Hart und entbehrungsreich war das Leben in der Eifel unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg für Familie Schöning, die unmittelbar an der deutsch-belgischen Grenze lebt. Der Vater ist nicht mehr derselbe, nachdem er aus dem Krieg zurückgekehrt ist, er ist arbeitsunfähig, wendet sich Gott und vor
allem der Kirche zu und kümmert sich überhaupt nicht mehr um seine Frau und die vier Kinder.
Nach dem…mehrHart und entbehrungsreich war das Leben in der Eifel unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg für Familie Schöning, die unmittelbar an der deutsch-belgischen Grenze lebt. Der Vater ist nicht mehr derselbe, nachdem er aus dem Krieg zurückgekehrt ist, er ist arbeitsunfähig, wendet sich Gott und vor allem der Kirche zu und kümmert sich überhaupt nicht mehr um seine Frau und die vier Kinder.
Nach dem baldigen Tod der Frau und Mutter würde er die vier Kinder am liebsten ins Heim abschieben, doch Hennie, die Älteste, wehrt sich mit Händen und Füßen - zunächst erfolgreich, bringt sie doch gutes Geld nach Hause, das der Vater freilich zu einem großen Teil vertrinkt. Offiziell arbeitet Hennie in der Küche der örtlichen Gaststätte, aber was sie in Wirklichkeit tut, darf keiner erfahren: sie ist nämlich zum Teil der örtlichen Schmugglerbande geworden, die nächtens rübermacht nach Belgien, um dann mit in Deutschland immer noch kostbaren Waren zurückzukehren.
Doch eines Nachts gibt es ein Blutbad - die Folge ist, dass Hennie in eine Besserungsanstalt und ihre Brüder in ein katholisches Heim eingewiesen werden.
Beide Anstalten sind nicht gerade Tempel der Warmherzigkeit, ganz im Gegenteil und bei Schilderungen der Handlungen kirchlicher Würdenträger, die so gar nicht in Würde agieren, fühlt man sich an die Schilderungen aus Irland, wo die katholische KIrche allmächtig war, erinnert.
Ein schönes und doch kein schönes Buch - das ist "Grenzgänger" von Mechthild Borrmann. Schön ist es natürlich in der Hinsicht, als dass die Autorin eine grandiose Schriftstellerin ist, die anspruchsvoll, gleichzeitig packend, spannend und mitreißend von der ersten bis zur letzten Zeile zu erzählen vermag und dabei einmal mehr großartige Recherchearbeit geleistet hat. Unschön, doch umso wichtiger ist das Thema: ein historisches Setting, in das die Handlung - also die Geschichte um Hennie - eingebettet ist.
Ich als großer Fan der Autorin habe alle ihre bisherigen Spannungsromane gelesen, um nicht zu sagen, verschlungen - am meisten gefiel mir bisher "Der Geiger", in dem es um den sowjetischen Gulag geht, doch dieses so traurige wie faszinierende Buch steht dem in Nichts nach. Obwohl ich mich in der deutschen Nachkriegszeit, einer aus meiner Sicht sehr interessanten Epoche, recht gut auskenne, wurden mir hier Eindrücke vermittelt, die nicht unbedingt neu waren, mich aber die Geschichte so plastisch und gleichzeitig so schmerzlich wie noch nie erleben ließen.
Und so traurig das Thema auch ist - Mechthild Borrmann schreibt stets mit einer ihr eigenen Zuversicht, auch mit einem gewissen Pragmatismus, der den Leser nach vorne schauen, ihn - mit gewissen Vorbehalten natürlich - optimistisch bleiben lässt. Obwohl es mir nach dieser Lektüre ganz ehrlich gesagt schwerfällt, noch an das Gute im Menschen zu glauben, trotz der wenigen starken und positiven Charaktere, die die Autorin auch in diesem Buch wieder agieren lässt - allerdings neben einigen andern, die ich nicht anders als teuflisch und von Grund auf Böse bezeichnen kann. Ein spannendes, aber auch kluges und wertvolles Buch, das ich von Herzen weiterempfehle!