Der Stuttgarter Privatermittler Georg Dengler erhält einen lukrativen Auftrag: Das Auswärtige Amt will, dass er nach der Mitarbeiterin Anna Hartmann sucht, die als Beraterin an die Troika ausgeliehen war. Ein Handyvideo legt nahe, dass sie entführt wurde. Dengler gelingt es, drei verdächtige Männer zu identifizieren. Doch bevor er sie befragen kann, werden sie allesamt ermordet oder verschwinden. Sitzt der Verräter im Außenministerium? Hat Anna Hartmanns Entführung etwas mit ihrer Arbeit für die Troika zu tun? Weiß sie, auf welchen Konten die vielen Milliarden der "Griechenlandrettung " gelandet sind? Georg Dengler folgt der Spur des großen Geldes und befindet sich plötzlich selbst im Fadenkreuz mächtiger Interessen.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.2018Harte Drogen, viele Kronen, arme Griechen
Krimis in Kürze: Roland Spranger, Jonas Bonnier und Wolfgang Schorlau
Hof, von der Zeitgeschichte aus dem Zonenrandgebiet in die deutsche Mittellage katapultiert, ist auf den ersten Blick kein Schauplatz, an dem man schwärzestes Noir erwartet. Nicht mal im Kino, bei den Hofer Filmtagen. Wie sehr das täuscht, zeigt der Roman von Roland Spranger schnell. "Tiefenscharf" (Polar Verlag, 286 S., geb., 18,- [Euro]) eröffnet die Reihe "Deutscher Polar", und man muss sich diesen Roman gewissermaßen auch in Schwarzweiß vorstellen, ungefähr wie das Umschlagfoto einer etwas heruntergekommenen Provinzbar. Es ist eine Geschichte aus dem Hinterland, sie ist hart und unbarmherzig und sehr heutig.
Es geht ziemlich gut los. Drogenhändler Max bringt reibungslos Crystal Meth im Wert von 20 000 Euro über die tschechische Grenze. Dann verfolgt ihn die deutsche Polizei. Er schmeißt das Päckchen rechtzeitig aus dem Fenster. Die Suche nach dem Päckchen ist der blutrote Faden, der das Buch durchzieht. Ein von seinem Sender gefeuerter Videojournalist mit Alkoholproblem und schwangerer Freundin, eine Youtuberin, ein ehemaliger Türsteher und Max' Freundin, die Mangas zeichnet und Autos abfackelt, sie alle werden auf fatale Weise ins Geschehen verstrickt. Und weil Max Verbindungen in die rechte Szene hat, gibt es zusätzliche Komplikationen - bis zum Showdown in einem stillgelegten Hallenbad.
Spranger, der für seinen Roman "Kriegsgebiete" den Glauser-Preis bekommen hat, erzählt knapp und pointiert, kühl, aber ohne Pose und mit dem Auge für Details, die eine Person oder einen Ort anschaulicher charakterisieren als lange Sätze. Er wechselt mit viel Gespür für Timing die Perspektiven, und die Gewalt, die immer wieder ausbricht, rührt daher, dass Dinge erst schief- und dann ganz aus dem Ruder laufen. Der Schauplatz des Romans ist zwar die Provinz. Aber er ist welthaltiger als die meisten Metropolenromane.
Wie viel erfunden und was tatsächlich geschehen ist, lässt sich in Jonas Bonniers "Der Helicopter-Coup. Die Millionen-Beute" (Piper, 416 S., br., 20,- [Euro]) nicht so leicht ermitteln. Bonnier, der fünf Jahre lang die schwedische Bonnier-Gruppe geleitet hat, zu der auch der Piper Verlag gehört, hat den spektakulärsten Raub der schwedischen Kriminalgeschichte zu einem Thriller verarbeitet. 2009 sprengten die Täter ein Loch ins Dach eines Stockholmer Banknotendepots, um dann per Hubschrauber 39 Millionen Kronen abzutransportieren.
Bonniers Mischung aus Recherche und Phantasie ist nicht so risikolos, wie man denkt, weil die Wirklichkeit, entgegen dem verbreiteten Vorurteil, eben nicht die besten Geschichten schreibt, sondern lediglich den Rohstoff liefert. Und selbst der beste Rohstoff garantiert ohne die richtige Verarbeitungstechnik keine überzeugende Story.
Bonnier wird zwar keinen Pulitzer-Preis bekommen für stilistische Filigranarbeit, aber sein Buch ist kompakt und sehr gut konstruiert. Die vier Männer, die den Raub akribisch planen und die gerade durch ihre sehr unterschiedlichen Fähigkeiten zum Team werden, sind plausibel gezeichnet. Und spannend ist das Szenario ohnehin, weil es ein Kampf gegen die Uhr und jene Unwägbarkeiten ist, von denen man nur weiß, dass es sie geben wird, ohne zu ahnen, welcher Art sie sein werden. Dass Netflix sich für die Filmrechte interessiert, wundert nicht.
Zu den glücklichen Menschen, die sich im Alter von fünfzig Jahren noch einen Berufswechsel geleistet haben, gehört Wolfgang Schorlau. Seit 2003 schreibt der ehemalige Manager mit einigem Erfolg Kriminalromane, und seitdem gibt es auch Georg Dengler, den früheren BKA-Mann, der als privater Ermittler in Stuttgart arbeitet. Drei dieser Bücher wurden bereits fürs Fernsehen adaptiert, mit Ronald Zehrfeld in der Hauptrolle. "Der große Plan" (Kiepenheuer & Witsch, 448 S., br., 14,99 [Euro]) ist Denglers neunter Auftritt.
Das Außenministerium engagiert ihn, um sich bei der Suche nach einer spurlos verschwundenen Mitarbeiterin nicht auf die Erkenntnisse von Innenministerium und BKA verlassen zu müssen. Weil die ehrgeizige junge Frau zuletzt für die sogenannte Troika tätig war, geraten wir mit Dengler tief in die Griechenland-Krise, samt deren Vorgeschichte und Nachbeben, und lernen einiges über trübe Machenschaften und versickernde Gelder. Das ist nicht überraschend, weil Schorlaus Plots schon immer hochgradig gesellschaftspolitisch aufgeladen waren.
Wie gewohnt geht es für einen Thriller aber auch ein wenig betulich und umständlich zu, was garstige kleine Einfälle wie den Tod auf einer Sonnenbank nicht ausschließt. Und dass Dengler diesmal Probleme mit seiner Libido und seiner Freundin Olga hat, hindert ihn nicht daran, unerschrocken dorthin zu gehen, wo es weh tut.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Roland Spranger, Jonas Bonnier und Wolfgang Schorlau
Hof, von der Zeitgeschichte aus dem Zonenrandgebiet in die deutsche Mittellage katapultiert, ist auf den ersten Blick kein Schauplatz, an dem man schwärzestes Noir erwartet. Nicht mal im Kino, bei den Hofer Filmtagen. Wie sehr das täuscht, zeigt der Roman von Roland Spranger schnell. "Tiefenscharf" (Polar Verlag, 286 S., geb., 18,- [Euro]) eröffnet die Reihe "Deutscher Polar", und man muss sich diesen Roman gewissermaßen auch in Schwarzweiß vorstellen, ungefähr wie das Umschlagfoto einer etwas heruntergekommenen Provinzbar. Es ist eine Geschichte aus dem Hinterland, sie ist hart und unbarmherzig und sehr heutig.
Es geht ziemlich gut los. Drogenhändler Max bringt reibungslos Crystal Meth im Wert von 20 000 Euro über die tschechische Grenze. Dann verfolgt ihn die deutsche Polizei. Er schmeißt das Päckchen rechtzeitig aus dem Fenster. Die Suche nach dem Päckchen ist der blutrote Faden, der das Buch durchzieht. Ein von seinem Sender gefeuerter Videojournalist mit Alkoholproblem und schwangerer Freundin, eine Youtuberin, ein ehemaliger Türsteher und Max' Freundin, die Mangas zeichnet und Autos abfackelt, sie alle werden auf fatale Weise ins Geschehen verstrickt. Und weil Max Verbindungen in die rechte Szene hat, gibt es zusätzliche Komplikationen - bis zum Showdown in einem stillgelegten Hallenbad.
Spranger, der für seinen Roman "Kriegsgebiete" den Glauser-Preis bekommen hat, erzählt knapp und pointiert, kühl, aber ohne Pose und mit dem Auge für Details, die eine Person oder einen Ort anschaulicher charakterisieren als lange Sätze. Er wechselt mit viel Gespür für Timing die Perspektiven, und die Gewalt, die immer wieder ausbricht, rührt daher, dass Dinge erst schief- und dann ganz aus dem Ruder laufen. Der Schauplatz des Romans ist zwar die Provinz. Aber er ist welthaltiger als die meisten Metropolenromane.
Wie viel erfunden und was tatsächlich geschehen ist, lässt sich in Jonas Bonniers "Der Helicopter-Coup. Die Millionen-Beute" (Piper, 416 S., br., 20,- [Euro]) nicht so leicht ermitteln. Bonnier, der fünf Jahre lang die schwedische Bonnier-Gruppe geleitet hat, zu der auch der Piper Verlag gehört, hat den spektakulärsten Raub der schwedischen Kriminalgeschichte zu einem Thriller verarbeitet. 2009 sprengten die Täter ein Loch ins Dach eines Stockholmer Banknotendepots, um dann per Hubschrauber 39 Millionen Kronen abzutransportieren.
Bonniers Mischung aus Recherche und Phantasie ist nicht so risikolos, wie man denkt, weil die Wirklichkeit, entgegen dem verbreiteten Vorurteil, eben nicht die besten Geschichten schreibt, sondern lediglich den Rohstoff liefert. Und selbst der beste Rohstoff garantiert ohne die richtige Verarbeitungstechnik keine überzeugende Story.
Bonnier wird zwar keinen Pulitzer-Preis bekommen für stilistische Filigranarbeit, aber sein Buch ist kompakt und sehr gut konstruiert. Die vier Männer, die den Raub akribisch planen und die gerade durch ihre sehr unterschiedlichen Fähigkeiten zum Team werden, sind plausibel gezeichnet. Und spannend ist das Szenario ohnehin, weil es ein Kampf gegen die Uhr und jene Unwägbarkeiten ist, von denen man nur weiß, dass es sie geben wird, ohne zu ahnen, welcher Art sie sein werden. Dass Netflix sich für die Filmrechte interessiert, wundert nicht.
Zu den glücklichen Menschen, die sich im Alter von fünfzig Jahren noch einen Berufswechsel geleistet haben, gehört Wolfgang Schorlau. Seit 2003 schreibt der ehemalige Manager mit einigem Erfolg Kriminalromane, und seitdem gibt es auch Georg Dengler, den früheren BKA-Mann, der als privater Ermittler in Stuttgart arbeitet. Drei dieser Bücher wurden bereits fürs Fernsehen adaptiert, mit Ronald Zehrfeld in der Hauptrolle. "Der große Plan" (Kiepenheuer & Witsch, 448 S., br., 14,99 [Euro]) ist Denglers neunter Auftritt.
Das Außenministerium engagiert ihn, um sich bei der Suche nach einer spurlos verschwundenen Mitarbeiterin nicht auf die Erkenntnisse von Innenministerium und BKA verlassen zu müssen. Weil die ehrgeizige junge Frau zuletzt für die sogenannte Troika tätig war, geraten wir mit Dengler tief in die Griechenland-Krise, samt deren Vorgeschichte und Nachbeben, und lernen einiges über trübe Machenschaften und versickernde Gelder. Das ist nicht überraschend, weil Schorlaus Plots schon immer hochgradig gesellschaftspolitisch aufgeladen waren.
Wie gewohnt geht es für einen Thriller aber auch ein wenig betulich und umständlich zu, was garstige kleine Einfälle wie den Tod auf einer Sonnenbank nicht ausschließt. Und dass Dengler diesmal Probleme mit seiner Libido und seiner Freundin Olga hat, hindert ihn nicht daran, unerschrocken dorthin zu gehen, wo es weh tut.
PETER KÖRTE
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»Schorlau hat gewohnt gründlich recherchiert und die Ergebnisse in eine fesselnde Story gepackt.« Bielefelder 20191219