Leidenschaftliches Plädoyer
Nein, dieses Buch ist keine schnell zusammengeschriebene Ratgeberliteratur sondern ein Sachbuch, eine gut recherchierte und ausgezeichnet formulierte wissenschaftliche Abhandlung. Und das ist gut so!
In großen thematischen Bögen nähert sich Ole Liebl dem Phänomen
der Freundschaft Plus (F+) und beleuchtet dabei eine Vielfalt von Themen zwischenmenschlicher…mehrLeidenschaftliches Plädoyer
Nein, dieses Buch ist keine schnell zusammengeschriebene Ratgeberliteratur sondern ein Sachbuch, eine gut recherchierte und ausgezeichnet formulierte wissenschaftliche Abhandlung. Und das ist gut so!
In großen thematischen Bögen nähert sich Ole Liebl dem Phänomen der Freundschaft Plus (F+) und beleuchtet dabei eine Vielfalt von Themen zwischenmenschlicher Sexualität vom sexualisierten Kommerz über Abhängigkeitsstrukturen beim Online-Dating und die Kulturgeschichte der Ehe bis hin zu philosophischen Betrachtungen über Freundschaft. Elegant fasst er dabei die Diskurse der vergangenen Jahrzehnte zu diesen Themen zusammen, schafft Brücken zwischen philosophischen, literarischen, filmischen, sozialwissenschaftlichen und auch politischen Auseinandersetzungen und verknüpft sie so, dass er sie für die Beleuchtung seines Themas der F+ fruchtbar machen kann.
Das alles ist sehr fundiert recherchiert und zeugt von solider Kenntnis der Materie. Dazu formuliert Ole Liebl ganz unaufgeregt und sehr souverän in einer klaren, sachlichen und gut verständlichen Sprache, die jedem wissenschaftlichen Anspruch genügt, ohne dabei jemals spröde zu sein oder verklemmt und die es schafft, die Lesenden in absolut sympathischer Weise ins Thema mitzunehmen.
Liebls Betrachtungen zeigen, dass eine klare Abgrenzung der F+ zu anderen zwischenmenschlichen Beziehungsmodellen in der Terminologie zwar zunächst recht einfach möglich ist, in der Praxis an den Rändern jedoch sehr unscharf wird und mit angrenzenden Phänomenen und Formen verschwimmt. Damit setzt sich das Modell der F+ einer ganzen Reihe von Einwänden und Vorwürfen aus, die Liebl in seinem abschließenden Kapitel nicht vollkommen ausräumen kann und auch nicht will. Sein Ziel ist es vielmehr, genau diese Ambiguität herauszuarbeiten und damit neue Perspektiven zu eröffnen.
Entstanden ist ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, oft in überkommenen gesellschaftlichen Konventionen festgefahrene Strukturen unserer zwischenmenschlichen Beziehungen zu reflektieren und sie neu zu denken.
Die gelebte Realität hat althergebrachte Strukturen wie die traditionelle Familie und die eine große Liebe fürs Leben als alleingültige Entwürfe des Zusammenlebens längst überholt und dieses Buch leistet einen wichtigen Beitrag dazu, diesen Wandel zu reflektieren.