Meine Meinung
Nach »Finsternis im Wunderland« und »Die Schwarze Königin« sind »Die Chroniken von Alice« eigentlich abgeschlossen, doch Christina Henry erfreut ihre Leser*innen in der Anthologie »Dunkelheit im Spiegelland« mit vier zusätzlichen Kurzgeschichten bzw. Novellen aus ihrer düsteren und
brutalen Adaption des Klassikers von Lewis Carroll.
In der ersten Geschichte mit dem Titel ›Ein…mehrMeine Meinung
Nach »Finsternis im Wunderland« und »Die Schwarze Königin« sind »Die Chroniken von Alice« eigentlich abgeschlossen, doch Christina Henry erfreut ihre Leser*innen in der Anthologie »Dunkelheit im Spiegelland« mit vier zusätzlichen Kurzgeschichten bzw. Novellen aus ihrer düsteren und brutalen Adaption des Klassikers von Lewis Carroll.
In der ersten Geschichte mit dem Titel ›Ein bezauberndes Wesen‹ erleben wir zusammen mit Alice neugieriger Schwester Elizabeth Violet Hargreaves ein mitreißendes Abenteuer, als sie an einem Festtag auf dem großen Platz der neuen Stadt einen mysteriösen Vogelmann entdeckt, ihrer Familie, in der Hoffnung einen Blick auf dessen Gesicht erhaschen zu können, entwischt und der eigenartigen Gestalt schließlich in ein Labyrinth folgt.
Die Geschichte ist geprägt von einer ruhigen Erzählweise, die für unterschwellige Gänsehaut sorgt und mit Themen wie Missbrauch, sexuelle Belästigung, Verirrungen und der bösen Seite der Menschen spielt und das in ein düsteres Fantasy-Märchen gegossen hat mir gut gefallen. Elizabeth Violet Hargraeves ist dabei ein ganz schön mutiges Mädchen, die mindestens genauso neugierig ist, wie ihre Schwester Alice.
Fabelhaft ist auch, wie Henry aufzeigt, dass Familien miteinander reden sollten – vor allen Dingen Eltern mit ihren Kindern und sie auch an schwierige Themen heranführen müssen. Denn an dieser Geschichte sieht man beispielhaft wohin Verheimlichung und Verschwiegenheit führen können. Elizabeth weiß nichts von ihrer Schwester Alice und fühlt sich, als sie von Dritten davon erfährt, dementsprechend schlecht. Da ist Tür und Tor geöffnet für finstere Einflüsterungen aus dem Off.
Die zweite Geschichte mit dem Titel ›Mädchen in Bernstein‹ handelt von der Stärke Alice, die auf sich selbst aufpassen kann, dabei aber gar nicht imme wirklich so mutig ist, wie sie es sich vielleicht wünscht. Dennoch hat sie genug Selbstbewusstsein, um darauf zu vertrauen, dass sie sich selbst retten kann. Eine magische Erzählung, die ein weiteres Puzzlesteinchen zu ihrem Charakter liefert.
›Als ich zum ersten Mal in die Stadt kam‹ ist die dritte Geschichte, die sich mit Hatcher und seiner Vergangenheit befasst. Diese famose Erzählung ist mein absoluter Liebling der Anthologie, denn ich fand es unheimlich spannend zu erfahren wie aus dem kämpferischen Jungen Nicholas der blutige Axtmörder Hatcher wurde. Besonders gut gelungen ist das bildliche Setting, durch das man sich fühlt, als wäre man hautnah dabei.
Zum Abschluss gibt die vierte Geschichte, ›Der Gnadenthron‹, einen Ausblick auf die Zukunft von Alice und Hatcher. Es gibt noch einmal ganz viel Magie, Stärke und Mut und die Botschaft, dass die Andersartigkeit von Menschen (hier: Magier und Zauberer) nicht per se etwas Sündhaftes und Schlimmes sind, das es auszurotten gilt.
Henrys märchenhafte Kurzgeschichten mit subtilem Horror leben von einem ruhigen Handlungsablauf und vermitteln bedeutsame Themen. Für den vollen Genuss sollte man jedoch die vorherigen Alice-Bände auf jeden Fall gelesen haben.
Fazit
Christina Henry entführt mit ihren vier Erzählungen noch einmal in ihr fantasievolles und unheimliches Wunderland. Ein absolutes Must-Read für Fans der Chroniken von Alice!
--------------------------------
© Bellas Wonderworld; Rezension vom 21.05.2021