Geniale SF-Idee, anstrengend zu lesende Umsetzung
Irgendwo, in einer fernen Zukunft auf einem weit entfernten Planeten: Die Ahnen der hier lebenden Menschen kamen einst von den Sternen, welche hier jedoch hinter einer immerwährenden Planetenhülle für aller Augen verborgen liegen. Um das Überleben
ihrer Kinder zu sichern, hinterließen sie ihnen Bücher, nach deren Inhalt sie sich richten sollen.…mehrGeniale SF-Idee, anstrengend zu lesende Umsetzung
Irgendwo, in einer fernen Zukunft auf einem weit entfernten Planeten: Die Ahnen der hier lebenden Menschen kamen einst von den Sternen, welche hier jedoch hinter einer immerwährenden Planetenhülle für aller Augen verborgen liegen. Um das Überleben ihrer Kinder zu sichern, hinterließen sie ihnen Bücher, nach deren Inhalt sie sich richten sollen. Neben Wissenswertem wie Mathematik, Medizin und Herstellanleitungen wie z. B. für Papier enthalten diese Bücher Anweisungen zum gesellschaftlichen Zusammenleben, um Entwicklungen wie Überbevölkerung, Inzest und Habgier zu vermeiden. Das wichtigste Erbe jedoch sind die Flügel, welcher ein jeder Mensch auf seinem Rücken trägt. Damit können sie in den großen Nestbäumen wohnen und den Boden meiden, denn dieser ist vielerorts toxisch. Es gibt Flächen, welche Lebenwesen absorbieren wie eine fleischfressende Pflanze in Planetenform im Fast-Food-Modus, auch Margor genannt.
Nach mehr als tausend Planetenjahren versucht Owen, die planetare Hülle zu durchbrechen und die Sterne zu sehen. Er trainiert hart dafür, sein Ziel zu erreichen - wird er es schaffen? Und warum bedeutet dies eine Gefahr für das paradiesische Leben der Menschen? Eine Gefahr, vor welcher die Ahnen einst warnten?
Der Roman hat einen immensen Umfang, da lässt sich einiges an Handlung erwarten. Zumal ich vom Autor bisher stets wohldurchdachte Romane gewohnt bin. Entsprechend enthusiastisch wagte ich mich an diesen Wälzer heran. Warum mich diese grandiose Idee seines Romans dennoch nur mäßig begeistern konnte, versuche ich mal zu erklären.
Zuerst zur Idee: Die ist wirklich gelungen und entpuppt sich im Laufe des Romans als hervorragend durchdacht. Von zwischenmenschlichen Kleinigkeiten bis hin zum Worldbuilding ist alles in sich stimmig. Auch von den ursprünglichen Ahnen über Owens Bestrebungen, die Sterne zu sehen bis hin zu den darauf folgenden Konsequenzen - alles top! Tatsächlich hatte ich meinen Spaß daran, diese Handlung mit all ihren Hintergründen zu verfolgen. Das "Aber" folgt jedoch auf großen Schwingen: Die Umsetzung des Ganzen.
Der Autor hat sich dafür entschieden, jeden Abschnitt aus der Sicht einer anderen Person zu erzählen. Was zunächst nach Abwechslung klingt, bremst die Handlung leider immens aus, denn jede gewählte Person bekommt nur einen eigenen Abschnitt - und insgesamt hat Andreas Eschbach sich für rund 30 Personen entschieden! Das bedeutet: 30 Personen, die nicht nur das aktuelle Geschehen schildern, sondern zudem von sich, ihrem Leben und ihren Gedanken berichten. Im Extremfall sieht es so aus, dass z. B. an einer äusserst spannenden Stelle, an der ein gefährlicher Wendepunkt im Leben der Menschen stattfindet, ein Schnitt hin zur nächsten Person erfolgt - und die berichtet erstmal ausführlich über ihre Kindheit, das Kennenlernen ihrer Ersatzschwester, ihre erste Liebe, nur um weitere Geschehnisse aus ihrer Sicht zu berichten, welche vor einigen hundert Seiten bereits behandelt wurden, bevor es - endlich! - in der Handlung weitergeht. Sowas bremst die Spannung nicht nur mehrmals im Roman bis auf den Nullpunkt herunter, sondern wird auch irgendwann langweilig, zumal der Autor es sich nicht nehmen lässt, einige Dinge bis ins allerkleinste Detail zu beschreiben. Sowas empfand ich auf Dauer als frustrierend, so dass ich dazu überging, entsprechende Passagen querzulesen, ob überhaupt irgendwas Wichtiges darin vorkommt. Meiner Meinung hat hätte ein guter Teil davon weggelassen werden können, um die Handlung deutlich zu straffen.
Der Roman ist ein wirklich hervorragend erdachter SF-Epos, in welchem viele gesellschaftskritische Themen Einzug finden. Leider lässt der gewählte Erzählstil das Werk zu einem aufgeblähten Roman voller Zeitsprünge, Wiederholungen und unnötig vieler Details anwachsen, welches dem Leser dadurch einiges an Durchhaltevermögen abverlangt.