Alle sind sich einig: Bruce Jansen wird neuer Präsident der Vereinigten Staaten. In jeder Situation beweist er Stärke - selbst als seine Frau hochschwanger Opfer eines Attentats wird. Frisch im Amt erlässt er ein Dekret für Frieden und Sicherheit. Doch bald wird klar, was sich dahinter versteckt: die Einschränkung von Bürgerrechten und der Verlust der Presse- und Meinungsfreiheit. Das Land gerät immer mehr außer Kontrolle und steht kurz vor einem Bürgerkrieg. Nur Doggie Rogers, eine der engsten Vertrauten des Präsidenten, wittert ein Komplott auf höchster Ebene - und beginnt zu ermitteln.
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buecher-magazin.deJussi Adler-Olsen kann also auch Popcorn-Kino. Schwer zu sagen, ob der Däne mit der faszinierenden Idee eines Polizeistaates in den USA hintergründigere Ziele hatte als Unterhaltung (als er das Buch bereits 2006 verfasste). Sollte Letzteres der Fall gewesen sein, ist dieses Hörbuch durchaus gelungen. Auch dank Wolfram Koch, der angesichts der vielen Brandherde, die Adler-Olsen zündet, souverän liest, das Tempo jedoch an den richtigen Stellen anzieht und seine Stimme so verstellt, dass dem Hörer die Unterscheidung des üppigen Personals leichtfällt. Nur die Frauenstimmen wirken wenig überzeugend.
Nach dem Mord an seiner Frau und seinem ungeborenen Kind ist der neue US-Präsident traumatisiert und reagiert auf radikale Weise. Per "Washington-Dekret" will er das Land sicherer machen - und erlässt Sperrstunden, Waffenverbote, ein Verbot von Trash-TV, und Todeskandidaten sollen hingerichtet, alle anderen Häftlinge freigelassen werden. Die Bevölkerung rebelliert mit gewaltsamem Aufruhr - mittendrin eine Ex-Mitarbeiterin des Präsidenten, deren Vater der Attentäter sein soll. Sie will seine Unschuld beweisen und macht dabei eine unglaubliche Entdeckung. Interessantes Szenario, allerdings zu überladen inszeniert.
© BÜCHERmagazin, Christian Bärmann (bär)
Nach dem Mord an seiner Frau und seinem ungeborenen Kind ist der neue US-Präsident traumatisiert und reagiert auf radikale Weise. Per "Washington-Dekret" will er das Land sicherer machen - und erlässt Sperrstunden, Waffenverbote, ein Verbot von Trash-TV, und Todeskandidaten sollen hingerichtet, alle anderen Häftlinge freigelassen werden. Die Bevölkerung rebelliert mit gewaltsamem Aufruhr - mittendrin eine Ex-Mitarbeiterin des Präsidenten, deren Vater der Attentäter sein soll. Sie will seine Unschuld beweisen und macht dabei eine unglaubliche Entdeckung. Interessantes Szenario, allerdings zu überladen inszeniert.
© BÜCHERmagazin, Christian Bärmann (bär)
Er gilt als Meister der skandinavischen Thriller. Martin Scholz Welt am Sonntag 20180114
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.04.2013DIE KRIMI-KOLUMNE
Unrecht und
Unordnung
Jussi Adler-Olsen exekutiert
„Das Washington-Dekret“
Bruce Jansen hat alles, was ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat braucht: Er ist steinreich, sieht gut aus und ist mit einer hübschen, klugen Frau verheiratet. Wie erwartet, triumphiert er haushoch über seinen republikanischen Konkurrenten. Dennoch endet der Wahlabend in einer Tragödie. Ein Unbekannter eröffnet bei der Siegesfeier in einem Luxushotel das Feuer und tötet Jansens Frau. Es ist bereits die zweite Lebensgefährtin, die er verliert. 16 Jahre zuvor kam seine erste Ehefrau bei einem mysteriösen Messerattentat in China ums Leben.
Für Jansen ist dieser zweite Mord einer zu viel. Kaum ist er ins Weiße Haus eingezogen, macht er sich daran, in seinem vermeintlich in Gewalt und Frivolität untergehenden Land aufzuräumen. Nach wenigen Wochen ist es kaum mehr wiederzukennen. Mit einer Serie von „executive orders“, die Teil seines Programms „Für eine sichere Zukunft“ sind, entwaffnet er die Bürger, entmachtet den Kongress, schafft die Pressefreiheit ab, lässt Todeskandidaten im Schnellverfahren hinrichten und das Militär auf die eigene Bevölkerung schießen. Fast alle seiner Minister und Stabschefs machen trotz leiser Bedenken mit.
Jussi Adler-Olsen, der irrwitzig erfolgreiche dänische Autor der Carl-Mørck-Krimis, versucht sich hier – mit offensichtlich großem Vergnügen – an einer hitzigen Breitwand-Verschwörung Hollywoodscher Machart. Nur sind es keine Aliens, die Amerika unterjochen, sondern eine paranoide Führungsclique.
Mit perverser Befriedigung sehen Jansen und seine Getreuen zu, wie die Dynamik, die sie in Gang gesetzt haben, immer radikalere Maßnahmen rechtfertigt. Überall im Land formieren sich Milizen gegen Jansens Staatsstreich. Attentate auf den Justizminister und den Vorsitzenden des Supreme Court und ein Bombenanschlag auf das Hauptquartier der Demokraten heizen die Lage zusätzlich auf; und zu alldem schlägt in New York täglich der „Dachmörder“ zu, ein Scharfschütze, der aus sicherer Position heraus wahllos Passanten abknallt.
Doch obwohl sich die Ereignisse überschlagen, wird die Lektüre zäh und zäher. Es liegt nicht nur an der schieren Länge – 650 glanzlos geschriebene Seiten – sondern vor allem am Mangel an authentischem Kolorit, an den Widersprüchen und Ungereimtheiten, kurz, an der Unglaubwürdigkeit dieser Verschwörungsklamotte. In den USA sinken die Verbrechensquoten Jahr für Jahr auf neue Tiefststände; Presse, Parteien, Institutionen würden sich kaum widerstandslos entmachten lassen; und ein Präsident, der offensichtlich den Verstand verloren hat, würde zügig beiseitegeräumt.
2006, als das Buch im Original erschien, mag sich das noch anders gelesen haben. George W. Bush, auf dubiose Weise an die Macht gekommen, war zum zweiten Mal gewählt worden, der „Krieg gegen den Terror“ war in vollem Gange, und viele, auch sehr besonnene Menschen fürchteten mit guten Gründen, er und die Republikaner würden die Macht nicht mehr abgeben. Ein neuerlicher Terroranschlag, ein Attentat könnten den willkommenen Vorwand liefern, um ein kryptofaschistisches Regime zu installieren, wie es hier beschrieben wird.
Doch inzwischen ist Bush kleinlaut von der Bühne abgetreten, abgelöst von einem liberalen Nachfolger. Die Macht des Präsidenten ist seit 9/11 gewachsen, unbegrenzt ist sie beileibe nicht.
Hinzu kommt noch etwas anderes: Adler-Olsen, der vor seiner Karriere als Bestsellerautor unter anderem als Koordinator der dänischen Friedensbewegung arbeitete, schreibt hier als besorgter Europäer. Seine dystopische Vision eines amerikanischen Law-and-Order-Regimes ähnelt aber in vielem den hysterischen Ängsten des amerikanischen rechten Rands der Ayn-Rand-Leser, Tea-Party-Aktivisten und Waffennarren, mit denen er vermutlich nichts zu tun haben will. All das bleibt unausgesprochen. Für das bloße Vergnügen, einmal im amerikanischen Thrillergenre Urlaub zu machen, wäre er mit einem etwas bescheideneren Sujet besser bedient gewesen.
JÖRG HÄNTZSCHEL
Jussi Adler-Olsen: Das Washington-Dekret. Aus dem Dänischen von Hannes Thiess und Marieke Heimburger. dtv, München 2013. 656 Seiten, 19,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Unrecht und
Unordnung
Jussi Adler-Olsen exekutiert
„Das Washington-Dekret“
Bruce Jansen hat alles, was ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat braucht: Er ist steinreich, sieht gut aus und ist mit einer hübschen, klugen Frau verheiratet. Wie erwartet, triumphiert er haushoch über seinen republikanischen Konkurrenten. Dennoch endet der Wahlabend in einer Tragödie. Ein Unbekannter eröffnet bei der Siegesfeier in einem Luxushotel das Feuer und tötet Jansens Frau. Es ist bereits die zweite Lebensgefährtin, die er verliert. 16 Jahre zuvor kam seine erste Ehefrau bei einem mysteriösen Messerattentat in China ums Leben.
Für Jansen ist dieser zweite Mord einer zu viel. Kaum ist er ins Weiße Haus eingezogen, macht er sich daran, in seinem vermeintlich in Gewalt und Frivolität untergehenden Land aufzuräumen. Nach wenigen Wochen ist es kaum mehr wiederzukennen. Mit einer Serie von „executive orders“, die Teil seines Programms „Für eine sichere Zukunft“ sind, entwaffnet er die Bürger, entmachtet den Kongress, schafft die Pressefreiheit ab, lässt Todeskandidaten im Schnellverfahren hinrichten und das Militär auf die eigene Bevölkerung schießen. Fast alle seiner Minister und Stabschefs machen trotz leiser Bedenken mit.
Jussi Adler-Olsen, der irrwitzig erfolgreiche dänische Autor der Carl-Mørck-Krimis, versucht sich hier – mit offensichtlich großem Vergnügen – an einer hitzigen Breitwand-Verschwörung Hollywoodscher Machart. Nur sind es keine Aliens, die Amerika unterjochen, sondern eine paranoide Führungsclique.
Mit perverser Befriedigung sehen Jansen und seine Getreuen zu, wie die Dynamik, die sie in Gang gesetzt haben, immer radikalere Maßnahmen rechtfertigt. Überall im Land formieren sich Milizen gegen Jansens Staatsstreich. Attentate auf den Justizminister und den Vorsitzenden des Supreme Court und ein Bombenanschlag auf das Hauptquartier der Demokraten heizen die Lage zusätzlich auf; und zu alldem schlägt in New York täglich der „Dachmörder“ zu, ein Scharfschütze, der aus sicherer Position heraus wahllos Passanten abknallt.
Doch obwohl sich die Ereignisse überschlagen, wird die Lektüre zäh und zäher. Es liegt nicht nur an der schieren Länge – 650 glanzlos geschriebene Seiten – sondern vor allem am Mangel an authentischem Kolorit, an den Widersprüchen und Ungereimtheiten, kurz, an der Unglaubwürdigkeit dieser Verschwörungsklamotte. In den USA sinken die Verbrechensquoten Jahr für Jahr auf neue Tiefststände; Presse, Parteien, Institutionen würden sich kaum widerstandslos entmachten lassen; und ein Präsident, der offensichtlich den Verstand verloren hat, würde zügig beiseitegeräumt.
2006, als das Buch im Original erschien, mag sich das noch anders gelesen haben. George W. Bush, auf dubiose Weise an die Macht gekommen, war zum zweiten Mal gewählt worden, der „Krieg gegen den Terror“ war in vollem Gange, und viele, auch sehr besonnene Menschen fürchteten mit guten Gründen, er und die Republikaner würden die Macht nicht mehr abgeben. Ein neuerlicher Terroranschlag, ein Attentat könnten den willkommenen Vorwand liefern, um ein kryptofaschistisches Regime zu installieren, wie es hier beschrieben wird.
Doch inzwischen ist Bush kleinlaut von der Bühne abgetreten, abgelöst von einem liberalen Nachfolger. Die Macht des Präsidenten ist seit 9/11 gewachsen, unbegrenzt ist sie beileibe nicht.
Hinzu kommt noch etwas anderes: Adler-Olsen, der vor seiner Karriere als Bestsellerautor unter anderem als Koordinator der dänischen Friedensbewegung arbeitete, schreibt hier als besorgter Europäer. Seine dystopische Vision eines amerikanischen Law-and-Order-Regimes ähnelt aber in vielem den hysterischen Ängsten des amerikanischen rechten Rands der Ayn-Rand-Leser, Tea-Party-Aktivisten und Waffennarren, mit denen er vermutlich nichts zu tun haben will. All das bleibt unausgesprochen. Für das bloße Vergnügen, einmal im amerikanischen Thrillergenre Urlaub zu machen, wäre er mit einem etwas bescheideneren Sujet besser bedient gewesen.
JÖRG HÄNTZSCHEL
Jussi Adler-Olsen: Das Washington-Dekret. Aus dem Dänischen von Hannes Thiess und Marieke Heimburger. dtv, München 2013. 656 Seiten, 19,90 Euro.
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