»Insofern war es nicht weiter verwunderlich, dass er auch um sechzehn Uhr dreißig noch nicht die leiseste Ahnung hatte, woran Frau Nitnoy gestorben war. Dafür hatte er eine ellenlange Liste von Dingen beisammen, die als Ursache getrost ausgeschlossen werden konnten. … Er hatte von forensischen
Pathologen gelesen, die bei der Lösung solcher Rätsel regelrecht zu Hochform aufliefen. Er gehörte…mehr»Insofern war es nicht weiter verwunderlich, dass er auch um sechzehn Uhr dreißig noch nicht die leiseste Ahnung hatte, woran Frau Nitnoy gestorben war. Dafür hatte er eine ellenlange Liste von Dingen beisammen, die als Ursache getrost ausgeschlossen werden konnten. … Er hatte von forensischen Pathologen gelesen, die bei der Lösung solcher Rätsel regelrecht zu Hochform aufliefen. Er gehörte bislang nicht zu ihnen.«
Laos, im Jahr 1976. Dr. Siri Paiboun hatte nach einem arbeitsreichen Leben eigentlich auf eine Rente und einen erholsamen Ruhestand gehofft. Doch die kommunistische Partei, die erst kürzlich die Macht im Land übernommen hat, versorgt den 72jährigen mit einer neuen Aufgabe: Er wird zum Leichenbeschauer von ganz Laos ernannt. Notgedrungen schickt Siri sich, aber tut sich mangels Erfahrung und vernünftiger Ausrüstung sehr schwer. Über fehlende Arbeit kann er sich hingegen nicht beklagen, denn kurz hintereinander stirbt eine hochgestellte Genossin bei einem Festessen und in einem See werden drei Männer gefunden, die offenbar unter höchst mysteriösen Umständen ums Leben gekommen sind.
Ich hatte mich auf diesen Krimi sehr gefreut, der Schauplatz reizte mich enorm und auch der höchst ungewöhnliche Ermittler klang vielversprechend.
Tatsächlich betrat ich beim Lesen des Buchs eine ganz besondere Welt. Ich hatte keine Ahnung, was mich im Laos Mitte der siebziger Jahre erwarten würde, aber die Atmosphäre wirkte sehr stimmig und vermittelte zahlreiche Eindrücke der kulturellen und politischen Situation.
Siri war mir sehr sympathisch. Ein Mann mit eigenem Kopf, der durchaus kritisch aber immer mit humorvollem Unterton agiert. Wenn er mit Hilfe von uralten französischen Lehrbüchern versucht, eine Todesursache zu ermitteln, ist das engagiert und unterhaltsam zugleich.
Auch einige der Nebencharaktere mochte ich, insbesondere die beiden Mitarbeiter Siris, so wie er auch ziemlich ausgefallene Charaktere.
Was mir allerdings nicht so zusagte, waren Siris paranormale Begegnungen. Diese traten im Verlauf der Handlung verstärkt auf und wirkten sich letztlich auch auf die Auflösung aus. So ein Geisterglaube mag zur Kultur gehören und irgendwo fand ich ihn auch ganz interessant, hätte mir aber gewünscht, dass der Schwerpunkt doch bei normal irdischen Ermittlungen geblieben wäre. Ich hatte wohl auch nicht mit einem solchen geisterhaften Umfang gerechnet. ;-) So war das hier zwar ein unterhaltsamer Ausflug, die Reihe werde ich aber nicht weiterverfolgen.
Fazit: Reizvoller Schauplatz und ungewöhnlicher Ermittler, aber für meinen Geschmack zu viel Paranormales.