Billy, Cop im New Yorker Police Department, tritt immer erst nach Mitternacht seinen Dienst an. Energy-Drinks und Zigaretten halten ihn wach, während er gelangweilt die Blocks abfährt. Seine Illusionen hat er bereits als junger Cop verloren, als er einen skrupellosen Mörder nicht überführen konnte. Billy und seine damaligen Kollegen nannten solche Täter die 'Unantastbaren'. Zwanzig Jahre später wird Billy nach einem brutalen Mord von der Vergangenheit eingeholt. Plötzlich muss er gegen seine engsten Vertrauten ermitteln und gerät in einen existenziellen Gewissenskonflikt. Ein fesselnder New-York-Roman über Schuld und Sühne - filmisch und explosiv. Lesung mit Oliver Rohrbeck und David Nathan 7 CDs ca. 560 min
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Mit fabelhaftem Sprachgespür [...] schildert Price [...] die Polizeiarbeit als Kampf mit dem Bösen, indem es verteufelt schwer ist, eine Guter zu bleiben. Wolfgang Höbel LiteraturSpiegel 20151101
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.12.2015Das Regionale ist das Globale
Krimis in Kürze: Döblin, Price, Kerrigan & Berndorf
Auch große Bücher haben mal in kleinen Portionen angefangen: als Fortsetzungs- oder Feuilletonroman. Dostojewskis "Brüder Karamasow" oder Dickens' "Oliver Twist" zum Beispiel, nicht zu vergessen Conan Doyles "Sherlock Holmes". Geduldsspanne und Leseverhalten haben sich jedoch seither derart verändert, dass man heute selbst die Cliffhanger von Serien nicht mehr erträgt. Man schaut, beim "Binge Watching", einfach so viele Folgen hintereinander, wie man physisch und psychisch verkraftet.
Ein Kriminalroman als Fortsetzungsgeschichte kann daher nur eine Neuauflage sein, wie es "Die verschlossene Tür. Kriminalrat Koppens seltsamster Fall" (Verlag für Berlin-Brandenburg, 104 S., geb., 14,99 [Euro]) auch ist. Im Sommer 1932 versammelte Willy Haas in seiner "Literarischen Welt" acht Autoren, sehr bekannte wie heute längst vergessene, darunter Alfred Döblin, Richard Huelsenbeck, Edlef Köppen oder Frank Arau, zu einem Kriminalroman, gekoppelt mit einem Preisausschreiben. Jeder sollte dort weitererzählen, wo der Vorgänger aufgehört hatte. Das ging nach dem Auftaktmord in einer Grunewaldvilla nicht lange gut. Das Projekt kippte rasch, wie Erhard Schütz in seinem Nachwort schreibt, in "ein selbstbezügliches Literatenspiel" um. Aus dem "Jux" ist nun ein sehr interessantes zeitgeschichtliches Dokument geworden. Wenn allerdings heute noch jemand meint, ein Kriminalroman schreibe sich wie von selbst, kommt nur ein so behäbiges und unbedarftes Buch wie Sibylle Lewitscharoffs "Killmousky" dabei heraus.
Heute gibt es halt auch Autoren wie Richard Price, der an "The Wire" mitgearbeitet und Romane wie "Clockers" oder "Cash" geschrieben hat. Sein neuer Roman, "Die Unantastbaren" (S. Fischer, 432 S., geb., 24,99 [Euro]), ist, auch wenn es Ermittlungen und die Aufklärung eines Falls gibt, nicht allein vom Plot getrieben. Die Handlung befeuert eine Energie, die sich aus der Besessenheit der Protagonisten speist. Billy Graves und seine Freunde, die sich die "Wildgänse" nennen, waren Mitte der neunziger Jahre junge Cops in der East Bronx, erfolgreich, immer am Rande des Dienstwegs. "Sie wandelten in den Augen der Menschen, die sie beschützten und gelegentlich rächten, wie Götter durch ihre Straßen", schreibt Price mit jener leichten Überhöhung, die er sich ab und an und gut dosiert leistet.
Die Obsession einer jeden "Wildgans" ist ein "Unantastbarer". Jeder hat einen Verbrecher, einen Mörder im Blick, der irgendwie davongekommen ist, obwohl seine Schuld evident war; jeder hofft, dass die Stunde der Rache schlagen wird, und ist auch bereit nachzuhelfen. Für Billy sind die alten Freunde und ihre Ansprüche eher eine Last. Der Roman begleitet ihn, der die Nachtschicht der New Yorker Polizei leitet, auf seiner moralischen Achterbahnfahrt. Und Price Prosa ist dabei das Präzisionsinstrument, um zersiedelte Stadtlandschaften und banale Innenräume in ein besonderes Licht zu setzen, um Menschen zu porträtieren, ihr Innenleben im Außen sichtbar werden zu lassen und Dialoge zu schreiben, die den Cops, Dealern, Kleingaunern, Huren, Hausmeistern oder Nachtschwärmern eine Stimme geben.
Auch Gene Kerrigan hat eine ganz besondere Beziehung zu seiner Stadt: zu Dublin. Und man spürt bei dem gelernten politischen Journalisten die Wut darüber, was die Finanzkrise hier angerichtet hat. "In der Sackgasse" (Polar Verlag, 320 S., br., 14,90 [Euro]) spielt im Jahr 2009. Geschichte und Figuren sind nach den Archetypen der Schwarzen Serie geformt zu einem ganz eigenständigen Irish Noir. Danny Callaghan ist ein klassisch ambivalenter Held, der auf dem College war, der im Knast gesessen hat und der, wie das so läuft, dann doch wieder in etwas Unangenehmes hineingerät. Kerrigan erzählt das nicht brav und linear, er wechselt die Zeitebenen, er entwirft einen verästelten Plot mit Figuren, die nicht nur Staffage bilden; er zeigt, wie Ökonomie und Verbrechen miteinander verschränkt sind, wo es um Marktanteile im Drogenhandel und um Geldwäsche geht. Und er hat einen ausgeprägten Sinn für bizarre Details und knappe Wortwechsel, die einfach sitzen.
Jacques Berndorf gehört zu den Veteranen des Regionalkrimis. Er hat die Eifel-Serie erfunden, aber seit zehn Jahren schickt er auch den BND-Mann Karl Müller in die etwas weitere Welt. "Lockvogel" (Heyne, 352 S., geb., 19,99 [Euro]) erzählt von heftigen Reibereien zwischen dem BND und amerikanischen Diensten, und er handelt auch vom Versuch, junge Deutsche für den islamistischen Terrorismus anzuwerben. Das Setting ist recht exotisch - Mallorca, Jemen, Pakistan -, die Handlungsführung nicht gerade filigran, aber solide und etwas zu vorhersehbar. Berndorfs Figuren passen zur Schlichtheit und Floskelhaftigkeit seiner Prosa. Vor allem aber ist der Plot nicht annähernd so brisant, wie man sich das erhofft hatte. Was schade ist, da man zurzeit nicht nur Reportagen und Recherchen, sondern auch gute, packende Fiktion aus dem undurchsichtigen Milieu der Anwerber, Schläfer und der überwachenden Dienste durchaus lesen möchte.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Döblin, Price, Kerrigan & Berndorf
Auch große Bücher haben mal in kleinen Portionen angefangen: als Fortsetzungs- oder Feuilletonroman. Dostojewskis "Brüder Karamasow" oder Dickens' "Oliver Twist" zum Beispiel, nicht zu vergessen Conan Doyles "Sherlock Holmes". Geduldsspanne und Leseverhalten haben sich jedoch seither derart verändert, dass man heute selbst die Cliffhanger von Serien nicht mehr erträgt. Man schaut, beim "Binge Watching", einfach so viele Folgen hintereinander, wie man physisch und psychisch verkraftet.
Ein Kriminalroman als Fortsetzungsgeschichte kann daher nur eine Neuauflage sein, wie es "Die verschlossene Tür. Kriminalrat Koppens seltsamster Fall" (Verlag für Berlin-Brandenburg, 104 S., geb., 14,99 [Euro]) auch ist. Im Sommer 1932 versammelte Willy Haas in seiner "Literarischen Welt" acht Autoren, sehr bekannte wie heute längst vergessene, darunter Alfred Döblin, Richard Huelsenbeck, Edlef Köppen oder Frank Arau, zu einem Kriminalroman, gekoppelt mit einem Preisausschreiben. Jeder sollte dort weitererzählen, wo der Vorgänger aufgehört hatte. Das ging nach dem Auftaktmord in einer Grunewaldvilla nicht lange gut. Das Projekt kippte rasch, wie Erhard Schütz in seinem Nachwort schreibt, in "ein selbstbezügliches Literatenspiel" um. Aus dem "Jux" ist nun ein sehr interessantes zeitgeschichtliches Dokument geworden. Wenn allerdings heute noch jemand meint, ein Kriminalroman schreibe sich wie von selbst, kommt nur ein so behäbiges und unbedarftes Buch wie Sibylle Lewitscharoffs "Killmousky" dabei heraus.
Heute gibt es halt auch Autoren wie Richard Price, der an "The Wire" mitgearbeitet und Romane wie "Clockers" oder "Cash" geschrieben hat. Sein neuer Roman, "Die Unantastbaren" (S. Fischer, 432 S., geb., 24,99 [Euro]), ist, auch wenn es Ermittlungen und die Aufklärung eines Falls gibt, nicht allein vom Plot getrieben. Die Handlung befeuert eine Energie, die sich aus der Besessenheit der Protagonisten speist. Billy Graves und seine Freunde, die sich die "Wildgänse" nennen, waren Mitte der neunziger Jahre junge Cops in der East Bronx, erfolgreich, immer am Rande des Dienstwegs. "Sie wandelten in den Augen der Menschen, die sie beschützten und gelegentlich rächten, wie Götter durch ihre Straßen", schreibt Price mit jener leichten Überhöhung, die er sich ab und an und gut dosiert leistet.
Die Obsession einer jeden "Wildgans" ist ein "Unantastbarer". Jeder hat einen Verbrecher, einen Mörder im Blick, der irgendwie davongekommen ist, obwohl seine Schuld evident war; jeder hofft, dass die Stunde der Rache schlagen wird, und ist auch bereit nachzuhelfen. Für Billy sind die alten Freunde und ihre Ansprüche eher eine Last. Der Roman begleitet ihn, der die Nachtschicht der New Yorker Polizei leitet, auf seiner moralischen Achterbahnfahrt. Und Price Prosa ist dabei das Präzisionsinstrument, um zersiedelte Stadtlandschaften und banale Innenräume in ein besonderes Licht zu setzen, um Menschen zu porträtieren, ihr Innenleben im Außen sichtbar werden zu lassen und Dialoge zu schreiben, die den Cops, Dealern, Kleingaunern, Huren, Hausmeistern oder Nachtschwärmern eine Stimme geben.
Auch Gene Kerrigan hat eine ganz besondere Beziehung zu seiner Stadt: zu Dublin. Und man spürt bei dem gelernten politischen Journalisten die Wut darüber, was die Finanzkrise hier angerichtet hat. "In der Sackgasse" (Polar Verlag, 320 S., br., 14,90 [Euro]) spielt im Jahr 2009. Geschichte und Figuren sind nach den Archetypen der Schwarzen Serie geformt zu einem ganz eigenständigen Irish Noir. Danny Callaghan ist ein klassisch ambivalenter Held, der auf dem College war, der im Knast gesessen hat und der, wie das so läuft, dann doch wieder in etwas Unangenehmes hineingerät. Kerrigan erzählt das nicht brav und linear, er wechselt die Zeitebenen, er entwirft einen verästelten Plot mit Figuren, die nicht nur Staffage bilden; er zeigt, wie Ökonomie und Verbrechen miteinander verschränkt sind, wo es um Marktanteile im Drogenhandel und um Geldwäsche geht. Und er hat einen ausgeprägten Sinn für bizarre Details und knappe Wortwechsel, die einfach sitzen.
Jacques Berndorf gehört zu den Veteranen des Regionalkrimis. Er hat die Eifel-Serie erfunden, aber seit zehn Jahren schickt er auch den BND-Mann Karl Müller in die etwas weitere Welt. "Lockvogel" (Heyne, 352 S., geb., 19,99 [Euro]) erzählt von heftigen Reibereien zwischen dem BND und amerikanischen Diensten, und er handelt auch vom Versuch, junge Deutsche für den islamistischen Terrorismus anzuwerben. Das Setting ist recht exotisch - Mallorca, Jemen, Pakistan -, die Handlungsführung nicht gerade filigran, aber solide und etwas zu vorhersehbar. Berndorfs Figuren passen zur Schlichtheit und Floskelhaftigkeit seiner Prosa. Vor allem aber ist der Plot nicht annähernd so brisant, wie man sich das erhofft hatte. Was schade ist, da man zurzeit nicht nur Reportagen und Recherchen, sondern auch gute, packende Fiktion aus dem undurchsichtigen Milieu der Anwerber, Schläfer und der überwachenden Dienste durchaus lesen möchte.
PETER KÖRTE
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