Deutscher Buchpreis 2009Helene Wesendahl erwacht ohne Orientierung im Krankenhaus. Nach einem Schlaganfall hat sie keine Kontrolle über ihren Körper, kann sich nicht ausdrücken und kämpft mit Erinnerungslücken. Langsam erobert sie sich die Welt zurück. Dabei ist sie gezwungen, sich der Lebensgeschichte einer fremden Frau zu stellen, die sie doch selbst war. Helene Wesendahl entdeckt Brüche in ihrer eigenen Biografie und muss sich sowohl mit ihrer Vergangenheit als auch mit der Gegenwart auseinandersetzen. Buchpreis-Gewinnerin Kathrin Schmidt schildert das verzweifeltes Bemühen um die eigene Sprache und das verlorene Gedächtnis aus eigener Erfahrung heraus. Eva Mattes fängt mit ihrer Stimme das ganz besondere Gefühl des Romans ein, dessen Thema ebenso bewegend wie hoch aktuell ist.-
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.04.2009Steh auf und erinnere dich
Wenn das eigene Leben Stück für Stück zurückerobert werden muss: Kathrin Schmidts Roman erzählt von einer langwierigen Genesung, die zugleich eine Selbstbefreiung durch Sprache ist.
Von Anja Hirsch
Wie klein und verzerrt die Welt ist, betrachtet aus Sicht der Frau, die eben aus dem Koma erwacht. Nichts weiß sie. Nur Brocken einer Sprache, die ihr nach einer Hirnblutung geblieben ist. Hört sie nicht ein Klappern? Die Mutter sprechen vom Besteck? Die Augen lässt sie lieber noch geschlossen. Und öffnet eines später doch einen Spalt, um ihre Tochter zu sehen wie eine ferne Bekannte. "Das Mädchen hat Kummer. Aber welchen? Wen könnte sie fragen?"
Ja, wen? Und vor allem: wie? Kathrin Schmidts Albtraumszenario in ihrem Roman "Du stirbst nicht" ist aus dem Stockdunkel einer Höhle geschrieben, die man nicht freiwillig betritt. Hier ringt jemand mit Wucht ums Verstehen. Fragt, beobachtet, wühlt weiter. Doch dieser vierundvierzigjährigen Frau fehlt zunächst, was Menschen in Beziehung treten lässt: die Möglichkeit, sich mitzuteilen. Und das Persönlichste - die eigene Vergangenheit. Aber Helene Wesendahls Leere füllt sich allmählich. Erinnerungen beginnen in diesem Brachland zu wachsen. Das hartnäckige Schürfen nach Vergessenem gibt neben dem Klinikalltag den Takt dieses Romans an. Blitzartig schießt die Vergangenheit ein. Dann bleibt es wieder lange stumm. Und so gelingt, was wir seit Kafkas Käfergeschichte, seit der konsequenten Anwendung solcher Schlüssellochperspektiven kennen: Die Literatur wird zum Ort der Einzelhaft.
Manchmal beugen sich Menschen in dieses Gefängnis und schauen in Helenes undurchsichtige Welt. Ihr Mann, der jeden Tag kommt; eines ihrer fünf Kinder oder zwei; die Schwester, die sie beim Schlaf stört, den sie so dringend braucht. Lange, erschöpfte Ruhephasen, in denen sie sich vom Denken erholt. Helene fehlt "die Halteleine". Und so stapft man mit ihr durch die "Wildnis der Wahrnehmung", durch einen Prosadschungel, der im wörtlichsten Sinn irritierend naiv erscheint - bis mit den Erinnerungen die Schuld, die Scham, das Chaos zurückkehren.
Bewegend an diesem Roman ist nicht so sehr die Wiederentdeckung dieser Vergangenheit - Stationen eines Lebens in Ostdeutschland, die Ehe, die Geburten, die Wende, eine Affäre. Verwirrend ist, wie Kathrin Schmidt das verspätete, unpassende oder nicht vermittelbare Eintreffen der Gefühle beschreibt. Am Anfang "zieht es ein bisschen", und die Nachricht von der Krankheit dringt durch Watte, erschreckend emotionslos durch den Schock. Dann fließen Helenes Tränen reflexartig. Später, nach Rückschlägen auf dem Weg der Genesung, kommt Ohnmacht. Dann tritt sie wie ein Kind um sich. Schmerzlich ist ihr die eigene Bockigkeit und der Krankenbonus bewusst, den ihr fürsorgliche Besucher verleihen. Kathrin Schmidt übersetzt die Merkwürdigkeit des Nachholens und Nacherlebens von Fakten und Emotionen in eine eruptive, agile, neugierige Sprache, die emsig benennt. Jede Beunruhigung, Freude, Trauer notiert Helene wie Merkmale einer Fremden, zu der sie mühsam die passenden Bilder sammelt. So wird diese Krankheitsakte zur beständigen Selbstbefragung, zum Kampf um die eigene, historisch gewordene Biographie.
Man ist bei einer Autorin wie der 1958 in Gotha geborenen, in Berlin lebenden Kathrin Schmidt für einen kurzen Moment verführt, diese Geschichte eines brutalen Umbruchs auf die DDR zu beziehen. Das Sprechverbot wäre eine wunderbare Metapher für die Folgen der Wende, für den Verlust alles Vertrauten, wenn innere, veraltete Bilder nicht mehr kommunizierbar scheinen. Selbst Helenes wuchtig einschießende Erinnerung an ihre Liebesbeziehung zu Viola, einer transsexuellen Frau, wegen der sie sogar überlegte, ihren Mann zu verlassen, ließe sich als das schlechthin Janusköpfige deuten: Orientierungslosigkeit und Verführung in Ost wie West. Im Kern geht es um Aufarbeitung von Vergangenheit: "Hat die Gegenwart sie als Geisel genommen, um die Vergangenheit freizupressen?" Und ist es Zufall, dass ebendiese Affäre, die sich zuletzt vor allem aus E-Mails nährt, schließlich an Projektionen zerbricht?
Spätestens hier wird man von dieser verengenden Sicht abkommen müssen, weil sie eine wichtigere Auseinandersetzung verstellt. Denn Kathrin Schmidt erzählt hinter der Körperwunde nicht nur eine Leidens- und Genesungsgeschichte, sondern explizit und allgemeingültig ebenso von der Selbstbefreiung einer Frau ohne Sprache durch Sprache. Die Aphasie bedroht hier gleich eine ganze Existenz, denn Helene ist von Beruf Schriftstellerin. Ihr Ringen ums Handwerk trägt sie zwar allein, aber zugleich abhängig von anderen aus. Hierarchien wie krank und gesund bilden die Koordinaten ihrer Erkundung, bei der auch gilt, was die anderen wohl von der fratzenziehenden, im Rollstuhl sitzenden Frau mit den Speichelfäden denken. "Sie will die Welt anschauen. Die Welt wird sie doch sowieso nicht mehr anschauen!" Und so wird die Krankheit zum Anlass einer komplexen Reflexion über den Zusammenhang von Sprache und Identität; über die Möglichkeit, selbstbestimmt mit anderen zu gehen, ausgeleierte Beziehungen neu und anders zu führen.
Je weiter sich Helene aus dem vorsprachlichen, diffusen Raum der ersten Tage nach dem Erwachen aus dem Koma herauswagt, je mehr verlorene Vergangenheit sie unter einem neu erwachenden Sprachbewusstsein erlebt, desto empathiefähiger, genügsamer, lebenstüchtiger wird sie. Schreiben und Denken weitet ihre Höhle, wo es lange so schien, "als ob noch vor der Übersetzung ins gesprochene Wort der Bauplan der Rede einstürzte und sie unmöglich machte". Und ihrem Ehemann Matthes, von dem sie sich kurz vor dem tragischen Tag noch hatte trennen wollen, fällt in diesem Drama eine wichtige Rolle zu. Denn er scheint halten zu wollen, was auseinanderzubrechen droht. "Der Schlag, der allem das bisschen Atem nahm, das es brauchte, um so wie bisher weiterzumachen", zwingt Matthes, Präsenz zu zeigen. In diesem Schutzraum darf sie schutzlos sein, das Erinnern üben und bis zum vergessenen Moment des Risses langsam erwachen: Sie steht am Fenster, raucht noch eine Zigarette, "sieht sich um, weil sie meint, jemand habe mit dem Schnipsgummi nach ihr geschossen und sie am Kopf getroffen. Kein Schmerz. (Noch nicht.) Vor den Augen aber zerhackt sich die Welt in auseinanderstrebenden Szenen."
Keinesfalls bleibt der Roman abstrakt oder gar jammernd. Schmidt, die einst mit Lyrik begann, hebt die eingestürzte Welt ihrer Protagonistin in überfließende, vorstellbare Bilder. Sie spricht nicht nur vom "Wortkartenhaus", das bei kleinster Aufregung zusammenzubrechen droht. Sie formt die Sätze aus ebendieser Erregung. Manchmal so konsequent, dass es künstlich wirkt, wenn es etwa heißt: "Geschafft. Ist sie. Hat sie. Hat geschafft, den Nachmittag im Freien zu verbringen."
Zugleich vibrieren solche Sätze. Andere schlagen zu übermütig Kapriolen, und man möchte einen Schleifstein anlegen, wenn man liest: "Denn ihm stand das Wasser, das er heulte, weil er seine Kinder nicht sehen durfte, bis zum Hals" oder "Verunsicherung grapscht nach ihr" oder die bange Frage, ob die Gefährtin namens Viola ihrer Einbildung vielleicht "einen Violastreich gespielt" habe. Solche Verrenkungen stören bisweilen, ändern aber nichts an der Wirkung der Gesamtkomposition, an diesem mutigen Ausprobieren und Ringen um einen Maßstab. Dieser Roman ist viel mehr als nur ein Erlebnisbericht. Und man braucht vielleicht nicht einmal zu wissen, dass die Autorin selbst vor sieben Jahren an einem geplatzten Aneurysma erkrankte. Es erklärt die spürbare Nähe zum Stoff.
Kathrin Schmidt: "Du stirbst nicht". Roman. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2009. 348 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wenn das eigene Leben Stück für Stück zurückerobert werden muss: Kathrin Schmidts Roman erzählt von einer langwierigen Genesung, die zugleich eine Selbstbefreiung durch Sprache ist.
Von Anja Hirsch
Wie klein und verzerrt die Welt ist, betrachtet aus Sicht der Frau, die eben aus dem Koma erwacht. Nichts weiß sie. Nur Brocken einer Sprache, die ihr nach einer Hirnblutung geblieben ist. Hört sie nicht ein Klappern? Die Mutter sprechen vom Besteck? Die Augen lässt sie lieber noch geschlossen. Und öffnet eines später doch einen Spalt, um ihre Tochter zu sehen wie eine ferne Bekannte. "Das Mädchen hat Kummer. Aber welchen? Wen könnte sie fragen?"
Ja, wen? Und vor allem: wie? Kathrin Schmidts Albtraumszenario in ihrem Roman "Du stirbst nicht" ist aus dem Stockdunkel einer Höhle geschrieben, die man nicht freiwillig betritt. Hier ringt jemand mit Wucht ums Verstehen. Fragt, beobachtet, wühlt weiter. Doch dieser vierundvierzigjährigen Frau fehlt zunächst, was Menschen in Beziehung treten lässt: die Möglichkeit, sich mitzuteilen. Und das Persönlichste - die eigene Vergangenheit. Aber Helene Wesendahls Leere füllt sich allmählich. Erinnerungen beginnen in diesem Brachland zu wachsen. Das hartnäckige Schürfen nach Vergessenem gibt neben dem Klinikalltag den Takt dieses Romans an. Blitzartig schießt die Vergangenheit ein. Dann bleibt es wieder lange stumm. Und so gelingt, was wir seit Kafkas Käfergeschichte, seit der konsequenten Anwendung solcher Schlüssellochperspektiven kennen: Die Literatur wird zum Ort der Einzelhaft.
Manchmal beugen sich Menschen in dieses Gefängnis und schauen in Helenes undurchsichtige Welt. Ihr Mann, der jeden Tag kommt; eines ihrer fünf Kinder oder zwei; die Schwester, die sie beim Schlaf stört, den sie so dringend braucht. Lange, erschöpfte Ruhephasen, in denen sie sich vom Denken erholt. Helene fehlt "die Halteleine". Und so stapft man mit ihr durch die "Wildnis der Wahrnehmung", durch einen Prosadschungel, der im wörtlichsten Sinn irritierend naiv erscheint - bis mit den Erinnerungen die Schuld, die Scham, das Chaos zurückkehren.
Bewegend an diesem Roman ist nicht so sehr die Wiederentdeckung dieser Vergangenheit - Stationen eines Lebens in Ostdeutschland, die Ehe, die Geburten, die Wende, eine Affäre. Verwirrend ist, wie Kathrin Schmidt das verspätete, unpassende oder nicht vermittelbare Eintreffen der Gefühle beschreibt. Am Anfang "zieht es ein bisschen", und die Nachricht von der Krankheit dringt durch Watte, erschreckend emotionslos durch den Schock. Dann fließen Helenes Tränen reflexartig. Später, nach Rückschlägen auf dem Weg der Genesung, kommt Ohnmacht. Dann tritt sie wie ein Kind um sich. Schmerzlich ist ihr die eigene Bockigkeit und der Krankenbonus bewusst, den ihr fürsorgliche Besucher verleihen. Kathrin Schmidt übersetzt die Merkwürdigkeit des Nachholens und Nacherlebens von Fakten und Emotionen in eine eruptive, agile, neugierige Sprache, die emsig benennt. Jede Beunruhigung, Freude, Trauer notiert Helene wie Merkmale einer Fremden, zu der sie mühsam die passenden Bilder sammelt. So wird diese Krankheitsakte zur beständigen Selbstbefragung, zum Kampf um die eigene, historisch gewordene Biographie.
Man ist bei einer Autorin wie der 1958 in Gotha geborenen, in Berlin lebenden Kathrin Schmidt für einen kurzen Moment verführt, diese Geschichte eines brutalen Umbruchs auf die DDR zu beziehen. Das Sprechverbot wäre eine wunderbare Metapher für die Folgen der Wende, für den Verlust alles Vertrauten, wenn innere, veraltete Bilder nicht mehr kommunizierbar scheinen. Selbst Helenes wuchtig einschießende Erinnerung an ihre Liebesbeziehung zu Viola, einer transsexuellen Frau, wegen der sie sogar überlegte, ihren Mann zu verlassen, ließe sich als das schlechthin Janusköpfige deuten: Orientierungslosigkeit und Verführung in Ost wie West. Im Kern geht es um Aufarbeitung von Vergangenheit: "Hat die Gegenwart sie als Geisel genommen, um die Vergangenheit freizupressen?" Und ist es Zufall, dass ebendiese Affäre, die sich zuletzt vor allem aus E-Mails nährt, schließlich an Projektionen zerbricht?
Spätestens hier wird man von dieser verengenden Sicht abkommen müssen, weil sie eine wichtigere Auseinandersetzung verstellt. Denn Kathrin Schmidt erzählt hinter der Körperwunde nicht nur eine Leidens- und Genesungsgeschichte, sondern explizit und allgemeingültig ebenso von der Selbstbefreiung einer Frau ohne Sprache durch Sprache. Die Aphasie bedroht hier gleich eine ganze Existenz, denn Helene ist von Beruf Schriftstellerin. Ihr Ringen ums Handwerk trägt sie zwar allein, aber zugleich abhängig von anderen aus. Hierarchien wie krank und gesund bilden die Koordinaten ihrer Erkundung, bei der auch gilt, was die anderen wohl von der fratzenziehenden, im Rollstuhl sitzenden Frau mit den Speichelfäden denken. "Sie will die Welt anschauen. Die Welt wird sie doch sowieso nicht mehr anschauen!" Und so wird die Krankheit zum Anlass einer komplexen Reflexion über den Zusammenhang von Sprache und Identität; über die Möglichkeit, selbstbestimmt mit anderen zu gehen, ausgeleierte Beziehungen neu und anders zu führen.
Je weiter sich Helene aus dem vorsprachlichen, diffusen Raum der ersten Tage nach dem Erwachen aus dem Koma herauswagt, je mehr verlorene Vergangenheit sie unter einem neu erwachenden Sprachbewusstsein erlebt, desto empathiefähiger, genügsamer, lebenstüchtiger wird sie. Schreiben und Denken weitet ihre Höhle, wo es lange so schien, "als ob noch vor der Übersetzung ins gesprochene Wort der Bauplan der Rede einstürzte und sie unmöglich machte". Und ihrem Ehemann Matthes, von dem sie sich kurz vor dem tragischen Tag noch hatte trennen wollen, fällt in diesem Drama eine wichtige Rolle zu. Denn er scheint halten zu wollen, was auseinanderzubrechen droht. "Der Schlag, der allem das bisschen Atem nahm, das es brauchte, um so wie bisher weiterzumachen", zwingt Matthes, Präsenz zu zeigen. In diesem Schutzraum darf sie schutzlos sein, das Erinnern üben und bis zum vergessenen Moment des Risses langsam erwachen: Sie steht am Fenster, raucht noch eine Zigarette, "sieht sich um, weil sie meint, jemand habe mit dem Schnipsgummi nach ihr geschossen und sie am Kopf getroffen. Kein Schmerz. (Noch nicht.) Vor den Augen aber zerhackt sich die Welt in auseinanderstrebenden Szenen."
Keinesfalls bleibt der Roman abstrakt oder gar jammernd. Schmidt, die einst mit Lyrik begann, hebt die eingestürzte Welt ihrer Protagonistin in überfließende, vorstellbare Bilder. Sie spricht nicht nur vom "Wortkartenhaus", das bei kleinster Aufregung zusammenzubrechen droht. Sie formt die Sätze aus ebendieser Erregung. Manchmal so konsequent, dass es künstlich wirkt, wenn es etwa heißt: "Geschafft. Ist sie. Hat sie. Hat geschafft, den Nachmittag im Freien zu verbringen."
Zugleich vibrieren solche Sätze. Andere schlagen zu übermütig Kapriolen, und man möchte einen Schleifstein anlegen, wenn man liest: "Denn ihm stand das Wasser, das er heulte, weil er seine Kinder nicht sehen durfte, bis zum Hals" oder "Verunsicherung grapscht nach ihr" oder die bange Frage, ob die Gefährtin namens Viola ihrer Einbildung vielleicht "einen Violastreich gespielt" habe. Solche Verrenkungen stören bisweilen, ändern aber nichts an der Wirkung der Gesamtkomposition, an diesem mutigen Ausprobieren und Ringen um einen Maßstab. Dieser Roman ist viel mehr als nur ein Erlebnisbericht. Und man braucht vielleicht nicht einmal zu wissen, dass die Autorin selbst vor sieben Jahren an einem geplatzten Aneurysma erkrankte. Es erklärt die spürbare Nähe zum Stoff.
Kathrin Schmidt: "Du stirbst nicht". Roman. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2009. 348 S., geb., 19,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Petra Kohse ist sehr beeindruckt von diesem Roman, so viel wird klar. Allerdings hält sich Kohse irritierend lange mit dem Ausdruck "Keine Sentimentalitten" - ohne "ä" - auf, den sie eher für poetische Verdichtung als einen Tippfehler hält. Trotzdem: Wie Kathrin Schmidt hier über eine Frau, über sich selbst, schreibt, die nach einem geplatzten Aneurysma im Krankenhaus aufwacht, ohne ihren Körper beherrschen zu können, ohne sich an ihr Leben und ihre Familie erinnern zu können, das lässt die Rezensentin nicht mehr los. Die Beschreibung über den hilflosen, sabbernden, verschlauchten Körper nehmen Kohse zwar mit, doch hat sie bei aller radikalen Intimität auch eine poetische Klarheit gefunden, die sie staunen macht darüber, wie Kathrin Schmidt hier von der Krankheit erzählt und dabei zugleich DDR-Biografie, Alltag und Künstlertum vereint.
© Perlentaucher Medien GmbH
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» Du stirbst nicht ist ein herausragender, wahrhaftiger Roman.« Meike Fessmann Süddeutsche Zeitung