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Warschau, 1943: Irma Seidenman hat sich gefälschte Papiere verschafft, um ihre jüdische Herkunft zu verschleiern – blond und blauäugig wie sie ist, lebt sie eine Zeit lang unbehelligt im ›arischen‹ Teil der Stadt. Doch ein ehemaliger Bekannter verrät sie, und die schöne Frau Seidenman wird von der Gestapo verhaftet. Es ist eines von vielen Warschauer Schicksalen, von denen Szczypiorski berichtet: Todgeweihte, Liebende, Denunzianten … Ein Roman wie ein Gemälde, voller Poesie und leisem Humor, scharf beobachtet und hier großartig interpretiert von Gert Westphal, dem "König der Vorleser".

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Produktbeschreibung
Warschau, 1943: Irma Seidenman hat sich gefälschte Papiere verschafft, um ihre jüdische Herkunft zu verschleiern – blond und blauäugig wie sie ist, lebt sie eine Zeit lang unbehelligt im ›arischen‹ Teil der Stadt. Doch ein ehemaliger Bekannter verrät sie, und die schöne Frau Seidenman wird von der Gestapo verhaftet. Es ist eines von vielen Warschauer Schicksalen, von denen Szczypiorski berichtet: Todgeweihte, Liebende, Denunzianten … Ein Roman wie ein Gemälde, voller Poesie und leisem Humor, scharf beobachtet und hier großartig interpretiert von Gert Westphal, dem "König der Vorleser".

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Autorenporträt
Andrzej Szczypiorski, geboren 1928 in Warschau, nahm 1944 am Aufstand dieser Stadt gegen die deutsche Besatzung teil, kam ins KZ, betätigte sich nach dem Krieg als Schriftsteller und Publizist und wurde Mitglied des Vorstandes des polnischen PEN-Clubs und des Schriftstellerverbandes. 1989 wurde er von Solidarnosc als Kandidat aufgestellt und vom Volk in den polnischen Senat gewählt. Er erhielt den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur und das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Szczypiorski starb 2000 in Warschau.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2004

Band 41
Für eine Prise Illusionen
Andrzej Szczypiorskis Roman „Die schöne Frau Seidenman”
Der Roman wirkt einfach gebaut, aber das Einfache stellt sich hier nur ein, weil ein kluger Erzähler, der bereits aus der Erfahrung von mehr als zehn Romanen schreiben konnte, souverän mit einem raffinierten Einfall umzugehen wusste. Die Geschichte scheint eine Botschaft zu haben, die zumal deutschen Lesern wohl tut, aber so einfach, wie sie manche haben wollten, ist es nicht mit ihr. Fast zwanzig Jahre sind vergangen, seit „Die schöne Frau Seidenman” in einem Exilverlag in Paris veröffentlicht wurde, sechzehn, seit der Roman auf dem Umweg über Deutschland in aller Welt zum Bestseller wurde, und vier, seit Szczypiorski, der sich mit ihm als populärer Kongressredner der europäischen Versöhnung profilierte, in Warschau gestorben ist. In dieser Zeit ist die Empörung niedergebrannt, den der Roman in Polen einst hervorrief, und deutschsprachige Leser von heute werden ihn aus anderen Gründen schätzen als jene von 1988.
Warschau im Jahr 1943: Polen ist seit Jahren okkupiert, die Leiden der Zivilbevölkerung sind entsetzlich, der Aufstand im Ghetto wird grausam niedergeschlagen, die Vernichtung der Juden geht in ihre letzte, beschleunigte Phase der „Endlösung”. In diese Szenerie der Gewalt stellt Szczypiorski seine Gestalten, mehr als zwanzig brüchige, widersprüchliche, ganz normale Menschen, die sich allesamt bewähren müssen oder versagen können - oder auf prekäre Weise beides tun. Alle sind sie in die Geschehnisse der Okkupation verstrickt, doch Szczypiorski zeigt sie nicht so, wie sie dem Klischee zufolge sein müssten: Da gibt es auch den Deutschen, der die Polen liebt, die fromm katholischen Polen, die sich als „Gaffer” anstellen, wenn Juden malträtiert werden, und den polnischen Kriminellen, der unter Lebensgefahr eine Jüdin aus dem Ghetto rettet.
Darin könnte man die schale Botschaft vernehmen, dass es eben auch in Zeiten des Krieges Würdige und Unwürdige gibt, dass auf allen Seiten Böse und Gute zu finden sind und, vor allem, viele, die aus bösen und guten Eigenschaften gemischt sind, sodass sich am Ende Täter und Opfer ungebührlich nahe geraten. Der große Erfolg in Deutschland mag ein wenig damit zu tun gehabt haben, dass von der Vernichtung der Juden erzählt wird, aber weder alle Deutschen sich daran beteiligen, noch es die Deutschen alleine sind, die das schändliche Werk vollziehen. Das Skandalon für polnische Leser lag hingegen darin, dass der Autor mutig den polnischen Antisemitismus thematisierte und danach fragte, ob sich nicht auch manche Polen schuldig gemacht hatten: Indem sie den Massenmord an den Juden, ihren Nachbarn seit jeher, ohne Mitgefühl hinnahmen.
Natürlich hat Szczypiorski seinen Roman über das Jahr 1943 mit dem Wissen geschrieben, das er vierzig Jahre später hatte. Aber er hatte den glänzenden Einfall, seinen allwissenden Erzähler nicht nur in die Gedanken und Seelen seiner Gestalten sehen, sondern ihn auch wissen zu lassen, was aus all diesen Figuren in ihrem weiteren Leben noch wurde. Der Roman führt über den historischen Moment, den er präzise fasst, hinaus; er zeigt seine Protagonisten Jahrzehnte später und spiegelt ihr Verhalten in der Stunde der Bewährung und des Verrats darin, wie es ihnen nach der nazistischen Barbarei erging. Dieser Erzähler weiß, wie wenig manchem seine Feigheit einbringen wird, dass sich Lauterkeit oft nicht bezahlt machte und den meisten, die überlebten, nicht viel mehr blieb als „eine Hand voll Leiden und eine Prise Illusionen”.
KARL-MARKUS GAUSS
Andrzej Szczypiorski
Foto: Isolde Ohlbaum
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»Andrzej Szczypiorski war ein hochkarätiger Literat, dessen reflexive, anschauliche Texte satt sind von Erlebtem und durchtränkt von einer schier übermenschlichen Menschlichkeit.« DER SPIEGEL