Da mir Jenny Blackhursts Buch „Dein dunkelstes Geheimnis“ ziemlich gut gefallen hat, war ich auf „Der finstere Pfad“ sehr gespannt. Und tatsächlich folgt die Autorin ihrem bewährten Muster: sie lässt die Leserschaft fast das ganze Buch über im völlig Unklaren über das, was wirklich hinter dem Fall
steckt, und legt unzählige Finten. Dennoch konnte mich das Buch spannungstechnisch nicht…mehrDa mir Jenny Blackhursts Buch „Dein dunkelstes Geheimnis“ ziemlich gut gefallen hat, war ich auf „Der finstere Pfad“ sehr gespannt. Und tatsächlich folgt die Autorin ihrem bewährten Muster: sie lässt die Leserschaft fast das ganze Buch über im völlig Unklaren über das, was wirklich hinter dem Fall steckt, und legt unzählige Finten. Dennoch konnte mich das Buch spannungstechnisch nicht hundertprozentig überzeugen, dafür zog es sich für mich teilweise zu sehr in die Länge. Dennoch fand ich es unterhaltsam und alles in allem nett zu lesen.
Aber von vorn.
„Menschliche Überreste gefunden“. Diese drei Worte bringen das perfekte Leben von Laura Johnson komplett durcheinander. Dabei hatte es sich die Designerin personalisierter Geschenke so schön eingerichtet: Mann, zwei Kinder, Haus und Hund. Und dann holt sie plötzlich ihre Vergangenheit ein. Als 20-Jährige war sie vor über 15 Jahren auf dem West Coast Trail, einem berühmten Fernwanderweg im Südwesten Kanadas unterwegs. Sie hatte, wie vermutlich die meisten, die sich auf eine Wanderung dieser Art begeben, einige neue Bekanntschaften geschlossen. „Ich werde nie hinter mir lassen können, was in Kanada geschah.“ – was aber geschah, erfährt die Leserschaft des Krimis nur häppchenweise. Fakt ist: Anders als die meisten Wanderer hatte sie sich am Ende der Wanderung als Teil einer Mordermittlung wiedergefunden, denn kurz vor dem Ziel kam es zu einem Verbrechen. Ihre Mitwanderin Seraphine wurde vermisst, mutmaßlich ermordet von einem Bekannten. Überreste wurden nie gefunden – bis jetzt. Denn nach all der Zeit wird in der Nähe des Wanderwegs ein Skelett gefunden. Und als Laura plötzlich anonyme Geschenke mit Bezug zur damaligen Wanderung bekommt und ihre Familie bedroht wird, bekommt ihre schöne Fassade Risse und um sich und ihre Familie zu schützen, ist sie bereit wirklich alles zu tun.
Psychologisch gesehen ist das Buch spannend, allerdings hat die Autorin das Potential meiner Meinung nach bei weitem nicht voll ausgeschöpft, da wäre noch viel mehr drin gewesen. Dann hätte das Buch auch weniger Längen und mehr Spannung gehabt. Der stete Wechsel der sehr kurzen Kapitel zwischen den beiden Handlungssträngen (einer spielt heute, der andere bei der Wanderung 1999) schaffte bei mir leider nicht den von der Autorin gewünschten Effekt der Spannungssteigerung, sondern oft eher Verwirrung und verleitete mich häufig dazu, die „Heute“-Abschnitte quer zu lesen. Diese fand ich alles in allem ein wenig langatmig und handlungsarm. Die Vergangenheits-Kapitel hingegen finde ich zunehmend packend, die Atmosphäre zwischen den an der Wandung Beteiligten mit den wechselnden Beziehungsgefügen zwischen Ric, Seraphine ist gut und spannend beschrieben und das langsame, aber stetige Umschlagen der Laune ist psychologisch gekonnt aufgebaut. Die Charaktere finde ich teilweise sehr gut beschrieben, teilweise aber ein bisschen sehr stereotyp und eindimensional. Sympathisch fand ich auf jeden Fall keinen davon.
Sprachlich fand ich das Buch gut und leicht zu lesen. Die Autorin baut in ihre Erzählung zudem Zeitungsartikel und Podcasts ein, was ich stilistisch wirklich clever fand. Der Schluss kam für mich als alter Krimi-Hase nur teilweise überraschend. Ein lesenswerter Psycho-Thriller mit einigen Längen, der aber trotzdem gut unterhält. Das Buch ist weitestgehend unblutig, die Spannung wird eher unterschwellig und mehr als ständiges ungutes Gefühl im Magen erzeugt, da baut die Autorin mehr auf eine stete bedrückende Atmosphäre statt auf tatsächliche Gewaltszenen. Der Schluss kam für mich ein bisschen abrupt, die Ereignisse überschlagen sich sehr plötzlich, was nach so viel langer „Vorarbeit“ fast wie eine kalte Dusche wirkt. Aber alles in allem eine gelungene Lektüre, von mir vier Sterne.