Herr Lehmann ist Kreuzberger. Kreuzberger sind Menschen, die einmal aus Schwaben oder dem Allgäu nach Berlin gekommen sind. Herr Lehmann ist aus Bremen und möchte eigentlich Frank genannt werden, aber das ignorieren seine Freunde. Denn bald ist sein dreißigster Geburtstag, und das ist fatal, weil man da langsam "beginnt, eine Vergangenheit zu haben, eine gute alte Zeit und den ganzen Scheiß." Sven Stricker gelingt mit diesem Hörspiel der fulminante akustische Entwurf von Sven Regeners Berlin der 80er Jahre. Mit allem, was dazu gehört: Tragik, Komik und dazwischen ein lakonischer Herr Lehmann. (Laufzeit: 1h 57)
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"Diese 140 Minuten Hörspiel sind besser als die Verfilmung von Leander Haussmann."
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.08.2001Aber dann, aber dann: Kreuzberger Hosenträger sind lang
Der Einzug des guten Onkels in die neueste deutsche Literatur: Sven Regener kehrt bei Herrn Lehmann, dem Zapfer, ein und spendiert ihm einen Roman und zwanzig Biere
Es soll vor der Wende ein Tal der Ahnungslosen gegeben haben. Es lag im Südosten der Deutschen Demokratischen Republik, irgendwo hinter Dresden, und wurde so genannt, weil keine Antenne mehr ausreichte, um ein Fernseh- oder Rundfunkgerät mit Sendungen aus dem Westen zu versorgen. Dass es auch im Westen ein solches Tal ohne Nachrichten, ohne Veränderung, eine solche Welt der ewigen Wiederholung des Gleichen gegeben haben soll, war bislang nicht bekannt. Sven Regener, gerade noch Sänger und Texter der Popgruppe Element of Crime will dieses Tal nun entdeckt haben: im äußersten Osten West-Berlins, in SO 36, im tiefen Kreuzberg. Dort ist „Herr Lehmann” in den achtziger Jahren zu Hause gewesen, als Zapfer in einer Kneipe namens „Einfall”, und vielleicht zieht er dort noch heute seine mehr oder minder schwankenden Kreise.
Der Untertitel weist das Buch (Eichborn Berlin, Berlin 2001) als „einen Roman” aus, und der unbestimmte Artikel ist von Bedeutung. Hier tastet sich einer an eine Form heran, die ihm noch nicht geheuer ist – und gibt zugleich zu erkennen, dass er auf etwas Großes hinauswill (was aber nur geht, weil die Anforderungen an einen Roman so klein geworden sind.) Denn „Herr Lehmann” ist ein historischer Roman: Er spielt im Herbst 1989, in den Monaten vor der Öffnung der Mauer.
Sechzig Jahre, so hatte Walter Scott verlangt, sollten zwischen dem Erzählen und der erzählten Zeit liegen, und diese Frist wird hier weit unterboten. Wie wenig sind zwölf Jahre: eine knappe Schulzeit, vier Weltmeisterschaften im Fußball. Zwölf Jahre – das ist wie gerade erst gewesen, und doch verwandelt Sven Regener diese Zeit in tiefste Vergangenheit. Man wundert sich, wie Lebensumstände, die so kurz zurückliegen, so viel liebenswürdige Patina angesetzt haben können. Doch ist es gerade diese Sicht zurück in die vergangenen Jahrzehnte, die sich unter den jüngeren deutschen Autoren heftig auszubreiten scheint. Den Anfang hatte Michael Kumpfmüller im vergangenen Jahr gemacht, mit einem Helden namens „Hampel”, einem Schwerenöter, Frauenhelden und Trunkenbold, der aus dem Westen in den Osten flüchtete, um Ruhe vor seinen Gläubigern zu haben. In diesem Herbst wird „Arbogast” erscheinen, der neue Roman von Thomas Hettche, und er wird vom Glück erzählen, eine „Isabella” von Borgward zu fahren. Allen drei literarischen Historikern gemein ist die sagenhafte Milde, mit der sie sich in der jüngsten Vergangenheit umschauen.
Was ist das auch für einen Idee, einen literarischen Helden von knapp dreißig Jahren „Herrn Lehmann” zu nennen? Noch vor zehn Jahren hätte man an diesem Wort zuerst die darin versteckten Sockenhalter wahrgenommen. Und doch ist dieser Titel gut gewählt, denn Sven Regener hat tatsächlich eine Welt entdeckt: den unerbittlichen Konservativismus eines Milieus, das man offenbar zu Unrecht für eine „alternative Szene” gehalten hat. Nun lässt sich der Dichter auf ihrem besten Sofa nieder und blättert ein Familienalbum auf: Da ist Frank Lehmann, der Zapfer, da ist sein Freund, der große, dicke Karl, der eigentlich Künstler ist und vielleicht auch nicht, und da ist Katrin, die schöne Köchin mit den breiten Hüften, die Herr Lehmann recht vergeblich liebt. Ruhig, ordentlich und friedlich ist diese Welt, und nur eines fällt hier unangenehm auf: die Ruhestörungen, der sich Lehmanns Fluchten allesamt verdanken.
An diesem Buch müsste man nur ein paar Attribute austauschen, und es käme daher, als sei es in den zwanziger Jahren entstanden. Vor allem ist es die Milde, die diesen Eindruck erweckt, der betuliche Ton eines ebenso langmütigen wie teilnehmenden Beobachters, den man sich eigentlich immer als dicken Mann mit Hosenträgern vorgestellt hat. Sein erzählerisches Prinzip ist die Anekdote, am besten die mit Pointe. Auch das war bei Michael Kumpfmüller schon so: Dessen Held war schließlich Bettenverkäufer. Thomas Hettche schickt nun einen Vertreter für Billardtische auf die Walz. Bei Herrn Lehmann könnten sie beide einkehren. Er ist der Zapfer ohne Ehrgeiz. Pausenlos in Selbstgespräche oder sprachkritische Debatten verstrickt – denn nichts hält die Zeit so schön auf wie ein guter innerer Monolog – , bewegt er sich durch eine ebenso skurrile wie von Grund auf harmlose Welt.
Am Ende sind es zwanzig Anekdoten, aus denen dieses Buch besteht. Eine jede ist wie ein Popsong: Sie hat eine eingängige Melodie, ein Refrain und ein kleines Solo. Zwölf von ihnen hätten ein hübsches Album ergeben, aber zwanzig sind ein bisschen viel. Am Ende hat der Erzähler etwas von einem heiteren Partygast, über dessen Pointen sich man eine ganze Weile amüsiert hat, bis der Kerl mit den Witzen nur noch unerträglich ist.
Kaum mehr als ein Jahrzehnt ist seit dem Mauerfall vergangen, und schon kommen die Erzählungen von der Zeit davor im Gestus der Archäologie daher. In dieser Vorzeit gibt es keine Mobiltelefone, keine Computer, und das Bier wird aus der Flasche getrunken. „Herr Lehmann” ist ein Buch der Verweigerung, eine Huldigung an alte, vergangene Rituale und auch ein Roman der Beschwichtigung. „Bumm, bumm” – schon trommelt der frühe Techno aus den Lautsprechern. Wenn Sven Regener allerdings das Lied von „Herrn Lehmann” singen müsste, käme etwas heraus, dass „A Dedicated Follower of Tradition” heißen müsste und eine Rockballade wäre.
Was ist den jungen deutschen Schriftstellern, die in den vergangenen Jahren ihr Debüt hatten, nicht alles nachgesagt worden: dass sie die Enkel von Günter Grass, ein Fräuleinwunder oder gar der Anfang einer rundum neuen, erfolgreichen Literatur seien. Hier aber treten auf: Die alten und gar nicht bösen Onkel der neuesten deutschen Literatur. Und wenn man dem Buch eines vorwerfen kann, dann einen fatalen Hang zur willkürlichen Besinnlichkeit. Herrn Lehmann kostet so viel Gemüt schließlich die literarische Seele. Auch er ist eine Figur, der man nicht in die Augen schauen möchte, weil da nichts ist – außer einem Bedürfnis nach sehr viel Schlaf und sehr viel Bier. Und natürlich geht die Geschichte nicht gut aus, schließlich wird Herr Lehmann dreißig Jahre alt, und die Mauer steht dann auch nicht mehr. Aber was heißt das schon? Irgendwann ist Schluss mit gemütlich, und es beginnen die Jahre der Reife.
„Herr Lehmann” ist ein freundliches, leichtes und gekonnt belangloses Buch, das es im einzelnen nicht an Originalität und Kraft fehlen lässt. Michael Kumpfmüller hat die Kritik den Tort angetan, sein Werk neben das von Heiner Müller zu rücken. Es wäre schön und nützlich, wenn es Herrn Lehmann erspart bliebe, dafür gelobt zu werden, einen „Wahnsinn” von Buch geschrieben zu haben, „als hätten sich die Pickwickier und Gregor Samsa zusammengetan, um eine Party mit Gustav Gans zu feiern”. Was, es ist schon geschehen? Das ist schade, wirklich schade.
THOMAS STEINFELD
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Der Einzug des guten Onkels in die neueste deutsche Literatur: Sven Regener kehrt bei Herrn Lehmann, dem Zapfer, ein und spendiert ihm einen Roman und zwanzig Biere
Es soll vor der Wende ein Tal der Ahnungslosen gegeben haben. Es lag im Südosten der Deutschen Demokratischen Republik, irgendwo hinter Dresden, und wurde so genannt, weil keine Antenne mehr ausreichte, um ein Fernseh- oder Rundfunkgerät mit Sendungen aus dem Westen zu versorgen. Dass es auch im Westen ein solches Tal ohne Nachrichten, ohne Veränderung, eine solche Welt der ewigen Wiederholung des Gleichen gegeben haben soll, war bislang nicht bekannt. Sven Regener, gerade noch Sänger und Texter der Popgruppe Element of Crime will dieses Tal nun entdeckt haben: im äußersten Osten West-Berlins, in SO 36, im tiefen Kreuzberg. Dort ist „Herr Lehmann” in den achtziger Jahren zu Hause gewesen, als Zapfer in einer Kneipe namens „Einfall”, und vielleicht zieht er dort noch heute seine mehr oder minder schwankenden Kreise.
Der Untertitel weist das Buch (Eichborn Berlin, Berlin 2001) als „einen Roman” aus, und der unbestimmte Artikel ist von Bedeutung. Hier tastet sich einer an eine Form heran, die ihm noch nicht geheuer ist – und gibt zugleich zu erkennen, dass er auf etwas Großes hinauswill (was aber nur geht, weil die Anforderungen an einen Roman so klein geworden sind.) Denn „Herr Lehmann” ist ein historischer Roman: Er spielt im Herbst 1989, in den Monaten vor der Öffnung der Mauer.
Sechzig Jahre, so hatte Walter Scott verlangt, sollten zwischen dem Erzählen und der erzählten Zeit liegen, und diese Frist wird hier weit unterboten. Wie wenig sind zwölf Jahre: eine knappe Schulzeit, vier Weltmeisterschaften im Fußball. Zwölf Jahre – das ist wie gerade erst gewesen, und doch verwandelt Sven Regener diese Zeit in tiefste Vergangenheit. Man wundert sich, wie Lebensumstände, die so kurz zurückliegen, so viel liebenswürdige Patina angesetzt haben können. Doch ist es gerade diese Sicht zurück in die vergangenen Jahrzehnte, die sich unter den jüngeren deutschen Autoren heftig auszubreiten scheint. Den Anfang hatte Michael Kumpfmüller im vergangenen Jahr gemacht, mit einem Helden namens „Hampel”, einem Schwerenöter, Frauenhelden und Trunkenbold, der aus dem Westen in den Osten flüchtete, um Ruhe vor seinen Gläubigern zu haben. In diesem Herbst wird „Arbogast” erscheinen, der neue Roman von Thomas Hettche, und er wird vom Glück erzählen, eine „Isabella” von Borgward zu fahren. Allen drei literarischen Historikern gemein ist die sagenhafte Milde, mit der sie sich in der jüngsten Vergangenheit umschauen.
Was ist das auch für einen Idee, einen literarischen Helden von knapp dreißig Jahren „Herrn Lehmann” zu nennen? Noch vor zehn Jahren hätte man an diesem Wort zuerst die darin versteckten Sockenhalter wahrgenommen. Und doch ist dieser Titel gut gewählt, denn Sven Regener hat tatsächlich eine Welt entdeckt: den unerbittlichen Konservativismus eines Milieus, das man offenbar zu Unrecht für eine „alternative Szene” gehalten hat. Nun lässt sich der Dichter auf ihrem besten Sofa nieder und blättert ein Familienalbum auf: Da ist Frank Lehmann, der Zapfer, da ist sein Freund, der große, dicke Karl, der eigentlich Künstler ist und vielleicht auch nicht, und da ist Katrin, die schöne Köchin mit den breiten Hüften, die Herr Lehmann recht vergeblich liebt. Ruhig, ordentlich und friedlich ist diese Welt, und nur eines fällt hier unangenehm auf: die Ruhestörungen, der sich Lehmanns Fluchten allesamt verdanken.
An diesem Buch müsste man nur ein paar Attribute austauschen, und es käme daher, als sei es in den zwanziger Jahren entstanden. Vor allem ist es die Milde, die diesen Eindruck erweckt, der betuliche Ton eines ebenso langmütigen wie teilnehmenden Beobachters, den man sich eigentlich immer als dicken Mann mit Hosenträgern vorgestellt hat. Sein erzählerisches Prinzip ist die Anekdote, am besten die mit Pointe. Auch das war bei Michael Kumpfmüller schon so: Dessen Held war schließlich Bettenverkäufer. Thomas Hettche schickt nun einen Vertreter für Billardtische auf die Walz. Bei Herrn Lehmann könnten sie beide einkehren. Er ist der Zapfer ohne Ehrgeiz. Pausenlos in Selbstgespräche oder sprachkritische Debatten verstrickt – denn nichts hält die Zeit so schön auf wie ein guter innerer Monolog – , bewegt er sich durch eine ebenso skurrile wie von Grund auf harmlose Welt.
Am Ende sind es zwanzig Anekdoten, aus denen dieses Buch besteht. Eine jede ist wie ein Popsong: Sie hat eine eingängige Melodie, ein Refrain und ein kleines Solo. Zwölf von ihnen hätten ein hübsches Album ergeben, aber zwanzig sind ein bisschen viel. Am Ende hat der Erzähler etwas von einem heiteren Partygast, über dessen Pointen sich man eine ganze Weile amüsiert hat, bis der Kerl mit den Witzen nur noch unerträglich ist.
Kaum mehr als ein Jahrzehnt ist seit dem Mauerfall vergangen, und schon kommen die Erzählungen von der Zeit davor im Gestus der Archäologie daher. In dieser Vorzeit gibt es keine Mobiltelefone, keine Computer, und das Bier wird aus der Flasche getrunken. „Herr Lehmann” ist ein Buch der Verweigerung, eine Huldigung an alte, vergangene Rituale und auch ein Roman der Beschwichtigung. „Bumm, bumm” – schon trommelt der frühe Techno aus den Lautsprechern. Wenn Sven Regener allerdings das Lied von „Herrn Lehmann” singen müsste, käme etwas heraus, dass „A Dedicated Follower of Tradition” heißen müsste und eine Rockballade wäre.
Was ist den jungen deutschen Schriftstellern, die in den vergangenen Jahren ihr Debüt hatten, nicht alles nachgesagt worden: dass sie die Enkel von Günter Grass, ein Fräuleinwunder oder gar der Anfang einer rundum neuen, erfolgreichen Literatur seien. Hier aber treten auf: Die alten und gar nicht bösen Onkel der neuesten deutschen Literatur. Und wenn man dem Buch eines vorwerfen kann, dann einen fatalen Hang zur willkürlichen Besinnlichkeit. Herrn Lehmann kostet so viel Gemüt schließlich die literarische Seele. Auch er ist eine Figur, der man nicht in die Augen schauen möchte, weil da nichts ist – außer einem Bedürfnis nach sehr viel Schlaf und sehr viel Bier. Und natürlich geht die Geschichte nicht gut aus, schließlich wird Herr Lehmann dreißig Jahre alt, und die Mauer steht dann auch nicht mehr. Aber was heißt das schon? Irgendwann ist Schluss mit gemütlich, und es beginnen die Jahre der Reife.
„Herr Lehmann” ist ein freundliches, leichtes und gekonnt belangloses Buch, das es im einzelnen nicht an Originalität und Kraft fehlen lässt. Michael Kumpfmüller hat die Kritik den Tort angetan, sein Werk neben das von Heiner Müller zu rücken. Es wäre schön und nützlich, wenn es Herrn Lehmann erspart bliebe, dafür gelobt zu werden, einen „Wahnsinn” von Buch geschrieben zu haben, „als hätten sich die Pickwickier und Gregor Samsa zusammengetan, um eine Party mit Gustav Gans zu feiern”. Was, es ist schon geschehen? Das ist schade, wirklich schade.
THOMAS STEINFELD
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2008DIE STADT IM ROMAN
Düsseldorf: Aufstieg und Fall einer Anwaltsfamilie im neureichen Prada-Milieu von Düsseldorf schildert Martin Walser in seinem Roman "Der Lebenslauf der Liebe". Es ist die Geschichte von Susi Gern, einer alternden Frau auf der Suche nach Liebe. Dieser Düsseldorfer Lebenslauf ist aber auch eine Gesellschaftssatire, die in einer anderen Stadt so nicht spielen könnte.
Martin Walser, Lebenslauf der Liebe, Frankfurt, Suhrkamp, 10 Euro.
Berlin: Robert Gernhardt, der Frankfurter Lyriker, hat seine Hauptstadtgedichte in den 90er Jahren für die Berliner Seiten der Frankfurter Allgemeinen geschrieben. Beobachtungen vom Potsdamer Platz stehen da neben ironischen Beschreibungen Berliner Lebensart. Der Grundton der Gedichte ist Zuneigung. Hier ein kurzer Auszug:
In der großen Stadt Berlin
kommst Du auf die Kosten:
Wenn der Westen es nicht bringt,
gibt's ja noch den Osten.
Robert Gernhardt, Berliner Zehner - Hauptstadtgedichte, Fischer, Frankfurt, 8 Euro.
Berlin: In seinem Roman "Herr Lehmann" entführt Sven Regener, Sänger der Band "Element of Crime", den Leser in die kleine Welt von Kreuzberg während der Zeit des Mauerfalls. In einer Kreuzberger Kneipe lassen sich die, die aus der alten Bundesrepublik auf die Insel West-Berlin geflüchtet sind, auch durch den Mauerfall von ihren eingefahrenen Gesprächen beim Bier nicht stören. Es gab wohl kein besseres Milieu - und keinen besseren Romanhelden als Herrn Lehmann, um das Desinteresse des Westens an den Veränderungen in Berlin einzufangen - und unterhaltsam zu erzählen.
Sven Regener, Herr Lehmann, Goldmann, München, 8,90 Euro.
Köln: Werner Köhler ist einer der drei Macher der lit.Cologne. Und er schreibt Krimis mit dem Deutsch-Italiener Jerry Crinelli als Hauptfigur. Ein aufgespießter Toter auf dem Dach eines Hauses, ein Anschlag auf den ICE von Köln nach Frankfurt, eine Kindsentführung - es passiert viel in diesem Roman. Und immer wieder führt Köhler seinen Helden Crinelli dabei in das Herz der Stadt, in das Zentrum von Köln.
Werner Köhler, Crinellis kalter Schatten, Kiepenheuer & Witsch, Köln 9,95 Euro.
Mannheim: Bekannte Plätze der Mannheimer Innenstadt und einiger Vororte sind Schauplatz der Erzählungen in dem Band "Mord im Quadrat" von Walter Landin. Landin ist im Hauptberuf Realschullehrer und ein begeisterter Mannheimer, der auf die Authentizität der Tatorte und Milieus in seinen Erzählungen großen Wert legt. Wer Mannheim nicht kennt, erfährt in diesen Kriminalerzählungen viel über diese Stadt.
Walter Landin, Mord im Quadrat, Wellhöfer Verlag, Mannheim, 9,80 Euro.
Nürnberg: Regionalkrimis liegen in Deutschland im Trend. Deswegen wird hier auch fündig, wer einen Roman sucht, in dem das heutige Nürnberg die Kulisse bietet. In Jan Beinßens "Dürers Mätresse" stirbt der Chef des Fremdenverkehrsamts während der Eröffnung des Christkindlesmarktes. Es wird weiter gemordet; und alle Spuren führen zu Albrecht Dürer, den größten Sohn der Stadt.
Jan Beinßen, Dürers Mätresse, Ars Vivendi, Cadolzburg, 14,90 Euro.
Leipzig: Für seinen Debütroman "Als wir träumten" ist der Jungschriftsteller Clemens Meyer auf der Leipziger Buchmesse vor zwei Jahren begeistert gefeiert worden. Der Ich-Erzähler im Roman, Jahrgang 1976, wächst im Osten von Leipzig auf. Er liebt Bier, Fußball und Mädchen, er raucht und randaliert. Meyer ist Leipziger und erzählt von einer wüsten ostdeutschen Jugend.
Clemens Meyer, Als wir träumten, Fischer, Frankfurt, 9,95 Euro.
cag.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Düsseldorf: Aufstieg und Fall einer Anwaltsfamilie im neureichen Prada-Milieu von Düsseldorf schildert Martin Walser in seinem Roman "Der Lebenslauf der Liebe". Es ist die Geschichte von Susi Gern, einer alternden Frau auf der Suche nach Liebe. Dieser Düsseldorfer Lebenslauf ist aber auch eine Gesellschaftssatire, die in einer anderen Stadt so nicht spielen könnte.
Martin Walser, Lebenslauf der Liebe, Frankfurt, Suhrkamp, 10 Euro.
Berlin: Robert Gernhardt, der Frankfurter Lyriker, hat seine Hauptstadtgedichte in den 90er Jahren für die Berliner Seiten der Frankfurter Allgemeinen geschrieben. Beobachtungen vom Potsdamer Platz stehen da neben ironischen Beschreibungen Berliner Lebensart. Der Grundton der Gedichte ist Zuneigung. Hier ein kurzer Auszug:
In der großen Stadt Berlin
kommst Du auf die Kosten:
Wenn der Westen es nicht bringt,
gibt's ja noch den Osten.
Robert Gernhardt, Berliner Zehner - Hauptstadtgedichte, Fischer, Frankfurt, 8 Euro.
Berlin: In seinem Roman "Herr Lehmann" entführt Sven Regener, Sänger der Band "Element of Crime", den Leser in die kleine Welt von Kreuzberg während der Zeit des Mauerfalls. In einer Kreuzberger Kneipe lassen sich die, die aus der alten Bundesrepublik auf die Insel West-Berlin geflüchtet sind, auch durch den Mauerfall von ihren eingefahrenen Gesprächen beim Bier nicht stören. Es gab wohl kein besseres Milieu - und keinen besseren Romanhelden als Herrn Lehmann, um das Desinteresse des Westens an den Veränderungen in Berlin einzufangen - und unterhaltsam zu erzählen.
Sven Regener, Herr Lehmann, Goldmann, München, 8,90 Euro.
Köln: Werner Köhler ist einer der drei Macher der lit.Cologne. Und er schreibt Krimis mit dem Deutsch-Italiener Jerry Crinelli als Hauptfigur. Ein aufgespießter Toter auf dem Dach eines Hauses, ein Anschlag auf den ICE von Köln nach Frankfurt, eine Kindsentführung - es passiert viel in diesem Roman. Und immer wieder führt Köhler seinen Helden Crinelli dabei in das Herz der Stadt, in das Zentrum von Köln.
Werner Köhler, Crinellis kalter Schatten, Kiepenheuer & Witsch, Köln 9,95 Euro.
Mannheim: Bekannte Plätze der Mannheimer Innenstadt und einiger Vororte sind Schauplatz der Erzählungen in dem Band "Mord im Quadrat" von Walter Landin. Landin ist im Hauptberuf Realschullehrer und ein begeisterter Mannheimer, der auf die Authentizität der Tatorte und Milieus in seinen Erzählungen großen Wert legt. Wer Mannheim nicht kennt, erfährt in diesen Kriminalerzählungen viel über diese Stadt.
Walter Landin, Mord im Quadrat, Wellhöfer Verlag, Mannheim, 9,80 Euro.
Nürnberg: Regionalkrimis liegen in Deutschland im Trend. Deswegen wird hier auch fündig, wer einen Roman sucht, in dem das heutige Nürnberg die Kulisse bietet. In Jan Beinßens "Dürers Mätresse" stirbt der Chef des Fremdenverkehrsamts während der Eröffnung des Christkindlesmarktes. Es wird weiter gemordet; und alle Spuren führen zu Albrecht Dürer, den größten Sohn der Stadt.
Jan Beinßen, Dürers Mätresse, Ars Vivendi, Cadolzburg, 14,90 Euro.
Leipzig: Für seinen Debütroman "Als wir träumten" ist der Jungschriftsteller Clemens Meyer auf der Leipziger Buchmesse vor zwei Jahren begeistert gefeiert worden. Der Ich-Erzähler im Roman, Jahrgang 1976, wächst im Osten von Leipzig auf. Er liebt Bier, Fußball und Mädchen, er raucht und randaliert. Meyer ist Leipziger und erzählt von einer wüsten ostdeutschen Jugend.
Clemens Meyer, Als wir träumten, Fischer, Frankfurt, 9,95 Euro.
cag.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Fraglos "eine kleine Welt", in der sich der Herr Lehmann im Debütroman von Element-of-Crime-Sänger Sven Regener bewegt: Kreuzberg 1989, kurz vor dem Mauerfall. Da ist es nur wenig erstaunlich, dass von der bevorstehenden Zeitenwende so gar nichts zu bemerken ist und dass die Protagonisten, fest eingemummt in ihren kleinen Berliner Westen, von dem was zu bemerken wäre, so gar keine Notiz nehmen wollen. Gerade darum aber, so der Rezensent Tilman Spreckelsen, handelt es sich um einen "glänzenden Wenderoman aus westlicher Sicht". Herrn Lehmann beschreibt Spreckelsen als "sympathische Oblomow-Gestalt" und lobt den Autor dafür, dass er zwar auf Distanz zu seiner Figur setzt, das Abdriften ins allzu Skurrile aber vermeidet. Lobend erwähnt werden die "hohe Komik" einiger Szenen sowie die "vielstimmigen Diskussionen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Die Dialoge entfalten einen sprühenden Witz, wie man ihn selten antrifft in einem deutschen Roman. Und er geht auch bei wiederholtem Lesen nicht verloren." Neue Zürcher Zeitung