Das neue Buch von Katja Eichinger über den Sehnsuchtsort Côte d'Azur. Ultramarinblaues Meer, weiße Strandpromenaden, Palmen, Mimosen und ein einzigartiges Licht: die Côte d'Azur. Nirgends sonst ist die Dichte der Geschichten und der Künstlerinnen und Künstler, die sie verewigt haben, höher. Nietzsche war hier, Coco Chanel, Marlene Dietrich, Pablo Picasso, Henri Matisse, James Baldwin und die Rolling Stones. Ein Ort, an dem Extreme und Exzess, die Yachten und Bauten der Superreichen, die Glitterati und Easyjet-Touristen vor der unbeeindruckt bezaubernden Natur aufeinandertreffen. Auf Spaziergängen unterwegs in Cannes, Nizza, Monaco und Saint-Tropez durchstreift Katja Eichinger in persönlichen Anekdoten die Geschichte der französischen Riviera und enthüllt ihr Wesen. Das Buch für alle, die sich ans Meer träumen und brillant unterhalten werden möchten.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Bis hin zum letzten Satz ist Andrian Kreye begeistert von Katja Eichingers Buch über die Côte d'Azur. Die Autorin ist heimisch an diesem Ort, erfahren wir, und das merkt man ihrem Buch an, das souverän mit den verschiedenen Sehnsüchten spielt, die sich an die nordwestliche Mittelmeerküste heften. Viele tolle Sätze findet Kreye bei Eichinger, am liebsten würde es sie alle zitieren, oder jemandem vorlesen. Die Autorin spart die unschöneren Seiten der Côte d'Azur nicht aus, fährt der Rezensent fort, etwa, wenn eine Jacht-Messe beschrieben wird. Außerdem tauchen Prominente wie Pablo Picasso und Jane Birkin auf, in einem Buch, das laut Rezensent weniger Geschichts- als Geschichtenbuch ist. Ein Buch, das nachwirkt, findet Kreye.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.05.2024Vom wahren Glamour
Katja Eichinger wirft in „Das große Blau“ einen Blick auf die strahlenden Abgründe der Côte d’Azur.
Als Erzählerin ist Katja Eichinger eine Verführerin. Gleich auf der ersten Seite ihres neuen Buches „Côte d’Azur: Das große Blau“ zieht sie einen in ihre Welt in Cannes an den Swimmingpool im Nachbargarten, verspricht „Sex, Glamour und mörderische Intentionen“. Und dann passiert erst einmal: nichts davon. Selbsterklärung, Historienstreifzug, Ausblick. Vorwort eben. Dieser Einstieg ist so geschickt wie kokett. Er etabliert die Côte d’Azur aber auch schon mal in ihren Doppelrollen als Sehnsuchtsort für Ruhe wie für Trubel, für Sonne und Nächte voller Abenteuer, für Glanz und Geschichte. Und dann ist man eben schon vor Ort mit ihr, wenn die Segelflüge durch die Geschichte und Topografie einer Gegend beginnen, die viele für das Paradies halten.
Auf dieser Klaviatur spielt Katja Eichinger das gesamte Buch hindurch. Weil sie die Côte d’Azur nicht nur besucht und betrachtet, sondern gelebt und verstanden hat, kann sie es sich leisten, Fotos von Christian Werner dazuzustellen. Das ist für sie als Autorin ein Wagnis, weil solche Bilder Schwächen der Erzählung aufzeigen könnten. Zu sehen ist der Glamour, der Reichtum, die Schönheit der Küstenbewohner, seien sie auch nur kurz dort hergekommen aus einer Stadt, und vor allem das „große Blau“ aus dem Titel, das so groß ist, weil man dort nicht weiß, ob man zuerst in den Himmel schauen soll oder ins Meer.
„Das große Blau“ spannt zwar einen weiten Bogen vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart der Autorin selbst, es ist aber kein Geschichts-, sondern ein Geschichtenbuch, das von der Leichtigkeit lebt, nicht vom Gewicht. Immer wieder tunkt sie einen mit dem Kopf in diese Gegend da, mit einer Sinnlichkeit, die mehr ist als nur literarischer Kunstgriff.
Da stehen dann Sätze wie „Das Herz von Chanel No. 5 bildet die Jasminblüte.“ Es gibt viele solche Momente, die einen mit wenigen Worten mit an die Küste nehmen und die man gerne zitieren würde, wenn die Rezension dann nicht etwas überfrachtet wäre. Es ist ein Buch, aus dem man sich gegenseitig vorlesen kann, wenn es da jemand Gegenseitiges gibt, der oder die von dieser Nordwestküste des Mittelmeeres träumt. Was nicht heißt, dass Katja Eichinger einen nicht auf die unschönen Seiten der Gegend stößt. Auf die ordinären, geistlosen, breitbeinigen Alphas und ihre geldgeilen, herzlosen, verschwenderischen Kinder und Gespielinnen. Höhepunkt dieser Betrachtungen ist der Besuch einer Yacht-Messe, auf der die Alphas nach Statussymbolen geifern, die weit jenseits der Vorstellungskraft der Normalverdiener liegen.
Der Reichtum widert Eichinger nicht an, sie erzählt das sogar lustig, aber er macht sie traurig. Sie sucht etwas anderes an der Côte d’Azur und umschreibt das zu Beginn des nächsten Kapitels mit einem Zitat von Virginia Woolf: „I am in the mood to dissolve in the sky.“
In die Stimmung, sich im Himmel aufzulösen, muss man erst mal kommen. Es gibt diese Sommertage, an denen nichts das Murmeln des Wassers, des Windes und das „große Blau“ stört. Bei Eichinger schimmert diese Stimmung immer wieder zwischen den Zeilen durch.
Nebenher erfährt man noch all das, was solche Orte mit Bedeutung auflädt. Wie F. Scott Fitzgerald dort „Zärtlich ist die Nacht“ schrieb, Pablo Picasso „Der Kuss“ malte und die Rolling Stones „Exile on Main Street“ aufnahmen. Das alles aber erzählt sie nicht mit dem Blick der Besucherin, sondern einer, die dort längst heimisch geworden ist.
Wie sehr sie dort lebt, zeigt eine Begegnung am Ende des Buches. Da trifft sie sich in Nizza mit Andrew Birkin, Bruder von Jane Birkin, die gemeinsam mit Serge Gainsbourg die Blaupause für die erotischen und popkulturellen Fantasien aller Nichtfranzosen beflügelte, was für ein unfassbares Land das da ist zwischen der Iberischen Halbinsel und dem teutonischen Kontinentalsockel.
Birkin ist der Vater ihres Patenkindes, ein wirklich guter Freund. Es ist eine Begegnung voller Melancholie, von der nicht allzu viel verraten werden soll, außer dass da noch mal Jane Birkin und die Rolling Stones auftreten, Stanley Kubrick und Friedrich Nietzsche, König Leopold II. und Captain Kirk.
Da zieht sie ihre Leserschaft noch einmal ganz tief in ihre Welt, und dann kommt auch schon die letzte Seite, auf der dieser letzte Satz steht: „Und wenn ich hier hinaus zum Horizont der Côte d’Azur blicke, dann weiß ich immer, wohin die Reise geht.“ Das klingt nach Trost, ist aber nur so geschickt und kokett wie der Anfang, weil sie ganz genau weiß, dass einem dieses Buch auch nach dem Lesen noch im Kopf bleiben wird, wie ein wenig Sand im Schuh.
ANDRIAN KREYE
Auch nach dem
Lesen bleibt dieses
Buch im Kopf
Solche Bilder könnten auch Schwächen der Erzählung aufzeigen: Der Fotograf Christian Werner bebildert Katja Eichingers Essay.
Foto: Christian Werner
Katja Eichinger:
Das große Blau: Côte d’Azur. Mit Fotografien von Christian Werner.
Blumenbar Verlag, Berlin 2024. 208 Seiten, 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Katja Eichinger wirft in „Das große Blau“ einen Blick auf die strahlenden Abgründe der Côte d’Azur.
Als Erzählerin ist Katja Eichinger eine Verführerin. Gleich auf der ersten Seite ihres neuen Buches „Côte d’Azur: Das große Blau“ zieht sie einen in ihre Welt in Cannes an den Swimmingpool im Nachbargarten, verspricht „Sex, Glamour und mörderische Intentionen“. Und dann passiert erst einmal: nichts davon. Selbsterklärung, Historienstreifzug, Ausblick. Vorwort eben. Dieser Einstieg ist so geschickt wie kokett. Er etabliert die Côte d’Azur aber auch schon mal in ihren Doppelrollen als Sehnsuchtsort für Ruhe wie für Trubel, für Sonne und Nächte voller Abenteuer, für Glanz und Geschichte. Und dann ist man eben schon vor Ort mit ihr, wenn die Segelflüge durch die Geschichte und Topografie einer Gegend beginnen, die viele für das Paradies halten.
Auf dieser Klaviatur spielt Katja Eichinger das gesamte Buch hindurch. Weil sie die Côte d’Azur nicht nur besucht und betrachtet, sondern gelebt und verstanden hat, kann sie es sich leisten, Fotos von Christian Werner dazuzustellen. Das ist für sie als Autorin ein Wagnis, weil solche Bilder Schwächen der Erzählung aufzeigen könnten. Zu sehen ist der Glamour, der Reichtum, die Schönheit der Küstenbewohner, seien sie auch nur kurz dort hergekommen aus einer Stadt, und vor allem das „große Blau“ aus dem Titel, das so groß ist, weil man dort nicht weiß, ob man zuerst in den Himmel schauen soll oder ins Meer.
„Das große Blau“ spannt zwar einen weiten Bogen vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart der Autorin selbst, es ist aber kein Geschichts-, sondern ein Geschichtenbuch, das von der Leichtigkeit lebt, nicht vom Gewicht. Immer wieder tunkt sie einen mit dem Kopf in diese Gegend da, mit einer Sinnlichkeit, die mehr ist als nur literarischer Kunstgriff.
Da stehen dann Sätze wie „Das Herz von Chanel No. 5 bildet die Jasminblüte.“ Es gibt viele solche Momente, die einen mit wenigen Worten mit an die Küste nehmen und die man gerne zitieren würde, wenn die Rezension dann nicht etwas überfrachtet wäre. Es ist ein Buch, aus dem man sich gegenseitig vorlesen kann, wenn es da jemand Gegenseitiges gibt, der oder die von dieser Nordwestküste des Mittelmeeres träumt. Was nicht heißt, dass Katja Eichinger einen nicht auf die unschönen Seiten der Gegend stößt. Auf die ordinären, geistlosen, breitbeinigen Alphas und ihre geldgeilen, herzlosen, verschwenderischen Kinder und Gespielinnen. Höhepunkt dieser Betrachtungen ist der Besuch einer Yacht-Messe, auf der die Alphas nach Statussymbolen geifern, die weit jenseits der Vorstellungskraft der Normalverdiener liegen.
Der Reichtum widert Eichinger nicht an, sie erzählt das sogar lustig, aber er macht sie traurig. Sie sucht etwas anderes an der Côte d’Azur und umschreibt das zu Beginn des nächsten Kapitels mit einem Zitat von Virginia Woolf: „I am in the mood to dissolve in the sky.“
In die Stimmung, sich im Himmel aufzulösen, muss man erst mal kommen. Es gibt diese Sommertage, an denen nichts das Murmeln des Wassers, des Windes und das „große Blau“ stört. Bei Eichinger schimmert diese Stimmung immer wieder zwischen den Zeilen durch.
Nebenher erfährt man noch all das, was solche Orte mit Bedeutung auflädt. Wie F. Scott Fitzgerald dort „Zärtlich ist die Nacht“ schrieb, Pablo Picasso „Der Kuss“ malte und die Rolling Stones „Exile on Main Street“ aufnahmen. Das alles aber erzählt sie nicht mit dem Blick der Besucherin, sondern einer, die dort längst heimisch geworden ist.
Wie sehr sie dort lebt, zeigt eine Begegnung am Ende des Buches. Da trifft sie sich in Nizza mit Andrew Birkin, Bruder von Jane Birkin, die gemeinsam mit Serge Gainsbourg die Blaupause für die erotischen und popkulturellen Fantasien aller Nichtfranzosen beflügelte, was für ein unfassbares Land das da ist zwischen der Iberischen Halbinsel und dem teutonischen Kontinentalsockel.
Birkin ist der Vater ihres Patenkindes, ein wirklich guter Freund. Es ist eine Begegnung voller Melancholie, von der nicht allzu viel verraten werden soll, außer dass da noch mal Jane Birkin und die Rolling Stones auftreten, Stanley Kubrick und Friedrich Nietzsche, König Leopold II. und Captain Kirk.
Da zieht sie ihre Leserschaft noch einmal ganz tief in ihre Welt, und dann kommt auch schon die letzte Seite, auf der dieser letzte Satz steht: „Und wenn ich hier hinaus zum Horizont der Côte d’Azur blicke, dann weiß ich immer, wohin die Reise geht.“ Das klingt nach Trost, ist aber nur so geschickt und kokett wie der Anfang, weil sie ganz genau weiß, dass einem dieses Buch auch nach dem Lesen noch im Kopf bleiben wird, wie ein wenig Sand im Schuh.
ANDRIAN KREYE
Auch nach dem
Lesen bleibt dieses
Buch im Kopf
Solche Bilder könnten auch Schwächen der Erzählung aufzeigen: Der Fotograf Christian Werner bebildert Katja Eichingers Essay.
Foto: Christian Werner
Katja Eichinger:
Das große Blau: Côte d’Azur. Mit Fotografien von Christian Werner.
Blumenbar Verlag, Berlin 2024. 208 Seiten, 22 Euro.
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»...für alle, die sich ans Meer träumen und gleichzeitig gut unterhalten werden möchten.« Berliner Zeitung 20240706