Die Selbstkontrolle, der die großen Casino- und Hotelbesitzer von Vegas sich unterwerfen, ist enorm. Die Situation von Danny, dem Top-Killer, macht nur eines prekär: Verbindung zur alten Mafia könnte FBI und Justiz eingreifen lassen. Schon im zweiten Band hatte er Schwierigkeiten bekommen und jede Menge unerwünschter Publicity, als er in Hollywood in einen Film investierte, der ausgerechnet vom Gangsterkrieg in Providence erzählt.
Nun wechselt Danny endgültig ins Großbürgertum – man handelt Millionen an Parteispenden aus, sogar ein Börsengang wird durchgezogen. Im Schatten der antiken Tragödien wird Winslows Erzählstil freilich merkwürdig gemächlich und ironisch. Mit klassischen Gangster- und Kartell-Geschichten hat der dritte Band nur am Rande zu tun. Ein Moretti-Sohn erschießt brutal den Mörder seines Vaters und dann seine Mutter, die den angestachelt hatte – seine persönliche Atriden-Variante –, und wird vor Gericht gestellt. Im wahrlich schaurigen Schicksal zweier Brüder bricht kurz die archaische Gemeinheit aus früheren Winslow-Büchern durch. Die Köpfe zweier unglückseliger Gangster finden sich nebeneinander auf Stecken aufgespießt, im Tod vereint.
„City in Ruins“ ist ein stiller kleiner Passions-Thriller: für die Fehler von Danny Ryan büßen viele, nur er selber nicht. Und das Ganze steuert nicht auf ein spektakuläres Finale zu, sondern auf eine Implosion. Am Ende hat Danny sich in seine eigene Traurigkeit verliebt. Was ziemlich genau das Schicksal des großen Gatsby ist.
FRITZ GÖTTLER
Don Winslow:
City in Ruins. Aus dem Englischen von Conny Lösch. Harper-Collins, Hamburg 2024.
447 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Mit dem dritten Teil „City in Ruins“ zieht Don Winslow einen Strich unter seine
irische Mafia-Saga und unter sein Schriftstellerleben.
Du solltest mal den „Großen Gatsby“ lesen, das ist der Rat der jungen Eden, einer Psychologin, an Danny Ryan, ihren Geliebten. Der war einer der wichtigsten Leute eines irischen Mafia-Clans, nun ist er ein einflussreicher Tycoon in Las Vegas. Und er hält diese Liebe eher verborgen: Die Clans sind zwar so gut wie am Ende, aber alte Feindschaften und Hassgefühle schwelen weiter. Eden ist die dritte Frau in Dannys Leben, die beiden früheren hat er verloren. Terri, die Mutter seines Sohnes Ian, starb an Krebs, Diana, ein junger Hollywood-Star, an einer Überdosis Schlaftabletten.
Von diesen Liebesgeschichten erzählen die ersten beiden Bände von Don Winslows Mafia-Trilogie über die Achtziger- und Neunzigerjahre, „City on Fire“ und „City of Dreams“. Im dritten Band, „City in Ruins“, geht es um die Neuerfindung der Mafia, mithilfe von einst durch Heroin-Deals gewonnenen Millionen – bei denen FBI und Justiz ein Auge zudrückten. Zum „Gatsby“, dem legendären Roman des American Dream der Zwanzigerjahre von F. Scott Fitzgerald, rät Eden nicht, weil sie sich um Dannys Bildung bemüht, sondern „weil du das bist“. Was sie aber nur in Gedanken sagt, es bleibt ihm gegenüber unausgesprochen.
Im Traum der Neunziger, den Danny in Las Vegas verwirklichen wollte, stecken eine Menge Showeffekte, es sind Luxus- und Wohlfühloasen, irrer Größenwahn, jenseits von Ressourcen-Sorgfalt und ökonomischem Verstand. Gatsby pur, und nicht weit entfernt von der megalomanen Leichtfertigkeit, die später Donald Trump entfalten sollte. Don Winslow ist entschlossen zu verhindern, dass es zu einer zweiten Trump-Präsidentschaft kommt. Mit der Danny-Ryan-Trilogie beendet er deshalb sein Schreiben, um sich künftig auf den politischen Kampf im Internet zu konzentrieren, kündigt er immer wieder an.
Providence, Los Angeles, Las Vegas, das sind die drei Städte der Trilogie, in denen Danny seinen Traum-Kurs formiert. In Providence im Bundesstaat Rhode Island operierten einst die irische – die Murphys – und die italienische Mafia – die Menottis – nebeneinander, in mehr oder weniger geordneter Interessenaufteilung. Die Iren hatten die Docks und die Gewerkschaften unter Kontrolle, die Italiener die Speditionen, beide Clans arbeiteten in einem unerschütterlichen Familiensinn, der schützte und verpflichtete – alles war autokratisch ausgerichtet, von oben nach unten angeordnet und abgesegnet.
Dann kommt das Verlangen ins Spiel, eine Liebesaffäre führt zu einem blutigen, intrigenreichen Bandenkrieg, Heroin ist plötzlich im Spiel, ein FBI-Agent mischt mit und wird erschossen, skrupellos und durch und durch korrupt. Danny Ryan, der für die Murphys die Geschäfte managt, hat den Schuss abgegeben. Die Murphys sind am Ende und müssen abtauchen, mit einer gewaltigen Summe aus den Heroin-Intrigen. Es ist evident, „dass die Tage des organisierten Verbrechens gezählt waren und sehr viel größere, mächtigere und besser strukturierte Mega-Organisationen Einzug hielten – die Investmentbanken und Konzerne.“ Evident auch, dass hinter diesem Bandenkrieg an der amerikanischen Ostküste das große antike Urbild des Trojanischen Kriegs steckt. Eine geheimnisvolle, fast mythologische Figur ist Dannys Mutter Madeleine, eine Matriarchin von erschreckender Allmacht, durch ihren Reichtum und ihre Beziehungen.
Danny hält seine alten Freunde und Kumpane, mit einigen Ausrutschern, ruhig. Die Selbstkontrolle, der die großen Casino- und Hotelbesitzer von Vegas sich unterwerfen, ist enorm. Die Situation von Danny, dem Top-Killer, macht nur eines prekär: Verbindung zur alten Mafia könnte FBI und Justiz eingreifen lassen. Schon im zweiten Band hatte er Schwierigkeiten bekommen und jede Menge unerwünschter Publicity, als er in Hollywood in einen Film investierte, der ausgerechnet vom Gangsterkrieg in Providence erzählt.
Nun wechselt Danny endgültig ins Großbürgertum – man handelt Millionen an Parteispenden aus, sogar ein Börsengang wird durchgezogen. Im Schatten der antiken Tragödien wird Winslows Erzählstil freilich merkwürdig gemächlich und ironisch. Mit klassischen Gangster- und Kartell-Geschichten hat der dritte Band nur am Rande zu tun. Ein Moretti-Sohn erschießt brutal den Mörder seines Vaters und dann seine Mutter, die den angestachelt hatte – seine persönliche Atriden-Variante –, und wird vor Gericht gestellt. Im wahrlich schaurigen Schicksal zweier Brüder bricht kurz die archaische Gemeinheit aus früheren Winslow-Büchern durch. Die Köpfe zweier unglückseliger Gangster finden sich nebeneinander auf Stecken aufgespießt, im Tod vereint.
„City in Ruins“ ist ein stiller kleiner Passions-Thriller: für die Fehler von Danny Ryan büßen viele, nur er selber nicht. Und das Ganze steuert nicht auf ein spektakuläres Finale zu, sondern auf eine Implosion. Am Ende hat Danny sich in seine eigene Traurigkeit verliebt. Was ziemlich genau das Schicksal des großen Gatsby ist.
FRITZ GÖTTLER
Don Winslow:
City in Ruins. Aus dem Englischen von Conny Lösch. Harper-Collins, Hamburg 2024.
447 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
»Es ist ein Thriller der Extraklasse über Liebe und Hass, Ehrgeiz und Verzweiflung, Rache und Mitgefühl [...].« Reutlinger Wochenblatt 20240628