Ein charmant-heruntergekommener Landsitz in den schottischen Highlands, eine Gruppe Banker beim Teambuilding, eine schwungvolle Haushälterin mit gebrochenem Arm, Lord und Lady McIntosh, die das alles unter einen Hut bringen müssen, dazu jede Menge Tiere - und am Ende weiß keiner, was eigentlich passiert ist. Isabel Bogdan erzählt in ihrem ersten Roman pointenreich und überraschend von einem Wochenende, das ganz anders verläuft als geplant: Chefbankerin Liz und ihre vierköpfige Abteilung wollen in der ländlichen Abgeschiedenheit ihre Zusammenarbeit verbessern, werden aber durch das spartanische Ambiente und einen verrückt gewordenen Pfau aus dem Konzept gebracht. Lord McIntosh stoppt den Problem-Pfau auf rustikale Weise - und das führt zu urkomischen Verwicklungen.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensent Markus Clauer teilt Isabel Bogdans Humor nicht. Jedenfalls findet er den britisch anmutenden Slapstick, mit dem Bogdan ihren neuen Roman "Der Pfau" vollgepackt hat, nicht witzig. Das Buch handelt von einer Gruppe Investmentbanker, die zwecks Teambuilding auf ein winterliches schottisches Anwesen fahren, wo, das Drama ist groß, der ortsansässige Pfau ums Leben kommt, fasst Clauer zusammen. Das darauf folgende Spektakel hat ihn kalt gelassen, zu "tantig" geschrieben, urteilt er kühl.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.2016So ein Banker ist doch kein Biber!
Ein Pfau sieht Blau: Isabel Bogdan versucht sich in ihrem Debüt an einer Kriminalposse
Das Cover ist dekorativ, fast noch hübscher als das von Thomas Hettches "Pfaueninsel" im selben Verlag. Es zeigt die blaurote Silhouette eines Pfaus, in dessen erhaben geprägtem Gefieder sich drei für Gentlemen und Ladies unentbehrliche Gegenstände verstecken: Regenschirm, Teetasse, Jagdgewehr. Damit ist eigentlich fast alles angedeutet, was in Isabel Bogdans Erstling "Der Pfau" eine Rolle spielt: britische, genauer: schottische Lebensart, Kochkunst und Trinkkultur (Whisky, Irn-Bru, Hot Toddy), gepflegter englischer Humor, dazu gemütliche Kaminfeuer, Heizdecken und tröpfelnde Duschen in einem heruntergekommenen Herrenhaus am Fuß der Highlands, zahlreiche Tiere (unter anderem zehn Pfauen und drei Hunde) und fast ebenso viele Tatverdächtige in einem nach Agatha-Christie-Muster gestrickten Fall von kollektiver Mordvertuschung.
"Einer der Pfauen war verrückt geworden" heißt der erste Satz, aber leider geht es nicht ganz so lakonisch und fulminant weiter. Der Pfau gehört Lord und Lady McIntyre, und seine plötzliche Vorliebe für alles, was blau schimmert, ist verantwortlich für eine Kette von Peinlichkeiten, Slapstickszenen und komischen Verwicklungen. Die McIntyres vermieten Cottages an Ferien- und Seminargäste, die es wenig schätzen, wenn ein verrückter Vogel ihnen blaue Porzellantassen aus den Händen hackt. Als der Pfau mit dem Blau-Hau das Auto einer Londoner Investmentbankerin zerkratzt, die gerade mit vier Kollegen, Psychologin und Köchin ein Teambuilding-Wochenende in der schottischen Wildnis veranstaltet, verliert Ihre Lordschaft die Contenance. Der gelernte Altphilologe erschießt den Vogel und versteckt ihn im Wald. Damit fängt das Unheil aber erst an. Der Hund der Bankerin stöbert den toten Pfau auf; Liz fürchtet Ärger und befiehlt, den vermeintlich gewilderten Vogel diskret zu entsorgen. David, der nette Schwule, beichtet alles der patenten Köchin, und die beschließt, der ganzen Gesellschaft den Pfau als Fasan oder Gänsecurry vorzusetzen, bevor jemand den Braten riecht.
Der Witz dabei ist, dass alle Figuren nur Teilaspekte dieses Kuddelmuddels aus Missverständnissen, Heimlichkeiten und gescheiterten Vertuschungsaktionen überblicken. Während die Psychologin die Truppe gerade mit Schiffchen-Organigrammen, Hüttenbau ohne Werkzeug und ähnlich kreativen Spielchen für die Optimierung des Kommunikationsflusses trainiert, geht in der sozialen Realität alles schief, was schiefgehen kann. Leser sind für erläuternde Synopsen immer dankbar, und deshalb referiert Bogdan ständig den Stand der Dinge aus allen möglichen Perspektiven, auch der von Hunden und Gänsen. Passagen wie "Am nächsten Morgen stellte sich die Situation also folgendermaßen dar" sind für den kommunikativen Workflow hilfreich, aber doch auch albern und auf die Dauer redundant.
Man fühlt sich gleichzeitig unter- und überfordert wie in einem altenglisch gemütlichen Cozy-Krimi, wenn Miss Marple oder Inspektor Barnaby die lange Liste der Verdächtigen rekapitulieren. "Der Pfau" ist zwar eher eine ornithologische Version von Hitchcocks Leichenverwirrspiel "Immer Ärger mit Harry", aber man fühlt sich durchaus auch an Barnaby und seine Kollegen erinnert, in schwächeren Momenten auch an die tüttelige Herrenhausromantik von Katie Fforde oder Cecelia Ahern.
Isabel Bogdan, ihres Zeichens preisgekrönte Literaturbloggerin und Übersetzerin von Nick Hornby, Jane Gardam und Jasper Fjorde, kennt britische Eigenheiten von der Jagd bis zur Körperhygiene, aber ihr "Pfau" ist recht zähe Landmannskost. Nur einmal tauen Banker und Autorin richtig auf: Als sich im Hot Tub im verschneiten Park müde Glieder beiderlei Geschlechts wie zufällig berühren, ist das für englische Verhältnisse fast schon eine Sexorgie. Meistens sind sie allerdings durchgefroren, englisch-unterkühlt oder grässlich erkältet wie Liz, die "elegante Ziege" mit der Vogelallergie.
Zur Gesellschaftssatire fehlt es der kleinen Posse an Substanz und sprachlicher Eleganz: Bogdans Roman ist eher eine Erzählung, vielleicht sogar eine Krimikomödie für Film oder Theater. Der Stoff ist jedenfalls Laura-Ashley-Landlust-Tweed, die Figuren sind nur angerissen, die Dialoge in betulicher indirekter Rede wiedergegeben; der Staubsauger heißt Harry, die Lady Fiona, der Hund Mervyn. Ein von Bogdans englischen Spleens ist der inflationär eingesetzte quasitautologische Tiervergleich: "So ein Pfau war schließlich kein Hund", "So ein Banker war schließlich kein Affe", "So ein Banker war doch kein Biber"; nur so ein Lord ist "immerhin der Lord". Isabel Bogdan ist eben nicht P. D. Wodehouse, Evelyn Waugh oder Alan Bennett.
MARTIN HALTER
Isabel Bogdan: "Der Pfau". Roman.
Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2016. 256 S., geb., 18,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Pfau sieht Blau: Isabel Bogdan versucht sich in ihrem Debüt an einer Kriminalposse
Das Cover ist dekorativ, fast noch hübscher als das von Thomas Hettches "Pfaueninsel" im selben Verlag. Es zeigt die blaurote Silhouette eines Pfaus, in dessen erhaben geprägtem Gefieder sich drei für Gentlemen und Ladies unentbehrliche Gegenstände verstecken: Regenschirm, Teetasse, Jagdgewehr. Damit ist eigentlich fast alles angedeutet, was in Isabel Bogdans Erstling "Der Pfau" eine Rolle spielt: britische, genauer: schottische Lebensart, Kochkunst und Trinkkultur (Whisky, Irn-Bru, Hot Toddy), gepflegter englischer Humor, dazu gemütliche Kaminfeuer, Heizdecken und tröpfelnde Duschen in einem heruntergekommenen Herrenhaus am Fuß der Highlands, zahlreiche Tiere (unter anderem zehn Pfauen und drei Hunde) und fast ebenso viele Tatverdächtige in einem nach Agatha-Christie-Muster gestrickten Fall von kollektiver Mordvertuschung.
"Einer der Pfauen war verrückt geworden" heißt der erste Satz, aber leider geht es nicht ganz so lakonisch und fulminant weiter. Der Pfau gehört Lord und Lady McIntyre, und seine plötzliche Vorliebe für alles, was blau schimmert, ist verantwortlich für eine Kette von Peinlichkeiten, Slapstickszenen und komischen Verwicklungen. Die McIntyres vermieten Cottages an Ferien- und Seminargäste, die es wenig schätzen, wenn ein verrückter Vogel ihnen blaue Porzellantassen aus den Händen hackt. Als der Pfau mit dem Blau-Hau das Auto einer Londoner Investmentbankerin zerkratzt, die gerade mit vier Kollegen, Psychologin und Köchin ein Teambuilding-Wochenende in der schottischen Wildnis veranstaltet, verliert Ihre Lordschaft die Contenance. Der gelernte Altphilologe erschießt den Vogel und versteckt ihn im Wald. Damit fängt das Unheil aber erst an. Der Hund der Bankerin stöbert den toten Pfau auf; Liz fürchtet Ärger und befiehlt, den vermeintlich gewilderten Vogel diskret zu entsorgen. David, der nette Schwule, beichtet alles der patenten Köchin, und die beschließt, der ganzen Gesellschaft den Pfau als Fasan oder Gänsecurry vorzusetzen, bevor jemand den Braten riecht.
Der Witz dabei ist, dass alle Figuren nur Teilaspekte dieses Kuddelmuddels aus Missverständnissen, Heimlichkeiten und gescheiterten Vertuschungsaktionen überblicken. Während die Psychologin die Truppe gerade mit Schiffchen-Organigrammen, Hüttenbau ohne Werkzeug und ähnlich kreativen Spielchen für die Optimierung des Kommunikationsflusses trainiert, geht in der sozialen Realität alles schief, was schiefgehen kann. Leser sind für erläuternde Synopsen immer dankbar, und deshalb referiert Bogdan ständig den Stand der Dinge aus allen möglichen Perspektiven, auch der von Hunden und Gänsen. Passagen wie "Am nächsten Morgen stellte sich die Situation also folgendermaßen dar" sind für den kommunikativen Workflow hilfreich, aber doch auch albern und auf die Dauer redundant.
Man fühlt sich gleichzeitig unter- und überfordert wie in einem altenglisch gemütlichen Cozy-Krimi, wenn Miss Marple oder Inspektor Barnaby die lange Liste der Verdächtigen rekapitulieren. "Der Pfau" ist zwar eher eine ornithologische Version von Hitchcocks Leichenverwirrspiel "Immer Ärger mit Harry", aber man fühlt sich durchaus auch an Barnaby und seine Kollegen erinnert, in schwächeren Momenten auch an die tüttelige Herrenhausromantik von Katie Fforde oder Cecelia Ahern.
Isabel Bogdan, ihres Zeichens preisgekrönte Literaturbloggerin und Übersetzerin von Nick Hornby, Jane Gardam und Jasper Fjorde, kennt britische Eigenheiten von der Jagd bis zur Körperhygiene, aber ihr "Pfau" ist recht zähe Landmannskost. Nur einmal tauen Banker und Autorin richtig auf: Als sich im Hot Tub im verschneiten Park müde Glieder beiderlei Geschlechts wie zufällig berühren, ist das für englische Verhältnisse fast schon eine Sexorgie. Meistens sind sie allerdings durchgefroren, englisch-unterkühlt oder grässlich erkältet wie Liz, die "elegante Ziege" mit der Vogelallergie.
Zur Gesellschaftssatire fehlt es der kleinen Posse an Substanz und sprachlicher Eleganz: Bogdans Roman ist eher eine Erzählung, vielleicht sogar eine Krimikomödie für Film oder Theater. Der Stoff ist jedenfalls Laura-Ashley-Landlust-Tweed, die Figuren sind nur angerissen, die Dialoge in betulicher indirekter Rede wiedergegeben; der Staubsauger heißt Harry, die Lady Fiona, der Hund Mervyn. Ein von Bogdans englischen Spleens ist der inflationär eingesetzte quasitautologische Tiervergleich: "So ein Pfau war schließlich kein Hund", "So ein Banker war schließlich kein Affe", "So ein Banker war doch kein Biber"; nur so ein Lord ist "immerhin der Lord". Isabel Bogdan ist eben nicht P. D. Wodehouse, Evelyn Waugh oder Alan Bennett.
MARTIN HALTER
Isabel Bogdan: "Der Pfau". Roman.
Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2016. 256 S., geb., 18,99 [Euro].
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»Ein kolossales Vergnügen, wenn man auf feine Ironie steht.« Brigitte 20160302
»Das Buch hat mich immer wieder erinnert: Loslassen ist gesünder als Festhalten.« Lavinia Wilson ZEIT ONLINE 20210812