Charkiw 1993. Der Sozialismus ist vorbei – der Manchesterkapitalismus beginnt: Amerikanische Erweckungsprediger treten auf, prügelnde Polizeibeamte, besoffene Wodka-Schmuggler, durchgeknallte Kleinkriminelle. Und mittendrin: vier Freunde - Dog Pawlow, Wasja Kommunist, der Ich-Erzähler Zhadan und Sascha Zündkerze, der im Pionierlager "Chemiker" als Betreuer arbeitet…
Charkiw 1993. Der Sozialismus ist vorbei – der Manchesterkapitalismus beginnt: Amerikanische Erweckungsprediger treten auf, prügelnde Polizeibeamte, besoffene Wodka-Schmuggler, durchgeknallte Kleinkriminelle. Und mittendrin: vier Freunde - Dog Pawlow, Wasja Kommunist, der Ich-Erzähler Zhadan und Sascha Zündkerze, der im Pionierlager "Chemiker" als Betreuer arbeitet…
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Autorenporträt
Serhij Zhadan, 1974 im Gebiet Luhansk/Ostukraine geboren, studierte Germanistik, promovierte über den ukrainischen Futurismus und gehört seit 1991 zu den prägenden Figuren der jungen Szene in Charkiw. Er debütierte als 17-Jähriger und publizierte zwölf Gedichtbände und sieben Prosawerke. Für Die Erfindung des Jazz im Donbass wurde er mit dem Jan-Michalski-Literaturpreis und mit dem Brücke-Berlin-Preis 2014 ausgezeichnet (zusammen mit Juri Durkot und Sabine Stöhr). Die BBC kürte das Werk zum 'Buch des Jahrzehnts'. 2022 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Zhadan lebt in Charkiw und ist seit Mai 2024 Soldat. Juri Durkot, 1965 geboren, studierte Germanistik in Lemberg und Wien. Seit 2007 übersetzt er gemeinsam mit Sabine Stöhr das Romanwerk von Serhij Zhadan. Sabine Stöhr, 1968 geboren, studierte Slawistik in Mainz und Simferopol. Seit 2004 übersetzt sie aus dem Ukrainischen, v.a. die Werke von Juri Andruchowytsch und, gemeinsam mit Juri Durkot, das Romanwerk von Serhij Zhadan. 2014 wurde sie mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung ausgezeichnet. Ebenfalls 2014 erhielt sie, gemeinsam mit Juri Durkot und dem Autor, den Brückepreis Berlin für Die Erfindung des Jazz im Donbass von Serhij Zhadan. 2018 wurde Sabine Stöhr und Juri Durkot der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen für ihre Übersetzung des Romans Internat von Serhij Zhadan.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
"Was für ein Buch!" jubelt Rezensentin Ilma Rakusa fast ergriffen über diesen Roman des "ukrainischen Rimbaud" - ihrer Ansicht nach ein "Ausnahmetalent". Das Buch sei ein großer Wurf, "himmeltraurig und urkomisch, hoffnungslos und tief poetisch, pechschwarz und von einer unbändigen, zornigen Kraft", schreibt sie "zutiefst berührt" von diesem Werk, das ihren Informationen zufolge Anfang der neunziger Jahre unter kriminellen Jugendlichen im postkommunistischen Charkiw spielt. Serhij Zhadans Schilderung rechne ausgesprochen schonungslos mit der kommunistischen Vergangenheit ebenso ab wie mit der turbokapitalistischen Gegenwart. Die wüste Handlung spielt sich, wie wir lesen, an vier Tagen ab, in denen man entwurzelten und gewalttätigen Jugendlichen, korrupten Milizionären und bewaffneten Roma-Dealern, versifften Funktionärstöchtern und amerikanischen Erweckungspredigern begegnet. Getragen wird das "düstere" Buch aus Sicht der Rezensentin auch von einer radikalen Sprache, einem expressiven, raphaften, verzweifelten, tief poetischen und zornigen Sound, den Zhadan Rakusas Ansicht nach der Musik abgeschaut hat, und den das Übersetzerduo Juri Durkot und Sabine Stöhr brillant ins Deutsche gebracht hätten.