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Die 1960er Jahre: Martin Luther King marschiert auf Washington, Amerika hat einen Traum. Der junge James will seine ärmliche irische Herkunft hinter sich lassen und träumt von einer strahlenden Zukunft als Anwalt. Nur wenig später wird die junge, schöne Afroamerikanerin Agnes auf der Heimfahrt von ihrem ersten Date von einem weißen Polizisten angehalten. Schreckliche Momente folgen. Agnes zweifelt, ob sie überhaupt eine Zukunft hat. James und Agnes ahnen nicht, auf welch unerwarteten Wegen die Geschichte der nächsten Jahrzehnte sie und ihre Familien zusammenführen wird. Von den…mehr

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Produktbeschreibung
Die 1960er Jahre: Martin Luther King marschiert auf Washington, Amerika hat einen Traum. Der junge James will seine ärmliche irische Herkunft hinter sich lassen und träumt von einer strahlenden Zukunft als Anwalt. Nur wenig später wird die junge, schöne Afroamerikanerin Agnes auf der Heimfahrt von ihrem ersten Date von einem weißen Polizisten angehalten. Schreckliche Momente folgen. Agnes zweifelt, ob sie überhaupt eine Zukunft hat. James und Agnes ahnen nicht, auf welch unerwarteten Wegen die Geschichte der nächsten Jahrzehnte sie und ihre Familien zusammenführen wird. Von den Bürgerrechtsbewegungen bis zur Obama-Ära spannt Regina Porter ein schillerndes Zeitpanorama und verdichtet die Geschichte zweier Familien - die eine weiß, die andere schwarz - zu einem unvergesslichen Familienepos.

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Autorenporträt
Regina Porter studierte am renommierten Iowa Writer's Workshop und erhielt mehrere Schreibstipendien. Sie ist eine vielfach ausgezeichnete Theaterautorin, sie arbeitete u.a. mit Playwrights Horizons, New York Stage & Film und The Women's Project zusammen. Ihre bisherigen Texte wurden in der Harvard Review veröffentlicht. Porter wurde in Savannah, im US-Bundesstaat Georgia, geboren, und lebt heute in Brooklyn. Tanja Handels, geboren 1971 in Aachen, lebt und arbeitet in München, übersetzt zeitgenössische britische und amerikanische Romane, u.a. von Zadie Smith, Anna Quindlen, Pamela Moore und Elizabeth Gilbert, und ist auch als Dozentin für Literarisches Übersetzen tätig. Für ihre Übersetzungen wurde Tanja Handels 2019 mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet. 
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.03.2020

Ein Füllhorn vom Reißbrett

Regina Porters Roman "Die Reisenden" ist gebaut wie ein Film von Tarantino. Alles ist wichtig, nichts ist ohne Bedeutung: eine Springflut an Details.

Von Hubert Spiegel

Dieser Roman ist das Werk einer sorgfältig arbeitenden Ingenieurin. Unzählige kleine Rädchen greifen ineinander, jedes ist an seinem Platz, jedes funktioniert klaglos und wie geschmiert. Hier stockt und stottert nichts. Im Mittelpunkt stehen zwei Familien, die Vincents und die Christies, deren Geschicke über drei Generationen und sechs Jahrzehnte hinweg verfolgt und geschildert werden. Rassismus im amerikanischen Alltag, häusliche Gewalt, soziale Ungleichheit, Familientragödien wie Ehebruch und Suizid, dazu noch ein kleiner Exkurs zu den antisemitischen Pogromen im Osten des alten Europa - alles wird eingepasst, verarbeitet, integriert, erhält sein eigenes kleines Plätzchen im Romangefüge, wo es gut aufgehoben ist, nicht stört, sondern seinen Beitrag leistet.

Für eine Debütantin ist das eine erstaunliche dramaturgische Leistung. Es ist aber auch ein wenig zum Fürchten. Denn hier ist eine stählerne Hand am Werk, die sich alles, wonach sie greift - Figuren, Schicksale, historische Ereignisse -, unterwirft und verfügbar macht. Dass Regina Porter das Motto, das sie ihrem Roman voranstellt, selbst verfasst hat, dürfte kein Zufall sein.

"Die Reisenden" ist das Musterbeispiel eines Romans, der mit viel Ambition, noch mehr Kontrollbedürfnis und hohen technischen Fähigkeiten geschrieben wurde und an einem Mangel an Ökonomie und Bescheidenheit scheitert. Es ist ein Zeit- und Familienroman, der authentisches historisches Material verarbeitet, ein großes Panorama entwirft und zugleich detailversessen in Markennamen und zahllosen anderen Kleinigkeiten schwelgt. Hier geht niemand essen, ohne dass die Adresse des Restaurants, die Spezialitäten der Küche, die Eigenheiten des Besitzers, die soziale Zusammensetzung der Kundschaft und die besondere Atmosphäre an diesem Abend benannt würden. Keine Familienzusammenkunft kann stattfinden, ohne dass erwähnt würde, welche Tante welches Gericht besonders gut zubereiten kann, woher das Rezept stammt und welche Zutaten besonders wichtig sind. Jeder wird gehört, jeder hat eine Stimme, jeder ist wichtig. Vielleicht sieht so die erzählende Literatur aus, nach der die Gesellschaft der Singularitäten verlangt. Aber ist wirklich jedes Detail gleich bedeutsam? Ganz sicher ist nach spätestens zweihundert Seiten jedes zweite Detail eines zu viel.

Dieser Roman gleicht einem Füllhorn, das am Reißbrett entworfen und am Reißbrett geschrieben wurde. Es wäre wohl das Beste, das Buch auch am Reißbrett zu lesen, wobei das Personenverzeichnis am Romanende sowie die etwa fünfzig Einträge umfassende Liste der Bildhinweise fleißig konsultiert werden sollten. Denn obwohl der Roman bis ins letzte Detail durchkonstruiert ist, kann von Übersichtlichkeit keine Rede sein. Das liegt vor allem an der Erzählweise Regina Porters, die den Iowa Writer's Workshop absolvierte und bislang vor allem für die Bühne geschrieben hat. Wie in den Filmen Tarantinos macht die Chronologie der Romanhandlung wilde Sprünge. Oft wird der Leser erst mit der Wirkung eines Geschehens oder einer Handlung konfrontiert, bevor er viele Seiten später ihrer Ursache begegnet. So verschachtelt wie die Chronologie sind auch die Beziehungen der Figuren untereinander.

Ein Beispiel: Das erste Kapitel setzt im Jahr 1946 ein, als James Vincent Senior, eine der weißen Hauptfiguren, vier Jahre alt ist. Auf der dritten Seite ist er bereits 31, auf der fünften fünfzig und auf der sechsten sechzig Jahre alt. Auf den Zeitraffer folgt auf der siebten Seite der Sprung ins Jahr 2009 und mit ihm die erzählerische Entschleunigung: "An einem sonnigen Nachmittag im August spielte James draußen im Garten mit Elijah Softball." Elijah ist der Enkel von James. Die kleine Winona, seine Enkelin, dümpelt derweil träge im Pool. Aber bevor die Katastrophe passiert, Winona beinahe ertrinkt, was die Kleine traumatisiert, Vater und Sohn entzweit und die Ehe zwischen Rufus und Claudia fast zerstört, lässt Regina Porter eine andere Katastrophe ihren Lauf nehmen.

Agnes Christie, eine der schwarzen Hauptfiguren, wird im Jahr 1966 von zwei weißen Polizisten vergewaltigt. In der Folge bricht sie die Beziehung zu ihrem Verlobten Claude ebenso ab wie die Freundschaft zu ihrer lesbischen Freundin Eloise, die sich als die Liebe ihres Lebens herausstellen wird, während Claude verhältnismäßig umstandslos entsorgt wird. Er stirbt zwei Jahre nach der Trennung von Agnes einen gewaltsamen Tod, bleibt aber auf sehr indirekte Weise präsent, weil Agnes ihre zweite Tochter Claudia nennen wird.

Im nächsten Kapitel folgt ein Monolog von Beverley, der älteren Tochter von Agnes, die selbst bereits Kinder hat, denn seit der Vergewaltigung von Agnes sind mehr als vierzig Jahre vergangen. Beverley ist Krankenschwester und sitzt während ihres Monologs zufällig am Krankenhausbett von James Vincent, der im nächsten Kapitel infolge der starken Medikamente, die ihm verabreicht wurden, in seine Kindheit zurückkehrt. Da sind wir aber erst auf Seite 43 und haben noch mehr als dreihundert Seiten dieser wild hakenschlagenden und tollkühn Verknüpfungen schaffenden Erzählweise vor uns. Die Ermordung von Martin Luther King, der Vietnam-Krieg, der Fall der Mauer, die glücklichen Jahre von Eloise in Berlin und vieles andere mehr müssen noch zurechtgefräst und eingepasst werden. Regina Porter arbeitet hart dafür. Sie schuftet Seite um Seite. Unermüdlich zeigt sie, was sie alles kann. Was sie noch lernen muss, ist nicht leicht: weniger zu wollen.

Regina Porter: "Die Reisenden". Roman.

Aus dem Amerikanischen von Tanja Handels.

Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2020. 384 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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dieses Romandebüt ist wirklich fulminant. Es fordert den sehr aufmerksamen Leser und ist zugleich ein Pageturner, eigentlich ein Widerspruch in sich. Jochen Schimmang taz 20200422