Ruth-Maria Thomas
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Die schönste Version (MP3-Download)
Ungekürzte Lesung. 374 Min.
Sprecher: Zahavi, Lili
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Die späten Nullerjahre, frühen 2010er Jahre in einer ostdeutschen Kleinstadt: Die schönste Version erzählt die Geschichte von Jella und Yannick, von der ersten großen Liebe, die alles richtig machen will. Bis es kippt. Wieder zurück in ihrem Kinderzimmer fragt Jella sich, wie es so weit kommen konnte. Sie schaut noch einmal genauer hin: auf ihr Aufwachsen in der Lausitz. Kleinstadt und Kiesgruben, Gangsterrap und Glitzerlipgloss. Auf Freundinnen, die sie durch so vieles trugen. Und auf den Moment, in dem Yannicks Hände sich um ihren Hals schlossen. Die schönste Version ist die Geschich...
Die späten Nullerjahre, frühen 2010er Jahre in einer ostdeutschen Kleinstadt: Die schönste Version erzählt die Geschichte von Jella und Yannick, von der ersten großen Liebe, die alles richtig machen will. Bis es kippt. Wieder zurück in ihrem Kinderzimmer fragt Jella sich, wie es so weit kommen konnte. Sie schaut noch einmal genauer hin: auf ihr Aufwachsen in der Lausitz. Kleinstadt und Kiesgruben, Gangsterrap und Glitzerlipgloss. Auf Freundinnen, die sie durch so vieles trugen. Und auf den Moment, in dem Yannicks Hände sich um ihren Hals schlossen. Die schönste Version ist die Geschichte eines Erwachens, Erkennens, Anklagens, eine große Introspektion: Ruth-Maria Thomas schreibt über das Frauwerden, Frausein, von Körpern, Begierden und tiefen Abgründen. Mit stilistischer Brillanz, großer Leichtigkeit und Drastik erzählt Ruth-Maria Thomas in ihrem funkelnden Debütroman von den schönsten Dingen. Und den schrecklichsten. "Ich hatte mir das alles anders vorgestellt: Yannick und ich hätten einfach nur in unserer schönen hellen Wohnung gelebt, viele Pflanzen, gesundes, kräftiges Grün. Es hätte für immer nach der Minze von unserem Balkon geduftet, wir hätten befreundete Pärchen gehabt, die zum Dinner zu uns gekommen wären, wir hätten Dinner gesagt, nicht Abendbrot. Lunch, Dinner, das wäre uns ganz leicht von den Lippen gegangen. Wir hätten gemeinsam Lasagne gekocht, mit Zitronenpfeffer. Unsere Gesichter wären rötlich gewesen von der Hitze der Herdplatten, dem Wein und unseren angeregten Gesprächen. Fin. Stattdessen liege ich hier in meinem alten Kinderzimmer mit pochendem Hals und einem entrückten Gefühl. Alles kaputt, nirgendwo Minze, keine Scheißlasagne."
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Ruth-Maria Thomas, 1993 geboren und in Cottbus aufgewachsen, war als Sozialarbeiterin in der Jugendhilfe tätig. Sie studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und ist Mitgründerin des erotischen Literaturmagazins Hot Topic!. 2022 war sie Finalistin des Open Mike. In ihren Texten, die u.¿a. im Rundfunk und in Literaturmagazinen erscheinen, beschäftigt sie sich immer wieder mit den Fallstricken weiblicher Sozialisation. Zuletzt erschien ihre Kurzgeschichte Glitzer in DAS GRAMM und wie ich frau bin bei SuKuLTuR.
Produktdetails
- Verlag: argon
- Erscheinungstermin: 16. Juli 2024
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783732476008
- Artikelnr.: 71178038
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Erst war Rezensentin Berit Dießelkämpfer skeptisch, was den Debütroman von Ruth-Maria Thomas angeht, fast zu gut klangen die Lobeshymnen in den sozialen Medien, aber die Buch-Influencer hatten tatsächlich recht, meint sie. Es geht um eine Endzwanzigerin in Ostdeutschland, Jella Nowak, die ihren nun Ex-Freund Yannick Brenner nach einer körperlichen Auseinandersetzung angezeigt hat, erfahren wir. "Brutal anmutig" schreibt Thomas über das ostdeutsch-weibliche Aufwachsen in den 00er-Jahren, die Kluft zwischen Männern, die sich als feministisch bezeichnen und solchen, die auch so handeln, und die Zerrissenheit ihrer Protagonistin, gefallen zu wollen, sich dafür aber permanent verstellen zu müssen, so Dießelkämpfer. Die "präzise Darstellung" dieser Ambivalenzen regt die Kritikerin an, sich den Lobeshymnen anzuschließen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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«[eine] Geschichte über eine junge Frau aus Ostdeutschland mit einer toxisch-gewaltvollen Beziehung. Jedes einzelne dieser drei Themen ist mittlerweile gut bearbeitet - aber kaum jemals so brutal anmutig, wie es sich Thomas vornimmt. Mit diesem Roman, der so mühelos die Erzählregister zwischen einer panisch atemlosen Sprache und einer ausgeruhten Sanftheit wechselt.» Berit Dießelkämper Die Zeit 20240919
Gebundenes Buch
Ruth-Maria Thomas beschreibt in Ihrem Roman das Erwachsenwerden Ihrer Protagonistin Jella. Den Fokus legt sie dabei vor allem auf Freundschaften bzw. Freundinnen und Beziehungen zu Männern.
Der Roman beginnt sehr romantisch, wird dann aber schnell traurig und bedrückend. Es ist eine …
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Ruth-Maria Thomas beschreibt in Ihrem Roman das Erwachsenwerden Ihrer Protagonistin Jella. Den Fokus legt sie dabei vor allem auf Freundschaften bzw. Freundinnen und Beziehungen zu Männern.
Der Roman beginnt sehr romantisch, wird dann aber schnell traurig und bedrückend. Es ist eine relativ schonungslose und direkte Darstellung der Dinge, die Teenagerinnen und jungen Frauen passieren können. Dabei gelingt es der Autorin extrem gut, zu beschrieben, wie viel Einfluss die Medien und das Frauenbild, das dort suggeriert wird, auf die Entwicklung von Mädchen haben. Was Jella und ihre Freundin alles unternehmen, um diesem Nachzueifern, klingt fast schon absurd, wäre es nicht so nah an meinem Alltag in diesem Alter.
Auch Themen wie die Gewaltspirale und Schuldfrage bei Gewalt in Beziehungen lässt Ruth-Maria Thomas nicht aus. Es gelingt ihr sehr glaubwürdig und respektvoll zu beschreiben, wie betroffene Frauen sich fühlen.
Mit Sicherheit ist dieser Roman nicht die schönste Version einer Jugend. Dafür aber eine sehr einfühlsame Darstellung der Herausforderungen für heranwachsende Mädchen, der mit Sicherheit seinen Beitrag leisten kann zur Veränderung des Frauenbildes in unserer Gesellschaft. Es würde mich nicht wundern, wenn sich dieser Roman unter den Nominierten für den nächsten Deutschen Buchpreis finden wird.
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Gebundenes Buch
Zwischen Jella und Yannick ist es die große Liebe, die gemeinsame Wohnung die Krönung, Jella träumt bereits von mehr. Bis zu einem Vorfall, der alles ändert. Jella zieht zurück zu ihrem Vater, in ihrem früheren Kinderzimmer erinnert sie sich an ihre Kindheit und …
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Zwischen Jella und Yannick ist es die große Liebe, die gemeinsame Wohnung die Krönung, Jella träumt bereits von mehr. Bis zu einem Vorfall, der alles ändert. Jella zieht zurück zu ihrem Vater, in ihrem früheren Kinderzimmer erinnert sie sich an ihre Kindheit und Jugend, geht Situationen noch einmal durch und fragt sich, wie es so weit kommen konnte, dass es dermaßen eskaliert. Erinnert sich an Yannicks Hände an ihrem Hals, denkt an ihre Todesangst und das folgende Gefühl.
„Ja, meine Güte, muss man jetzt nicht gleich überreagieren, kein Drama machen, nicht so hysterisch sein, wegen dieser Sache, die irgendwie schiefgegangen ist, also reiß dich mal zusammen, das war doch nichts. Wird schon wieder werden.“ (Seite 117)
Dieses Buch ist so schonungslos ehrlich, dass es wehtut. Aber nicht nur das, es macht mich auch wütend. So viele Situationen aus Jellas Jugend habe ich wiedererkannt, viele schmerzhafte Momente selbst erlebt. Glücklicherweise ist mir nie etwas ähnliches zugestoßen, dennoch konnte ich mitfühlen und nachvollziehen, wie es ihr geht. Der schreckliche Übergriff führt dazu, dass Jella endlich darüber nachdenkt, wie sie an einen Punkt in ihrem Leben kommen konnte, an dem es für sie nicht mehr weitergeht. Dies ist schmerzhaft, dies ist traurig und brutal, aber unumgänglich, denn ansonsten geht ihre Seele kaputt.
„Ich hatte alles unter Kontrolle. Und während ich alles so sehr unter Kontrolle hatte, zog gleichzeitig alles an mir vorüber und ich: so taub, dass ich kaum etwas spürte.“ (Seite 128)
Dieser Mix aus Coming of Age, Liebesgeschichte und Drama lässt mich tief berührt zurück. Der großartige Schreibstil und die manchmal unvollständigen Sätze, die umso mehr ins Schwarze treffen, weil man weiß, was die Autorin damit sagen will, bescherten mir ein intensives Leseerlebnis voller emotionaler Momente, die einen großen Eindruck hinterlassen haben. Danke dafür.
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Gebundenes Buch
Das Buch ist stellenweise schon harter Tobak, meiner Meinung nach. An manchen Stellen finde ich mich wieder und ich fand es sehr spannend, die Gedankengänge einer anderen Person zu lesen, der etwas Schlimmes widerfahren ist. Die Selbstzweifel, die langsam aufkeimende Scham, das Gutreden einer …
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Das Buch ist stellenweise schon harter Tobak, meiner Meinung nach. An manchen Stellen finde ich mich wieder und ich fand es sehr spannend, die Gedankengänge einer anderen Person zu lesen, der etwas Schlimmes widerfahren ist. Die Selbstzweifel, die langsam aufkeimende Scham, das Gutreden einer offensichtlich nicht rechten Situation. Da fragt man sich als Leser natürlich, woher kommen diese Zweifel an sich selbst, die Unfähigkeit, einzuschätzen, ob etwas rechtens war oder nicht, ob etwas wirklich schlimm war oder doch halb so wild? Vieles scheint bereits in der Kindheit und Jugend der Protagonistin falsch gelaufen zu sein. Komische Freunde, ein „schwacher“ Vater, der selbst nicht für sich einsteht, viel Freiheit, aber wenig Fürsorge und Disziplin. Auch wenn das Buch den Leser bedrückt, es kann aber auch zum Nachdenken anregen. Und zwar zum Nachdenken darüber, wie wir zukünftig unsere Kinder und vor allem Töchter erziehen und sozialisieren können, damit sie sich nicht selbst in Gefahr bringen.
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Gebundenes Buch
Toller Stil
In die schönste Version von Ruth-Maria Thomas geht es um Jella, die in den 90ern in einer ostdeutschen Kleinstadt aufgewachsen ist. Nachdem ihre große Liebe ihr gegenüber gewaltätig wird, landet sie wieder in ihrem Elternhaus und blickt darauf zurück wie es …
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Toller Stil
In die schönste Version von Ruth-Maria Thomas geht es um Jella, die in den 90ern in einer ostdeutschen Kleinstadt aufgewachsen ist. Nachdem ihre große Liebe ihr gegenüber gewaltätig wird, landet sie wieder in ihrem Elternhaus und blickt darauf zurück wie es soweit kommen konnte.
Der Autorin ist es gelungen ein sehr beeindruckendes Buch zu verfassen. Allein der Stil war sehr überzeugend. Es ist ein moderner Stil und er ist einzigartig, klar zu erkennen. Das macht begabte Literaten aus. Daneben gelingt es ihr auch eine eindringliche Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, wie sie viele Frauen täglich erleben. Frauen, die unter der Gewalt von Männern, häufig ihre eigenen Partner leiden. Ihr gelingt es diese Geschichte sehr authentisch in ihrer Vielschichtigkeit zu übermitteln. Zurecht nominiert für den deutschen Buchpreis!
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Gebundenes Buch
Das Cover des Buches, ein J-förmiger Ausschnitt des Gesichtes einer Frau auf hellrosa Grund, gefällt mir sehr gut und passt für mich auch zum Inhalt des Buches. Aus der Perspektive der Ich-Erzählerin Jella wird im Wesentlichen auf zwei Zeitebenen erzählt. Da ist die …
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Das Cover des Buches, ein J-förmiger Ausschnitt des Gesichtes einer Frau auf hellrosa Grund, gefällt mir sehr gut und passt für mich auch zum Inhalt des Buches. Aus der Perspektive der Ich-Erzählerin Jella wird im Wesentlichen auf zwei Zeitebenen erzählt. Da ist die Jetztzeit, in der Jella von ihrem Freund Yannick, mit dem sie eigentlich eine sehr innige Beziehung verbunden hat, gewürgt wird, woraufhin sie eine Anzeige bei der Polizei erstattet und in ihr Kinderzimmer in der Wohnung des Vaters zurückzieht.
Erzählt wird von den Tagen danach, in denen Jella versucht, das Unverständliche zu verstehen, nach Gründen sucht, die es für eine solche Tat nicht gibt und hin und hergerissen scheint zwischen dem Wunsch doch wieder Kontakt mit Yannick zu haben und dem Gefühl, dass das was passiert ist unverzeilich ist. Unterbrochen wird diese Erzählebene durch Rückblenden in die Jugend von Jella, vor allem zur Entwicklung ihrer Sexualität, in der es auch früher schon Gewalterfahrungen gab.
Der Schreibstil des Buches -es ist im wesentlichen kurzen und prägnanten Sätzen geschrieben - hat mir sehr gut gefallen und dazu beigetragen, dass ich das Buch in kurzer Zeit gelesen habe.
Die Storys selbst blieb mir etwas zu eindimensional, insbesondere in den Passagen, die sich im wesentlichen auf die Aufzählung früherer Sexualpartner zu beschränken schien.. Andererseits waren es wohl genau diesen Begebenheiten und Erfahrungen die prägend für das Erleben von Jella in der Jetztzeit und auch ihr Selbstverständnis waren. Trotzdem finde ich etwas schade, dass andere Themen, wie die Trennung der Eltern oder die Entwurzelung durch den Verlust der Heimat aufgrund des Bergbaus und die immer noch spürbaren Unterschiede zwischen Ost und West, nur angerissen wurden.
Trotzdem ein Buch, was ich gerne gelesen habe, auch weil es mich an vielen Stellen zum Nachdenken über meine eigene Biografie gebracht hat.
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Gebundenes Buch
Im Schlammbecken der misogynen Gesellschaft hilft auch keine schönste Version
Mit „Die schönste Version“, erschienen 2024 bei Rowohlt Hundert Augen, ist Ruth-Maria Thomas ein polarisierender Roman gelungen, der auf jeden Fall Emotionen weckt. Die Bandbreite in meinem …
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Im Schlammbecken der misogynen Gesellschaft hilft auch keine schönste Version
Mit „Die schönste Version“, erschienen 2024 bei Rowohlt Hundert Augen, ist Ruth-Maria Thomas ein polarisierender Roman gelungen, der auf jeden Fall Emotionen weckt. Die Bandbreite in meinem Bekanntenkreis geht dabei von Ekel und Abwehr hin zu purer Begeisterung – Spoiler: Ich reihe mich bei Begeisterung ein.
Was hat es auf sich mit der schönsten Version? Die Protagonistin Jella hat eine Beziehung mit Yannick, die von Anfang an unter dem Deckmantel romantischer Verheißung sehr problematisch ist – und immer mehr eskaliert, bis sich ein nicht mehr schönzuredener Übergriff ereignet. So weit, so bekannt – das Besondere an diesem Buch ist, wie genau und schonungslos ehrlich Ruth-Maria Thomas den Weg dahin zeichnet – und damit ins Herz unserer misogynen Gesellschaft blickt, in der weiblich gelesenen Menschen noch immer vermittelt wird, dass sie auf keinen Fall genug sind, so wie sie sind und dass sie immer Aufwand betreiben müssen, um zu gefallen, immer arbeiten müssen, immer besser werden müssen, auf keinen Fall einfach nur so sein können, wie sie sind, immer herausfinden müssen, was ihr Gegenüber sich gerade von ihnen wünscht und das dann anbieten müssen: Die schönste Version ihrer Selbst.
Das Härteste an dem Buch ist dabei diese Normalität, die unter allem liegt – und dass mich einfach gar nichts überrascht. Ich kenne das alles, es ist das, was immernoch große Teile der Mann-Frau-Beziehungen ausmacht. Auch die Eskalation habe ich vergleichbar erlebt.
Und diese ganze Täter-Rhetorik, mit der wir weiblich gelesenen Menschen aufwachsen, die wir von Anfang an inhalieren und zu unserer Wahrheit machen – und oft ein ganzes Leben brauchen, um uns davon zu befreien. Wie kann es sein, dass wir unseren Wert anhand von Männern definieren, warum sind wir dazu da, dass es ihnen gut geht? Das Patriarchat haut so dermaßen durch in diesem Werk. Erschreckend, dass die Protagonistin zu keinem Zeitpunkt wirkliche Lust erlebt oder Selbstbestimmung. Selbst als sie sich daran versucht, opfert sie sich nur und dreht das System nur scheinbar um, schadet sich dadurch aber nur noch mehr. Viele Teile davon kenne ich auch, kennt jede Frau. Hier auf die Spitze getrieben in einer endlosen Reihung. Wie sogar eine klare Vergewaltigung noch mit Täter-Rhetorik bagatellisiert wird durch sie selbst, es ist einfach erschütternd. Ruth-Maria Thomas beschreibt das so gut, schreibt so dicht und so nüchtern, daraus entsteht eine karge Härte, die mich total berührt.
Ich weiß nicht, ob auch von anderen Menschen verfolgt wird, wie sehr aktuell Gewalt gegen Frauen wieder zunimmt. Nicht, dass sie je wenig gewesen wäre. Wenn mensch sich durch dieses Buch gekämpft hat, dann ist klar, warum es so wichtig ist, Femizide genau so zu bezeichnen und nicht als Beziehungstat oder Eifersuchtsmord. Die Zahl der Femizide und der täglichen Gewalttaten an Frauen ist auch in Deutschland viel zu hoch (jede Zahl mehr als 0 wäre das), die Euphemismen, die täglich gebraucht werden, unendlich, die psychische Gewalt und Diskriminierung, die wir erfahren, einfach unerträglich. Wir leben in einer strukturell misogynen Gesellschaft. Das muss endlich aufhören. Ruth-Maria Thomas schreibt dieses Elend einfach perfekt zusammen. Und auch wenn sie mich gegen Ende einmal kurz verloren hat, weil ich eine Volte, die sie schlägt, wirklich nicht mehr glaubhaft und begründbar fand:
Vor uns liegt ein bewegendes, aufrüttelndes Buch, dem ich viele Leser:innen wünsche, vor allem aber viele Leser. Es ist Zeit, aufzustehen gegen die Misogynie, gegen das, was wir von klein auf lernen: Dass wir gefallen sollen – und dass es unsere Schuld ist, wenn das nicht klappt. Und, das ist das Schlimmste: Dass wir dann nichts wert sind. Beenden wir das. Nicht die schönste Version sein. Wir sind genug. Wir müssen niemandem gefallen. Außer uns selbst.
Warum es Feminismus braucht? Lest dieses Buch.
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Gebundenes Buch
Feministische Grenzüberschreitung
Der Debütroman «Die schönste Version» von Ruth-Maria Thomas greift ein Thema auf, das so alt ist wie die Menschheit, die Beziehung zwischen Mann und Frau, hier allerdings in einer toxischen Variante. Das Buch wurde für den …
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Feministische Grenzüberschreitung
Der Debütroman «Die schönste Version» von Ruth-Maria Thomas greift ein Thema auf, das so alt ist wie die Menschheit, die Beziehung zwischen Mann und Frau, hier allerdings in einer toxischen Variante. Das Buch wurde für den Deutschen Buchpreis nominiert und von den Feuilletons wie auch in Leser-Kommentaren positiv aufgenommen, weil es das Entstehen einer toxische Beziehung und deren Vorbedingungen plausibel und in einer tiefgründigen, geradezu sezierenden Weise offen legt.
Gleich zu Beginn des Romans eskaliert ein heftiger Streit der Studentin Jella mit ihrem eifersüchtigen Freund Yannick, der sie eine Hure nennt und handgreiflich wird. Das Gerangel der Beiden endet damit, dass er sie würgt und ihr dabei Mund und Nase zuhält, sie droht zu ersticken. In Todesangst greift sie nach einer Pfeffermühle und schlägt sie ihm auf den Kopf, woraufhin er sie loslässt. Jella flieht aus der Wohnung und sucht Hilfe bei einer gerade vorbei kommenden Joggerin, die ihr dringend rät, zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten. Was sie, nach kurzem Zögern, dann auch tut. In Rückblenden erzählt Jella von ihrer Jugend in einem kleinen Städtchen in der Lausitz, das von Kiesgruben bedrängt ist. Ihre Mutter ist vor der Tristesse der ländlichen Umgebung in die Stadt geflüchtet, Jella wohnt nun bei ihrem wortkargen, genügsamen Vater. Sie gehört zu den Digital Natives, ist eine gute Schülerin und, wie ihre Freundinnen auch, an Kleidern und Kosmetika interessiert, will den Jungens gefallen. Ihre Unschuld verliert sie bei einer Vergewaltigung, hat dann einige One-Night-Stands und trifft schließlich auf den deutlich älteren Yannick. Er ist zeichnerisch begabt, fühlt sich als Künstler, muss aber für seinen Lebensunterhalt arbeiten gehen. Ihre Liebe ist wie ein Rausch, Jella erlebt eine beglückende Sexualität, sie können beide nicht genug voneinander bekommen. Als sie schließlich zusammen eine Wohnung mieten, scheint Jellas Glück vollkommen.
In dieser Geschichte einer schwierigen Frauwerdung wird ungeschönt und in einer das Milieu stimmig abbildenden Sprache geschildert, wie die Protagonistin vergeblich versucht, ihr Leben ‹auf die Reihe zu bekommen›. Sie taumelt mit ihren Freundinnen mächtig ‹aufgedonnert› und alkoholisiert von Party zu Party, ist aber immer enttäuscht von den Männern, mit denen sie sich dabei abgibt, weil deren Motive durchschaubar und deprimierend zugleich sind. Jella ist durch kitschige weibliche Ideale geprägt, die sie mit Yannis als verwirklicht betrachtet, bis alltäglicher Zwist die vermeintliche Idylle zunehmend stört, was bei Beiden zu wachsender Aggressivität und schließlich zu der gewalttätigen Grenzüberschreitung führt. Entsetzt versucht Jella, die wieder zu ihrem Vater gezogen ist, die erlittene Gewalt herunterzuspielen. Sie habe ja schließlich kein blaues Auge abbekommen und keine äußerlichen Verletzungen erlitten, sie sei ja nicht verprügelt worden, - also alles halb so schlimm? Sie überlegt sogar ernsthaft, ihre Strafanzeige zurückzuziehen, will sich wieder mit Yannis versöhnen, sie haben doch so gut zusammen gepasst, und er war immer so liebevoll zu ihr.
Die Autorin versteht es, die sentimentalen Träume ihrer desorientierten Heldin bis in die tiefsten Abgründe auszuleuchten, ohne je auf vorgezeichnete psychologische Deutungsmuster zurück zu greifen. Sie schildert vielmehr, mit dem authentisch klingenden Vokabular ihrer jungen Protagonistin, im Jugendsprech der Millenniels also, deren widersprüchliche Prägungen, die sie zu allerlei realitätsfernen Gedankengängen verleiten. Leider aber führen ihre chaotischen Traumbilder Jella nicht zu einem stimmigen Lebensentwurf hin, da passt Vieles nicht zusammen in ihrem Weltbild. Es ist die für «ältere Semester» unter den Lesern bereichernde, minutiöse Darstellung dieser inneren Zerrissenheit, die den in seinem Plot ziemlich spannend angelegten, feministischen Roman zu einer empfehlenswerten Lektüre machen.
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Gebundenes Buch
Anders
„Ich hatte mir alles anders vorgestellt“, heißt es in dem Roman. Ich mir auch.
Jella wächst in den Nullerjahren in der Lausitz auf. Dort macht sie als Jugendliche ihre ersten Erfahrungen mit Männern, die alles andere als positiv sind. Bis sie Yannick …
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Anders
„Ich hatte mir alles anders vorgestellt“, heißt es in dem Roman. Ich mir auch.
Jella wächst in den Nullerjahren in der Lausitz auf. Dort macht sie als Jugendliche ihre ersten Erfahrungen mit Männern, die alles andere als positiv sind. Bis sie Yannick kennenlernt. Yannick ist 10 Jahre älter als Jella. Er verkörpert genau den Mann, den Jella sich immer gewünscht hat: zuvorkommend, sehr gut erzogen, hervorragende Umgangsformen und intelligent. Jella tut alles, damit die Beziehung gut gelingt, ja, damit sie die schönste Version dessen wird, was sie sich vom Leben so vorstellt. Dazu gehört auch, dass Jella nicht mehr Jella ist. Sie verstellt sich, damit Yannick sie weiterhin liebt und mit ihr zusammenbleibt. Doch der Alltag holt die beiden ein. Sie streiten sich immer öfter und geraten dabei auch körperlich aneinander. Und dann geschieht das Unfassbare: Yannick erwürgt Jella fast. Jella erstattet Anzeige und zieht zurück zu ihrem Vater. In ihrem Kinderzimmer macht sie sich Gedanken, warum alles so kommen konnte, wie es nun einmal geschehen ist.
Und genau die Frage hätte mich interessiert: Wie konnte geschehen? Irgendwie bekommt man als Leser schon eine Antwort, aber die war so ganz anders, als ich mir das nach dem Klappentext so vorgestellt hatte. Zwar ist der Schreibstil flüssig und leicht zu lesen, mir aber viel zu vulgär. Jella ruft sich alle ihre sexuellen Beziehungen ins Gedächtnis zurück. Dabei hatte ich das Gefühl, eher einen Porno zu lesen. So etwas hatte ich nicht erwartet. Der Inhalt konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen, aber vielleicht bin ich in meinem fortgeschrittenen Alter auch einfach nicht die Zielgruppe.
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Gebundenes Buch
Jella und Yannick führen eine Beziehung, die nach außen hin perfekt wirkt. Hinter der Fassade sieht das jedoch anders aus. Mit und mit wird die Beziehung immer toxischer, bis auch Gewalt eine Rolle spielt. Dennoch gibt es weiter auch schöne Momente, was die Situation sehr kompliziert …
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Jella und Yannick führen eine Beziehung, die nach außen hin perfekt wirkt. Hinter der Fassade sieht das jedoch anders aus. Mit und mit wird die Beziehung immer toxischer, bis auch Gewalt eine Rolle spielt. Dennoch gibt es weiter auch schöne Momente, was die Situation sehr kompliziert macht. Wird Jella es schaffen, sich von Yannick loszulösen und zu heilen?
Die Geschichte von Jella hat mich sehr berührt in ihrer Echtheit. Der Schreibstil ist für mich sehr authentisch und besonders. Die Beschreibung der Ereignisse in Gegenwart und Vergangenheit ist sehr nachvollziehbar und fesselnd geschrieben. Im Gegensatz zu häufig sehr übertriebenen und unrealistischen Liebesgeschichten, die man in Liebesromanen liest, hebt sich Jellas Geschichte sehr davon ab. Ihr Charakter ist wirklich facettenreich. Ich schließe das Buch und habe so viel Respekt vor ihr und bin in die Geschichte sehr tief eingetaucht.
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Gebundenes Buch
DIE SCHÖNSTE VERSION
Ruth-Maria Thomas
Der Streit zwischen der Studentin Jella und ihrem zehn Jahre älteren Freund Yannick eskaliert. Seine Hände umklammern ihre Kehle und nehmen ihr die Luft zum Atmen. Erst in letzter Sekunde kann sie sich befreien.
Kurzentschlossen findet sie …
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DIE SCHÖNSTE VERSION
Ruth-Maria Thomas
Der Streit zwischen der Studentin Jella und ihrem zehn Jahre älteren Freund Yannick eskaliert. Seine Hände umklammern ihre Kehle und nehmen ihr die Luft zum Atmen. Erst in letzter Sekunde kann sie sich befreien.
Kurzentschlossen findet sie sich auf dem Polizeirevier wieder, um Hilfe und Zuspruch zu erhalten. Doch da sie Yannick mit einer Pfeffermühle geschlagen hatte – aus Notwehr, damit er aufhört, sie zu würgen – wird ihr vom Polizisten, der sich keine Notizen macht, eine Mitschuld zugeschrieben.
Sie zieht kurzerhand wieder zu ihrem Vater in die Plattenbausiedlung und ist geneigt, Yannick zu verzeihen, denn eigentlich gab es ja auch viele schöne Momente in ihrer Beziehung …
„Und dann. Danach. Das Abtun, als wäre nichts gewesen. Als würdest du übertreiben. Dann wirst du selbst unsicher, zweifelst, bekommst das Gefühl, dass du deiner eigenen Angst nicht mehr vertrauen kannst. Und dann. Wischst auch du es weg, als wäre es nichts, nur ein Teil des Streits, keine lebensbedrohliche Situation, die dich verfolgt, bis in deine Träume.“ (S. 259)
In Rückblicken erfahren wir, wie Jella in einer ostdeutschen Kleinstadt aufwächst, wie ihre Mutter sie und ihren Vater früh verlässt, da sie lieber in Berlin leben möchte. Jella entscheidet sich dafür, bei ihrem Vater zu bleiben. Sie besucht die Schule, lernt dort ihre Freundinnen kennen und verliebt sich mit 15 Jahren in einen sehr viel älteren Jungen, der sie erstmals sexuell unter Druck setzt und erpresst.
Wir erleben mit, wie sie Weihnachten sturzbetrunken einem jungen Mann „Nein“ sagt und dieser das „Nein“ ignoriert.
Als Jella Jahre später Yannick kennenlernt, hoffen wir, dass sie endlich ihre große Liebe gefunden hat und zur Ruhe kommt. Doch schnell erkennen wir als Leser, dass Yannick narzisstische Züge hat, die die verliebte Jella völlig ignoriert.
Was für ein krasser Roman. Dieses Buch über eine toxische Beziehung ist wie ein Paukenschlag und ist zu Recht für den Deutschen Buchpreis 2024 nominiert. Für mich ist es jetzt schon ein großes Highlight.
Ich bin nur so durch die Seiten geflogen, habe Jella nicht immer verstanden, aber dennoch mit ihr gelitten.
Chapeau, Ruth-Maria Thomas, was für ein Debüt! Ich drücke Ihnen für den Deutschen Buchpreis 2024 fest die Daumen.
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