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»Jahrestage« ist ein Jahrhundertbuch. Es gibt keinen zweiten deutschen Roman dieser Art. Gesine Cresspahl lebt mit ihrer zehnjährigen Tochter Marie in New York. Ein Jahr lang, 1967/68, erzählt sie ihr täglich aus der Familiengeschichte. Jeden Tag wird so mitten im amerikanischen Alltag ein Stück deutscher Geschichte lebendig, werden die Schicksale einfacher Leute mit dem Weltgeschehen verwoben. Charly Hübner und Caren Miosga lesen den kompletten Roman und beeindrucken durch sprachliche Nähe und bewegende Glaubwürdigkeit. Über die Zeiten und Welten hinweg gleichen unsere Hoffnungen und Ängste denen von Gesine und Marie.…mehr

Produktbeschreibung
»Jahrestage« ist ein Jahrhundertbuch. Es gibt keinen zweiten deutschen Roman dieser Art. Gesine Cresspahl lebt mit ihrer zehnjährigen Tochter Marie in New York. Ein Jahr lang, 1967/68, erzählt sie ihr täglich aus der Familiengeschichte. Jeden Tag wird so mitten im amerikanischen Alltag ein Stück deutscher Geschichte lebendig, werden die Schicksale einfacher Leute mit dem Weltgeschehen verwoben. Charly Hübner und Caren Miosga lesen den kompletten Roman und beeindrucken durch sprachliche Nähe und bewegende Glaubwürdigkeit. Über die Zeiten und Welten hinweg gleichen unsere Hoffnungen und Ängste denen von Gesine und Marie.

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Autorenporträt
Uwe Johnson, geboren 1934, wurde vor allem durch sein Hauptwerk »Jahrestage« bekannt. Während seines Germanistikstudiums in der DDR begann er zu schreiben. Nach der Veröffentlichung seines Romans »Mutmassungen über Jakob« siedelte er nach West-Berlin über. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Büchner-Preis. Uwe Johnson starb 1984 in England.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Wer sich nie an die 1700 Seiten von Uwe Johnsons Roman "Jahrestage" gewagt hat, sollte sich "einen Ruck geben" und zu diesem Hörbuch greifen, ermuntert Rezensent Alexander Cammann. Es tut auch gar nicht weh, verspricht er, im Gegenteil. Die Zuhörer werden belohnt mit einem Werk zwischen NS-Herrschaft und DDR-Diktatur, dessen Aktualität angesichts des Ukrainekriegs, Rassismus und deutsch-deutschen Konflikten nicht größer sein könnte. 74 Stunden dauert die Lesung des ungekürzten Werks durch Caren Miosga und Charly Hübner. Unaufgeregt lesen die beiden, und doch "spürbar intensiv", lobt der Kritiker. Unbedingt eine Hörempfehlung.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.11.2023

Gesines Gedanken
Charly Hübner und Caren Miosga haben erstmals Uwe Johnsons detailvernarrten
Jahrhundertroman „Jahrestage“ vollständig als Hörbuch eingesprochen.
2024 wird ein Uwe-Johnson-Gedenkjahr. Im kommenden Februar vor vierzig Jahren starb der Schriftsteller in seinem Haus in England, mit nur 49 Jahren – das beschädigte Herz. Mit seinem zwischen 1970 und 1983 entstandenen Romankoloss, dem vierbändigen, 1700 Seiten schweren „Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl“ hat er ein Jahrhundertwerk vorgelegt. Im kommenden Juli vor neunzig Jahren wiederum wurde Johnson in Cammin, dem heutigen Kamień Pomorski, geboren. Seine Jugend- und Studienzeit verbrachte er nach dem Krieg in Mecklenburg-Vorpommern.
In jenem Landstrich also, in dem er später sein fiktives Ostseedorf Jerichow ansiedelte, dessen Geschichte von den Dreißigerjahren bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts am Beispiel der Familie Cresspahl erzählt wird. Und in dem sich auch das Landestheater Neustrelitz befindet, das ihm in dieser Spielzeit eine Veranstaltungsreihe widmet. Mit dabei: Charly Hübner und Caren Miosga. Der in Neustrelitz geborene Schauspieler und die Fernsehjournalistin stellen ihre Lesung von Johnsons Opus magnum vor, die gerade bei DAV erschienen ist. Und zwar zum ersten Mal in voller Länge, nachdem sich 1995/96 Max Volkert Martens schon einmal daran gesetzt und eine um gut die Hälfte gekürzte Version eingesprochen hatte. Diese dauerte 40, die aktuelle Lesung nun knapp 74 Stunden. Dank der außerordentlichen Leistung von Charly Hübner, der den weitaus größten Part zu bewältigen hatte, ein Wurf, mit dem er sich in die Geschichte des Hörbuchs einschreiben dürfte. Fortan wird man seinen Namen in einem Atemzug mit den Hörbuch-Monumenten von Peter Matić („Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“) und Wolfram Berger („Der Mann ohne Eigenschaften“) nennen.
Würde man täglich an die acht Stunden hören, wäre man nach zehn Tagen mit Johnsons Werk fertig, das vor dem Hintergrund des Holocaust um die Thematik von Erinnern und Vergessen, Schuld und Verantwortung kreist und gleichermaßen Provinzgeschichte, Familienchronik, Zeit-, Medien- und historischer Roman ist. Man könnte sich freilich auch ein Jahr lang jeden Tag einen der 366 Tageseinträge anhören und so den „Jahrestagen“ womöglich am gerechtesten werden.
Es ist die 1933 in Jerichow geborene und seit 1961 in New York lebende, alleinerziehende Mutter Gesine Cresspahl, die hier vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 auf ihre problematische Herkunft blickt und gleichzeitig dank der täglichen Lektüre der New York Times, mit der sie „wie mit einer Person“ Umgang pflegt, die eigene Gegenwart reflektiert: vom Vietnamkrieg über den Rassismus in ihrer Wahlheimat bis zum Einmarsch der sowjetischen Truppen in Prag. Das Ineinander von Vergangenheit und Gegenwart prägt den Roman ebenso wie dessen besondere Erzählhaltung, über die es einmal heißt: „Wer erzählt hier eigentlich, Gesine. Wir beide. Das hörst du doch, Johnson.“ Johnson gab über sein Schreiben die beredte Auskunft, ihm werde von „seinen Leuten“ deutlich „vorgesprochen“. Insofern hat Holger Helbig, Inhaber der Uwe-Johnson-Professur an der Universität Rostock, recht, wenn er im Booklet anführt, die „Jahrestage“ seien von Anfang an eine Geschichte gewesen, die nicht nur aufgeschrieben wurde, um gelesen, sondern auch, um gehört zu werden.
Es ist daher schlüssig, dass der Regisseur Wolfgang Stockmann in Hübner und Miosga zwei Sprecher ins Studio geholt hat. Indem sie Johnsons kunstvoll arrangierten Chor der Stimmen gemeinsam zu Gehör bringen, bekommt die Aufnahme eine Energie und Lebendigkeit, die ihresgleichen sucht. Von Caren Miosga, die nicht nur, aber auch die Zitate aus der „Tante Times“ vorträgt, erwartet man den typischen Nachrichtenton. Den aber liefert sie gerade nicht. Stattdessen moduliert sie wie eine Schauspielerin. Mitunter auch an Stellen, wo es gar nicht nötig wäre, so etwa, wenn sie bei Ilse Koch, der „Bestie von Buchenwald“, das „Bestie“ noch eigens betont. Einen besseren Interpreten für die „Jahrestage“ als Charly Hübner wiederum kann man sich nicht vorstellen.
Hübner sucht seine Projekte gezielt aus und ist dabei seiner Heimat oft eng verbunden. Jahrelang war er der Kommissar Sascha Bukow im Rostocker „Polizeiruf 110“, über die mecklenburgische Punkband Feine Sahne Fischfilet drehte er den Dokumentarfilm „Wildes Herz“. Dass er sich nun Uwe Johnsons angenommen hat, ist nur folgerichtig. Als Sohn Mecklenburgs ist ihm dessen Sound nicht fremd, die plattdeutschen Passagen der „Jahrestage“ beherrscht er sowieso. Er liest unaufgeregt und souverän, manchmal blitzt der Schelm durch. Er erschließt dieses Riesenwerk einem neuen Publikum.
Angesichts eines wachsenden Antisemitismus ist „Jahrestage“ kein aus der Zeit gefallener Roman, sondern immer noch beklemmend aktuell. Darin benennt Johnson das Mindeste, was man tun kann. Nämlich: „Wenigstens mit Kenntnis zu leben.“
FLORIAN WELLE
Uwe Johnson:
Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine
Cresspahl.
Ungekürzte Lesung
mit Charly Hübner
und Caren Miosga.
73 Stunden und
53 Minuten. DAV,
Berlin 2023, 60 Euro.
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