»Ein Glücksfall ausgereifter Erzählkunst« (Rüdiger Görner)
In der letzten Erzählung Stefan Zweigs – sie erschien nur wenige Monate vor seinem Freitod im Exil in Brasilien – treffen bei einem Schachspiel auf einem Passagierdampfer die Kontrahenten auch völlig unterschiedlicher Kulturen aufeinander. Der Großmeister Czentovic, machtbewußt, mit schlichtem Gemüt und nur an Bereicherung interessiert, steht dem rätselhaften Dr. B. gegenüber, der als ehemaliger Vermögensverwalter des österreichischen Adels und Klerus, in Gefangenschaft der Nationalsozialisten geriet. Im Kontrast zu seiner Isolationshaft, scheint der Wert menschlicher Kultur auf. In der Beschäftigung mit dem einzig-verfügbaren Buch, einem Schachrepetitorium, führt das immer intensivere Spiel gegen sich selbst allerdings zu einer Zuspitzung, die im geistigen Zusammenbruch endet.
Beim Spiel mit dem eigentlich unterlegenen Großmeister Czentovic, kommt es durch dessen an die Isolationshaft erinnernde, ja eigentlich anknüpfende Provokation zu einer Wiederholung des Zusammenbruchs …
Das letzte und bekannteste Werk Stefan Zweigs entstand zwischen den Jahren 1938 und 1941, wurde im brasilianischen Exil abgeschlossen und erschien zuerst in einer Auflage von 300 Exemplaren in Brasilien. Die Rahmenhandlung der Erzählung trägt biografische Züge. Auf einer Schiffspassage von Europa nach Lateinamerika kommt es auf dem Passagierdampfer zu einem Schachduell zwischen dem mitreisenden Schachweltmeister Centovic und einem geheimnisvollen Herren mittleren Alters, der durch eine aussergewöhnliche Weitsicht im Spiel auffällt. Dem Ich-Erzähler der Geschichte, wie Zweig selbst ein österreichischer Emigrant, offenbart Dr. B., der geheimnisvolle Herausforderer des Weltmeisters, seine Geschichte: Als Gefangener der Gestapo war er der Folter durch eine völlige Isolation ausgesetzt. Die deutschen Nationalsozialisten suchten ihm, dem im vor der deutschen Besetzung Österreichs bereits der austrofaschistischen Bedrohung ausgesetzen Rechtsanwalt, den Geheimnisverrat zum Verbleib der von ihm betreuten kirchlichen Vermögen zu erpressen. In der Situation der völligen geistigen Depravation rettet den Gefangenen zunächst eine Buch über berühmte Schachpartien. Er hatte es aus dem Mantel eines Gestapo-Mannes entwendet. Die intensive Beschäftigung im Nachvollziehen der Partien führt ihn weiter zu eigenen Fantasien von Schachpartieen, die er im Geiste in wechselnden Rollen auszuführen lernt. Schließlich aber bricht er unter dem Druck des sich zuspitzenden Rollenwechsels psychisch zusammen – er spricht selbst von einer ›Schachvergiftung‹ – und findet sich, erwachend, auf einer Krankenstation wieder.
Von der Situation auf dem Schiff, einer von dem Ich-Erzähler provozierten Schachpartie zwischen einer Gruppe von Spielern und dem Weltmeister Centoviz angeregt, tritt er zunächst als stiller Berater hinzu. Bei dem folgenden Duell mit dem Weltmeister, dem er haushoch überlegen ist, steigert er sich allerdings, nebenher immer mehr wiederum ein eigenes Spiel fantasierend, bis zu einer Wiederholung seiner psychischen Krise. Nur ein Einschreiten von Seiten des Ich-Erzählers schütz ihn vor dem unausweichlichen Nervenzusammenbruch.
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