Ein Buch, das Kindern eine Stimme gibt
„Das Jahr, in dem wir verschwanden“ von Tayari Jones beschäftigt sich mit einem realen Verbrechen, den Kindermorden in Atlanta um das Jahr 1980 herum. Aber im Vordergrund steht keine Mördersuche, kein Kommissar, keine Ermittlungen – sondern die betroffene
Gruppe, die schwarzen Kinder von Atlanta.
Einfühlsam und aus wechselnden Perspektiven lässt Tayari…mehrEin Buch, das Kindern eine Stimme gibt
„Das Jahr, in dem wir verschwanden“ von Tayari Jones beschäftigt sich mit einem realen Verbrechen, den Kindermorden in Atlanta um das Jahr 1980 herum. Aber im Vordergrund steht keine Mördersuche, kein Kommissar, keine Ermittlungen – sondern die betroffene Gruppe, die schwarzen Kinder von Atlanta.
Einfühlsam und aus wechselnden Perspektiven lässt Tayari Jones drei Kinder zu Wort komme, die Freunde und Klassenkameraden verlieren, die nicht ganz verstehen, was um sie herum geschieht, aber eines ganz genau wissen: dass sie in Gefahr sind. Ein Gefühl von Panik überträgt sich von den angespannten Eltern auf diese Kinder, die nicht nur mit dieser Bedrohung von außen zu kämpfen haben. Vorurteile, familiäre Probleme, aber auch ganz banale Sorgen eines Schulkindes spielen für sie eine ebenso große Rolle wie der weniger greifbare, aber stets präsente namenlose Kindermörder.
„Das Jahr, in dem wir verschwanden“ ist ein Drama der leisen Töne und nicht nur das Porträt dreier Kinder, sondern auch das Bild einer Gesellschaft. Das erlaubt es mir als Leserin, den Figuren ganz nah zu kommen, ihre Lebensrealität intensiv zu verstehen, der Roman büßt dadurch aber auch deutlich an Tempo ein. Einen handlungsorientierten Thriller hat man sich natürlich nicht erwartet, aber die Erzählung stagniert insgesamt so stark, bietet keine Lösungen und kaum Entwicklungen an, dass sie fast ein wenig belanglos bleibt. Um die Authentizität zu wahren, wurde dieser ungeklärte Fall nicht im Fiktiven aufgelöst (sicher eine kluge Entscheidung), aber auch für die Geschichten der drei ProtagonistInnen gibt es keinen so rechten Abschluss.
Für diesen Aspekt entschädigt jedoch die großartig inszenierte Atmosphäre, der psychologische Tiefgang und die meisterhaft gelungene Perspektive aus Kinderaugen auf ganz große gesellschaftliche Fragen, wobei das Individuelle nie in den Hintergrund rückt. Ein lesenswerter Roman!