Eines Morgens findet der junge Igel Jefferson seinen Friseur, Herrn Edgar, einen Dachs, tot in dessen Salon, erstochen mit der eigenen Schere. Mit einer Reisegruppe fährt Jefferson – zusammen mit seinem besten Freund Gilbert, einem Schwein – ins Menschenland, um die Mörder aufzuspüren. Dort finden die beiden heraus, dass Herr Edgar ermordet wurde, weil er Tierrechtsaktivist war. Als sie kurz davor sind, die Täter zu fassen, schweben Sie auf einmal selbst in größter Gefahr …
Ein äußerst spannender Krimi mit vielen sehr lustigen, aber auch ein paar ganz ernsten Episoden, glänzend geschrieben. Der Autor Jean-Claude Mourlevat wurde 2021 mit dem Astrid Lindgren Memorial Award ausgezeichnet.
Der Besuch im Friseursalon DeliCut ist immer ein ganz besonderes Highlight für Jefferson, denn auf die die Pflege seiner prächtigen Tolle legt der junge Igel großen Wert. Insbesondere wenn Carola, die hübsche Dachsdame, sie schamponiert …
Als Jefferson stattdessen Herrn Edgar, den Friseur, erstochen im Salon vorfindet, wird sein Leben auf den Kopf gestellt – und auf einmal steht er unter dringendem Mordverdacht und wird landesweit gesucht!
Jefferson kann sich gerade noch zu seinem besten Freund Gilbert flüchten, und zusammen kommen sie zu dem Schluss, dass sie selbst den wahren Mörder finden müssen, um Jeffs Unschuld zu beweisen und für Gerechtigkeit für Herrn Edgar zu sorgen. Doch wie kann es sein, dass dieser freundliche lebenskluge Dachs sich derartige Feinde gemacht hat?
Auf ihrer Spurensuche erfahren Jefferson und Gilbert, dass Herr Edgar regelmäßig Zeit im Menschenland verbracht hat, also schließen sich die beiden einer geselligen Reisegruppe an und machen sich auf ins Menschenreich. Was sie dort herausfinden, erschüttert sie bis aufs Mark. Dass die Menschen Tiere essen, war ihnen bekannt, nicht aber, wie sehr diese in Massenhaltung auf Schlachthöfen gequält werden. Anders als Herr Edgar, der mit Tierschutzaktivisten zusammengearbeitet hat, um die Skandale auf Schlachthöfen aufzudecken. Langsam kommen die beiden Detektive aus Not hinter das Verbrechen und geraten somit selbst ins Visier der Mörder …
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Dieser Krimi mit vermenschlicht dargestellten Tieren als Hauptfiguren ist amüsant, spannend und sprachlich mit viel wörtlicher Rede und Witz abwechslungsreich und anspruchsvoll geschrieben. Die ›tierischen‹ Charaktere sind vielschichtig und liebevoll dargestellt.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mit großem Interesse liest Rezensent Tilman Spreckelsen Jean-Claude Mourlevat Bilderbuch, in dem ein Igel einen Mord aufklären muss, wobei sich dem Kritiker erstmal die Frage stellt, ob "sprechende Tiere" nicht ziemlich unsinnige literarische Figuren sind. Spreckelsen will sich nicht festlegen, denn in diesem Fall würde er unbedingt eine Ausnahme machen: Das Besondere an Mourlevats Tierwelt ist, erklärt er, dass die Tiere nicht einfach Menschen in Tiergestalt sind, sondern ihre Körperlichkeit durchaus eine Rolle spielt. Dabei behandele Mourlevat gekonnt Themen wie Einsamkeit oder die Angst ein "defizitäres Leben" nicht mehr verändern zu können, lobt der Kritiker, den eine Ahnung beschleicht, dass auch Tiere einsam und verzweifelt sein können.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.08.2020Das Doppelleben des Dachses
Die hierarchische Welt zwischen Mensch und Schlachtvieh. Ein eleganter Krimi um den Igel Jefferson
Kinderbücher, in denen Tiere sprechen können, solle man mit Vorsicht zur Kenntnis nehmen, hat Peter Härtling sinngemäß vor Jahrzehnten gewarnt. Das war ein Impuls, der sich gegen altbackene Pädagogik und gegen all die Niedlichkeiten richtete, die damals wie heute verbreitet waren und sind. Jean-Claude Mourlevats „Jefferson“, von Edmund Jacoby übersetzt, aber würde selbst vor einem so strengen Richter bestehen, denn dieses Buch verschmilzt auf rund 220 Seiten eine spannende, dezent ironisch präsentierte Detektivgeschichte mit einem unmissverständlichen Angriff auf Massentierhaltung und die Bedingungen in Schlachthöfen der Gegenwart. Dieses Elend ist seit Langem bekannt, der Roman ist im Original auch schon 2018 in Frankreich erschienen. Seit solche Betriebe sich auch noch als Zentren der Corona-Pandemie erwiesen haben, könnte kaum ein anderes Thema aktueller sein, das dürfte den Reiz der Lektüre nicht nur für junge Leser zusätzlich erhöhen.
Es geht in diesem Roman um etwas, er hat ein Anliegen. Was daran Anklage ist, wird jedoch geschickt in die Suche nach einem Mörder und in den fiktiven Entwurf einer Welt eingewoben, in der Menschen und Tiere in benachbarten Ländern nebeneinander existieren, allesamt aufrecht gehend, die gleiche Sprache sprechend, miteinander kommunizierend – und dennoch nicht als Gleiche unter Gleichen. Die Menschen sind in diesem Gefüge nur die klügsten Tiere, heißt es in einer Vorabbemerkung des Autors; sie sind aber oft auch die rücksichtslosesten, könnte man hinzufügen. Denn der Roman beschreibt anfangs nur in Andeutungen, am Ende aber in klaren Worten eine Welt, in der die Gemeinsamkeit nicht ohne Hierarchien auskommt – ganz oben stehen die Menschen, unter ihnen die selbständig agierenden Tiere, die im Roman die Handlung vorantreiben, darunter die Haustiere und ganz unten, als Parias sozusagen, das zusammengepferchte wehrlose Schlachtvieh.
Die Geschichte beginnt in Groningen, wo ein junger männlicher Igel, Jefferson Walden von Waldeck, der auf sich und sein Äußeres hält, seinen Friseur, einen alten Dachs, in dessen Salon erstochen auffindet. Er gerät in den Verdacht, der Mörder zu sein, muss sich verstecken und in der Folge versuchen, den wahren Täter selbst zu finden, da wirklich alles gegen ihn spricht und in der Presse eine Hexenjagd inszeniert wird. Er findet Hilfe bei seinem Freund Gilbert, einem jungen Schwein; gemeinsam folgen sie ersten Hinweisen, die sie im Reisebus gemeinsam mit anderen Tieren bis nach Brüssel führen. Dort enthüllen sich nach und nach die Hintergründe des Verbrechens, das Doppelleben des Dachses, der einerseits als Friseur und andererseits als Aktivist gegen die Massentierhaltung aktiv gewesen ist. Der unter seinesgleichen große Achtung genossen hat, aber bei seinen Feinden entsprechend viel Hass erntete.
Das alles wird im Detail elegant formuliert und zurückhaltend mit Bleistift illustriert, die humoristischen genauso wie die dramatischen Situationen, das häufige Zaudern des Helden genauso wie seine zarten Liebesgefühle gegenüber der Nichte des toten Friseurs. Das liest sich an keiner Stelle wie eine ausdrückliche Kampfschrift, sondern stets wie ein angenehmer, etwas altmodischer Schmöker, der nahezu allen seinen Protagonisten Sympathie entgegenbringt, sie aber wegen ihrer Schwächen auch nicht zu überlebensgroßen Helden aufbaut, wenn sie schließlich aufdecken, was aufgedeckt und geändert werden muss. (ab 10 Jahre)
MICHAEL SCHMITT
Jean-Claude Mourlevat / Antoine Ronson: Jefferson. Aus dem Französischen von Edmund Jacoby. Jacoby & Stuart, Berlin 2020. 220 Seiten, 15 Euro.
In Brüssel enthüllen sich
nach und nach die
Hintergründe des Verbrechens
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Die hierarchische Welt zwischen Mensch und Schlachtvieh. Ein eleganter Krimi um den Igel Jefferson
Kinderbücher, in denen Tiere sprechen können, solle man mit Vorsicht zur Kenntnis nehmen, hat Peter Härtling sinngemäß vor Jahrzehnten gewarnt. Das war ein Impuls, der sich gegen altbackene Pädagogik und gegen all die Niedlichkeiten richtete, die damals wie heute verbreitet waren und sind. Jean-Claude Mourlevats „Jefferson“, von Edmund Jacoby übersetzt, aber würde selbst vor einem so strengen Richter bestehen, denn dieses Buch verschmilzt auf rund 220 Seiten eine spannende, dezent ironisch präsentierte Detektivgeschichte mit einem unmissverständlichen Angriff auf Massentierhaltung und die Bedingungen in Schlachthöfen der Gegenwart. Dieses Elend ist seit Langem bekannt, der Roman ist im Original auch schon 2018 in Frankreich erschienen. Seit solche Betriebe sich auch noch als Zentren der Corona-Pandemie erwiesen haben, könnte kaum ein anderes Thema aktueller sein, das dürfte den Reiz der Lektüre nicht nur für junge Leser zusätzlich erhöhen.
Es geht in diesem Roman um etwas, er hat ein Anliegen. Was daran Anklage ist, wird jedoch geschickt in die Suche nach einem Mörder und in den fiktiven Entwurf einer Welt eingewoben, in der Menschen und Tiere in benachbarten Ländern nebeneinander existieren, allesamt aufrecht gehend, die gleiche Sprache sprechend, miteinander kommunizierend – und dennoch nicht als Gleiche unter Gleichen. Die Menschen sind in diesem Gefüge nur die klügsten Tiere, heißt es in einer Vorabbemerkung des Autors; sie sind aber oft auch die rücksichtslosesten, könnte man hinzufügen. Denn der Roman beschreibt anfangs nur in Andeutungen, am Ende aber in klaren Worten eine Welt, in der die Gemeinsamkeit nicht ohne Hierarchien auskommt – ganz oben stehen die Menschen, unter ihnen die selbständig agierenden Tiere, die im Roman die Handlung vorantreiben, darunter die Haustiere und ganz unten, als Parias sozusagen, das zusammengepferchte wehrlose Schlachtvieh.
Die Geschichte beginnt in Groningen, wo ein junger männlicher Igel, Jefferson Walden von Waldeck, der auf sich und sein Äußeres hält, seinen Friseur, einen alten Dachs, in dessen Salon erstochen auffindet. Er gerät in den Verdacht, der Mörder zu sein, muss sich verstecken und in der Folge versuchen, den wahren Täter selbst zu finden, da wirklich alles gegen ihn spricht und in der Presse eine Hexenjagd inszeniert wird. Er findet Hilfe bei seinem Freund Gilbert, einem jungen Schwein; gemeinsam folgen sie ersten Hinweisen, die sie im Reisebus gemeinsam mit anderen Tieren bis nach Brüssel führen. Dort enthüllen sich nach und nach die Hintergründe des Verbrechens, das Doppelleben des Dachses, der einerseits als Friseur und andererseits als Aktivist gegen die Massentierhaltung aktiv gewesen ist. Der unter seinesgleichen große Achtung genossen hat, aber bei seinen Feinden entsprechend viel Hass erntete.
Das alles wird im Detail elegant formuliert und zurückhaltend mit Bleistift illustriert, die humoristischen genauso wie die dramatischen Situationen, das häufige Zaudern des Helden genauso wie seine zarten Liebesgefühle gegenüber der Nichte des toten Friseurs. Das liest sich an keiner Stelle wie eine ausdrückliche Kampfschrift, sondern stets wie ein angenehmer, etwas altmodischer Schmöker, der nahezu allen seinen Protagonisten Sympathie entgegenbringt, sie aber wegen ihrer Schwächen auch nicht zu überlebensgroßen Helden aufbaut, wenn sie schließlich aufdecken, was aufgedeckt und geändert werden muss. (ab 10 Jahre)
MICHAEL SCHMITT
Jean-Claude Mourlevat / Antoine Ronson: Jefferson. Aus dem Französischen von Edmund Jacoby. Jacoby & Stuart, Berlin 2020. 220 Seiten, 15 Euro.
In Brüssel enthüllen sich
nach und nach die
Hintergründe des Verbrechens
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