Coming-of-Age Roman, der jüdisches Leben, Heimat und Identität verhandelt
»Es war immer das Gleiche mit ihr [Marsha], dachte er [Avi]. Sie ging, ohne sich zu verabschieden, und kam, ohne sich anzukündigen, und am Ende freute man sich umso mehr über sie, weil sie so unzuverlässig war, dass es
immer auch eine Gnade war, wenn sie sich dazu herabließ, sich mitzuteilen. »Yofi.«« S. 286
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»Es war immer das Gleiche mit ihr [Marsha], dachte er [Avi]. Sie ging, ohne sich zu verabschieden, und kam, ohne sich anzukündigen, und am Ende freute man sich umso mehr über sie, weil sie so unzuverlässig war, dass es immer auch eine Gnade war, wenn sie sich dazu herabließ, sich mitzuteilen. »Yofi.«« S. 286
In ihrem Debütroman »Gewässer im Ziplock« schreibt Dana Vowinckel über eine amerikanisch und deutsch-jüdische Familie. Abwechselnd lesen wir aus Sicht des alleinerziehenden Vaters Avi, der für seinen Job als Chasan aus Israel nach Deutschland gezogen ist, und seiner Tochter Margarita (aka Rita, 15 J.), die als Jüdin in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, die Story rund um diese Familie. Diese beginnt mit dem all-jährlichen Besuch Ritas ihrer Großeltern (mütterlicherseits) in Chicago. Die US-amerikanische Mutter Marsha hat Avi und Rita früh verlassen und ist in die USA zurückgekehrt. Bei ihrem Besuch der Großeltern sieht Rita häufig auch ihre Mutter, dieses Jahr hat diese sie nach Israel für einen Roadtrip eingeladen. So spannt sich eine Story mit nicht wenig Drama vor den Lesenden auf, die sich aus Ritas Sicht wie ein Coming-Out-Of-Age Roman liest. Der Schmerz über die Trennung der Eltern wird immer wieder auf beiden Seiten - Rita & Avi - deutlich und gibt dem Roman eine weitere Nuance.
»»There is no such thing as poetic justice«, sagte Marsha, »and, my darling, that is the cruelest and the kindest thing about our lives.« Dann ging sie.« S. 317
Besonders an dem Buch hat mir der Blick auf jüdisches Leben, Kultur und Traditionen in Berlin, Chicago und Israel gefallen. Auch wie unterschiedlich, Glaube und Religion interpretiert werden können, fand ich sehr stark beschrieben. Kunstvoll wird dies mit der Story verwoben, ebenso wie jüdische Wörter selbst. Was mir nicht gefallen hat, war der ‚Good Parent - Bad Parent‘-Part, bei dem zeitweise die Mutter überhaupt nicht gut davon kommt, dann aber der Vater zu streng ist und Margarita nicht nur zwischen den umabgestimmten Eltern zerrissen ist, sondern sich gefühlt ständig auf eine Seite schlagen muss. Das fand ich sehr anstrengend, ebenso wie der nicht gelöste Konflikt zwischen den Eltern, der mal mehr mal weniger schlummert.
Insgesamt ist »Gewässer im Ziplock« ein spannender und schön geschriebener Roman, der gekonnt Themen wie jüdische Identität, Traditionen und der Suche nach Heimat verhandelt, aber dennoch einige Längen hat und mich damit in Gänze leider nicht ganz so überzeugen konnte. Empfehlung gibt es aber natürlich trotz der Längen ♡