„Das Buch der seltsamen neuen Dinge“ lässt sich kaum in eine Form pressen, denn Michel Faber behandelt darin eine Vielzahl an Themen: Liebe, Christentum, Missionarisierung, Umwelt, Naturkatastrophen, Weltraumforschung. Auf über 600 Seiten geht Faber den Dingen auf den Grund, nichts streift er
flüchtig, jeder Gedanke erhält die Menge an Zeilen, die er benötigt, um vollständig und umfassend zu Ende…mehr„Das Buch der seltsamen neuen Dinge“ lässt sich kaum in eine Form pressen, denn Michel Faber behandelt darin eine Vielzahl an Themen: Liebe, Christentum, Missionarisierung, Umwelt, Naturkatastrophen, Weltraumforschung. Auf über 600 Seiten geht Faber den Dingen auf den Grund, nichts streift er flüchtig, jeder Gedanke erhält die Menge an Zeilen, die er benötigt, um vollständig und umfassend zu Ende gedacht zu werden. Dadurch kann ich nur empfehlen: Nehmt euch Zeit für dieses Buch, denn darin gibt es vieles zu entdecken. Achtung, meine Rezension ist nicht frei von Spoilern, da ich auf einige spezielle Aspekte der Geschichte näher eingehen möchte. Es wird jedoch nicht zu viel verraten.
„Das Buch der seltsamen neuen Dinge“ beginnt mit einer Reise. Pastor Peter Leigh erhält das einmalige Angebot, eine Reise zum fernen Planeten Oasis zu machen, um dort die Bewohner das Christentum zu lehren. Das kann er nicht ausschlagen, obwohl es bedeutet, seine Frau Bea lange Zeit nicht sehen zu können. Doch Peter und Bea lieben sich innig und sind sich sicher, diese Zeit ohne den anderen verkraften zu können. So macht sich Peter also auf den Weg. Auf Oasis begegnet er nicht nur den Bewohnern den Oasiern, sondern natürlich auch anderen Forschern der Station. Beide bilden in ihrem Verhalten einen spannenden Kontrast: die Oasier, so fremd und doch menschlich mitfühlend, die Menschen, so vertraut und doch so seltsam distanziert und kühl. Die Charaktere und die feinsinnige Darstellung zeichnet dieses Buch sehr aus.
AUF SEINEN BEFEHL SUCHTE EIN NETZ AUS RAFFINIERTER TECHNIK DEN KOSMOS NACH IHREN GEDANKEN AB UND FAND NICHTS. NUR DEN EINEN VERZWEIFLUNGSSCHREI, DER NOCH AUF DEM SCHIRM LEUCHTETE, DIE VIER SCHRECKLICHEN WORTE IN KONTEXTLOSER GRAUER LEERE. (SEITE 535)
Der Roman lebt von weiteren Kontrasten und spielt mit den Erwartungen. So erwartet man vom Leben auf Oasis Abenteuer, Spannung und Gefahren, stattdessen stellt sich Oasis als friedlicher Ort heraus. Beinahe schon idyllisch, wäre es nicht so eine karge Landschaft. Auf der Erde hingegen ereignet sich eine Naturkatastrophe nach der anderen. Es wird zwar nie eindeutig gesagt, doch es liegt nahe, dass sie durch die Klimaerwärmung ausgelöst oder zumindest verstärkt werden. Bea durchleidet also Dramen, die für Peter in immer weitere Ferne rücken. Wie kann der jeweils andere nachvollziehen und nachempfinden, was dem Partner widerfährt? Der Leser spürt in der Kommunikation von Peter und Bea, wie sie voneinander wegdriften und die Lebensrealität des jeweils anderen nicht nachvollziehen können. Ein faszinierender Prozess von Distanzierung und Annäherung, die Michel Faber sehr treffend in Worte fasst.
Natürlich spielt die christliche Religion auch eine wichtige Rolle in dem Roman. Dies aber niemals aufdringlich, wertend oder belehrend, sondern das Christentum stellt schlicht eine Möglichkeit dar, die Welt und das Leben wahrzunehmen. Allerdings haben sowohl Peter als auch Bea den absoluten Willen, andere Menschen zu bekehren. Faber geht jedoch vielmehr der Frage nach, was mit dem Glauben passiert, wenn die Welt sich von ihrer unbarmherzigsten und brutalsten Seite zeigt. Hat man dann noch die Kraft, an Gott zu glauben?
Fazit
Michel Faber zeigt in „Das Buch der seltsamen neuen Dinge“, was Menschen und Lebewesen unterschiedlichster Herkunft dazu bewegt religiös zu sein oder religiös werden zu wollen, aber auch, was sie dazu bringen kann, sich vom Glauben abzuwenden. Dieses Grundthema ergänzt um eine Reise zu einem fremden Planeten sowie eine aufwühlend düstere Zukunftsvision der Erde, machen diesen Roman ungeheuer