Durch keinen anderen Denker lernt man so gut kennen, was auch die "Sattelzeit" genannt wurde: der Übergang des alten Europa in die moderne Gesellschaft. Ob Aufklärung, die Herrschaft Napoleons oder die Befreiungskriege, ob Industrialisierung, Vormärz oder die großen Entdeckungen - die Welt ändert sich während der Lebensjahrzehnte Georg Wilhelm Friedrich Hegels von Grund auf. Und zwar durch Ideen, die zu Revolutionen führten: politische, industrielle, ästhetische und pädagogische. Nicht umsonst hat Hegel von der Philosophie verlangt, ihre eigene Zeit auf den Begriff zu bringen; nicht ewige Wahrheiten, nicht den Grund allen Seins, sondern die eigene Zeit in Gedanken. Jürgen Kaube erzählt Hegels Leben, erläutert sein Werk und zeigt, wie jene epochalen Umbrüche zum Versuch einer letzten Revolution führen: der des Denkens.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.08.2020JÜRGEN KAUBE, für das Feuilleton verantwortlicher Herausgeber dieser Zeitung, hat eine Biographie des Philosophen Georg Friedrich Wilhelm Hegel geschrieben. Hegel erscheint hier als der Denker einer Welt, die immer mehr ihren Halt in Traditionen durch Selbsterkundung und die Bildung ihrer Individuen ersetzt. Er steht am Übergang zur modernen Gesellschaft. Die Französische Revolution ist Hegels Vorbild dafür, das soziale Leben auf Ideen und auf Selbstgesetzgebung gründen zu können. So wird er zum ersten Philosophen des Rechtsstaats, eines Christentums, das "Verweltlichung" bejaht, und einer Kunst, die Subjektivität zu ihrem Inhalt hat. Das Buch erzählt, wie es zu diesem außergewöhnlichen Werk kam, dessen Anspruch es war, alle Begriffe, die für die Erkenntnis der modernen Welt und ihres Geistes nötig sind, zu klären. (Jürgen Kaube: "Hegels Welt". Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2020. 592 S., Abb., geb., 28,- [Euro].)
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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensent Peter Neumann kann uns einiges über den philosophischen Werdegang Hegels erzählen, den er als philosophischen Spätzünder beschreibt. Zu Kaubes Buch äußert er sich nur mit wenigen Sätzen: Er findet es leichthändig und "farbensatt" erzählt, und ihm gefällt, dass Kaube das späte 18. Jahrhundert nicht scharf teilt in eine Welt vor und nach der Aufklärung. Dass er großen Umbruchserzählungen misstraut, findet der Rezensent ausgesprochen hegelianisch.
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Geistesgeschichte ist bei Kaube Kulturgeschichte, und die Stärke Hegels war es, sich allen Wissensgebieten mit ganzer Person auszuliefern und dabei an den eigenen Erkenntnissen zu zweifeln. Dieses Sicheinlassen auf eine sich ändernde Welt macht Hegel so inspirierend für die Gegenwart, in der sich das unvoreingenommene Denken gegen falsche Gewissheiten, Wissenschaftsfeindlichkeit und Ausgrenzung von Schwächeren behaupten muss. Jurybegründung Sachbuch des Jahres 2021 20210614