Der Aufbau des Romans hat mir sehr gut gefallen; er zeigt die Entwicklung verschiedenster Charaktere von 1935, über die Kriegsjahre hinweg bis zum Kriegsende 1945.
In drei Abschnitten lässt Arno Frank den kleinen Ort Ginsterburg exemplarisch für viele deutsche Dorfgemeinschaften diese dunklen
Jahre durchleben. Wie immer gibt es auch in Ginsterburg Menschen, die sich die Situation zunutze…mehrDer Aufbau des Romans hat mir sehr gut gefallen; er zeigt die Entwicklung verschiedenster Charaktere von 1935, über die Kriegsjahre hinweg bis zum Kriegsende 1945.
In drei Abschnitten lässt Arno Frank den kleinen Ort Ginsterburg exemplarisch für viele deutsche Dorfgemeinschaften diese dunklen Jahre durchleben. Wie immer gibt es auch in Ginsterburg Menschen, die sich die Situation zunutze machen, finanziell profitieren oder ihre gesellschaftliche Stellung aufpolieren. Dem gegenüber stehen andere, die den Veränderungen entweder vordergründig gleichgültig gegenüber stehen oder ängstlich die Augen vor allem verschließen.
Während zum Beispiel die Buchhändlerin Merle, die dem Nationalsozialismus nichts abgewinnen kann, hilflos akzeptieren muss, dass ihr Sohn Lothar, der nichts anderes im Kopf hat als Fliegen zu lernen, in der Gemeinschaft der Hitlerjugend völlig aufgeht, schwingt sich Blumengroßhändler Gürckel zu neuen politischen Höhen hinauf.
Arno Frank ist es wirklich sehr gut gelungen, ein Gesellschaftsporträt zur Zeit des Zweiten Weltkrieges zu entwerfen und mit seiner sehr besonderen Schreibweise zu überzeugen. Diese führt allerdings auch dazu, dass der Roman nicht nur anspruchsvoll zu lesen ist, sondern zum Teil auch anstrengend wird, da die Szenen und Perspektiven wild hin und her springen, was bei der hohen Anzahl an Protagonisten schon einiges an Konzentration verlangt.
Ein Personenverzeichnis wäre hier sehr hilfreich gewesen.
In meinen Augen hat Arno Frank ein Händchen dafür, auch einmal länger an einer Stelle zu verharren und diese auszukosten; Situationen bildhaft zu beschreiben, sodass man sie quasi fühlen kann.
Was mir bei „Seemann vom Siebener“ so sehr gefallen hatte, dass es zu einem meiner Buchhighlights geworden ist, habe ich in diesem Roman etwas vermisst. Zwar gibt es Passagen, die ich erzählerisch wunderbar fand, die in der Fülle der Ereignisse und Personen aber für meinen Geschmack zu sehr untergegangen sind.
Alles in allem ist „Ginsterburg“ ein sehr guter historischer Roman, den ich gerne gelesen habe.