Es ist ein schockierender Fall, in dem Jeppe Kørner und Anette Werner ermitteln. Die junge Studentin Julie wird erstochen und gebrandmarkt in ihrer Kopenhagener Wohnung aufgefunden. Ihr Gesicht ist von Schnitten gezeichnet, vom Täter keine Spur. Da taucht ein ominöses Manuskript auf, in dem der Mord bis in das kleinste Detail beschrieben wird. Die Verfasserin: Julies Vermieterin, emeritierte Professorin und angehende Krimiautorin. Kørner und Werner glauben, der Aufklärung des Falles nahe zu sein. Doch dann passiert ein zweiter Mord. Der Auftakt der gefeierten dänischen Thriller-Serie, gelesen von Publikumsliebling Dietmar Bär. Lesung mit Dietmar Bär
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»Die brillanteste neue Stimme im nordischen Kriminalroman gehört der Dänin Katrine Engberg.« Volker Albers / Hamburger Abendblatt Hamburger Abendblatt
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.06.2018Dann mach ich mir 'nen Schlitz ins Buch
Katrine Engberg beginnt mit "Krokodilwächter" einen Zyklus von Kopenhagen-Krimis
Zugegeben: Nach wie vor das Begeisterndste an diesem Buch ist sein Umschlag. Oder sagen wir: die ganze Ausstattung, denn nicht nur, dass hier wie bei Lucio Fontana Schlitze in die Oberfläche gemacht wurden, die ein unschönes Detail des der Handlung zugrundeliegenden Verbrechens schön illustrieren, darunter schaut auch noch in passendem Blutrot der Leineneinband hervor. Klassische Diogenes-Eleganz, an der man im Buchladen kaum vorbei kann, verbunden mit subtilem Witz. Also auf den ersten Blick ein Volltreffer.
Auf den zweiten etwas weniger, denn was sich im Inneren des gediegenen Bandes abspielt, ist zumindest nicht neu. Katrine Engbergs "Krokodilwächter" stellt den späten Einstieg des im Krimi-Genre legendären Diogenes Verlags ins nach wie vor boomende Subgenre der Skandinavien-Thriller (früher einmal nur "Schwedenkrimis") dar. Dabei bietet Dänemark - auch jenseits des Erfolgsautors Jussi Adler-Olsen - genügend touristische wie gesellschaftliche Reize (Rechtsruck, Einwanderungsdebatte, Euroabstinenz).
Nun kündigt Diogenes den im dänischen Original vor zwei Jahren erschienenen "Krokodilwächter" gleich als Start einer ganzen Kopenhagen-Reihe um Engbergs Ermittlerduo Jeppe Kørner und Anette Werner an, und man muss gespannt sein, was die 1975 geborene, selbstverständlich selbst in Kopenhagen lebende Autorin sich dafür Spezielles einfallen lassen wird. Denn dazu verrät der Auftaktband noch nicht allzu viel.
Natürlich wird darin das zentrale Personal mit den üblichen Marotten und Malaisen eingeführt. Kørner ist ein noch nicht alter, aber vereinsamter Angehöriger der Kopenhagener Mordkommission, Werner seine weitaus lebenstüchtigere, auch sinnenfrohe Kollegin. Ein Ermittlerpaar wie aus dem Musterbuch des Schreibseminars. Die dänische Hauptstadt gibt eine hübsche Kulisse ab, wobei man "Krokodilwächter" zugutehalten kann, dass hier nicht die allseits bekannten Hotspots von Kleiner Meerjungfrau bis Schloss Rosenborg als Handlungsorte dienen, sondern unspektakulärere Viertel der Großstadt. Gerade in der zweiten Hälfte, wenn die Ermittlungen über das bourgeoise Innenstadtmilieu hinausgehen, bekommt man einen veritablen Querschnitt durch die Stadtsoziologie und -topographie.
Dass etliches erkennbar schon mit dem Blick auf Verfilmbarkeit geschrieben ist, sollte man der in ihrer Heimat auch als Bühnenregisseurin tätigen Engberg nicht übelnehmen. Die Lebendigkeit der Dialoge könnte dagegen noch etwas intensiver werden.
Worum geht es? In einem Mehrfamilienhaus in bester Lage wird eine in einer dortigen Zweier-WG wohnende Studentin ermordet und dabei schlimm zugerichtet. Engberg erspart uns erfreulicherweise die im skandinavischen Genre meist üblichen Beschreibungsexzesse der Grausamkeit, aber angenehm ist die Vorstellung der Leiche nicht. Der Tatort verwickelt diverse Wohnungsnachbarn ins Geschehen, darunter die emeritierte Musikprofessorin Esther de Laurenti, die in ihren nun zahlreichen Mußestunden an einem Kriminalroman schreibt, für den sie sich die nun ermordete junge Nachbarin zum Rollenvorbild genommen hatte.
Niemanden wird es überraschen, dass die in "Krokodilwächter" typographisch abgesetzten Auszüge aus diesem Manuskript und das reale Geschehen erstaunliche Parallelen aufweisen. Aber die Polizei weiß nichts von Esther de Laurentis Romanvorhaben, und so bewegen sich die Ermittlungen erst einmal auf Abwegen, bevor ein Strudel weiterer Verbrechen den Ursprung des Ganzen erkennen lässt.
Man könnte nun vermuten, hier würde metafiktional erzählt. Keine Sorge, die Handlung verläuft geradlinig und gerade deshalb nur insofern überraschend, als dass ein ausreichend großes Figurenensemble immer noch für ein paar Volten gut ist. Wobei die titelgebende Metapher zu spät eingeführt wird und wohl auch zu wenig gängig ist, als dass man daraus hilfreiche Hinweise auf die Personenkonstellation entnehmen könnte, die der eigenen Vorab-Aufklärung des Falls genutzt hätten. Aber selbstverständlich bekommen Kørner/Werner es nach fünfhundert Seiten auch hin.
ANDREAS PLATTHAUS
Katrine Engberg:
"Krokodilwächter".
Thriller.
Aus dem Dänischen
von Ulrich Sonnenberg.
Diogenes Verlag,
Zürich 2018. 506 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Katrine Engberg beginnt mit "Krokodilwächter" einen Zyklus von Kopenhagen-Krimis
Zugegeben: Nach wie vor das Begeisterndste an diesem Buch ist sein Umschlag. Oder sagen wir: die ganze Ausstattung, denn nicht nur, dass hier wie bei Lucio Fontana Schlitze in die Oberfläche gemacht wurden, die ein unschönes Detail des der Handlung zugrundeliegenden Verbrechens schön illustrieren, darunter schaut auch noch in passendem Blutrot der Leineneinband hervor. Klassische Diogenes-Eleganz, an der man im Buchladen kaum vorbei kann, verbunden mit subtilem Witz. Also auf den ersten Blick ein Volltreffer.
Auf den zweiten etwas weniger, denn was sich im Inneren des gediegenen Bandes abspielt, ist zumindest nicht neu. Katrine Engbergs "Krokodilwächter" stellt den späten Einstieg des im Krimi-Genre legendären Diogenes Verlags ins nach wie vor boomende Subgenre der Skandinavien-Thriller (früher einmal nur "Schwedenkrimis") dar. Dabei bietet Dänemark - auch jenseits des Erfolgsautors Jussi Adler-Olsen - genügend touristische wie gesellschaftliche Reize (Rechtsruck, Einwanderungsdebatte, Euroabstinenz).
Nun kündigt Diogenes den im dänischen Original vor zwei Jahren erschienenen "Krokodilwächter" gleich als Start einer ganzen Kopenhagen-Reihe um Engbergs Ermittlerduo Jeppe Kørner und Anette Werner an, und man muss gespannt sein, was die 1975 geborene, selbstverständlich selbst in Kopenhagen lebende Autorin sich dafür Spezielles einfallen lassen wird. Denn dazu verrät der Auftaktband noch nicht allzu viel.
Natürlich wird darin das zentrale Personal mit den üblichen Marotten und Malaisen eingeführt. Kørner ist ein noch nicht alter, aber vereinsamter Angehöriger der Kopenhagener Mordkommission, Werner seine weitaus lebenstüchtigere, auch sinnenfrohe Kollegin. Ein Ermittlerpaar wie aus dem Musterbuch des Schreibseminars. Die dänische Hauptstadt gibt eine hübsche Kulisse ab, wobei man "Krokodilwächter" zugutehalten kann, dass hier nicht die allseits bekannten Hotspots von Kleiner Meerjungfrau bis Schloss Rosenborg als Handlungsorte dienen, sondern unspektakulärere Viertel der Großstadt. Gerade in der zweiten Hälfte, wenn die Ermittlungen über das bourgeoise Innenstadtmilieu hinausgehen, bekommt man einen veritablen Querschnitt durch die Stadtsoziologie und -topographie.
Dass etliches erkennbar schon mit dem Blick auf Verfilmbarkeit geschrieben ist, sollte man der in ihrer Heimat auch als Bühnenregisseurin tätigen Engberg nicht übelnehmen. Die Lebendigkeit der Dialoge könnte dagegen noch etwas intensiver werden.
Worum geht es? In einem Mehrfamilienhaus in bester Lage wird eine in einer dortigen Zweier-WG wohnende Studentin ermordet und dabei schlimm zugerichtet. Engberg erspart uns erfreulicherweise die im skandinavischen Genre meist üblichen Beschreibungsexzesse der Grausamkeit, aber angenehm ist die Vorstellung der Leiche nicht. Der Tatort verwickelt diverse Wohnungsnachbarn ins Geschehen, darunter die emeritierte Musikprofessorin Esther de Laurenti, die in ihren nun zahlreichen Mußestunden an einem Kriminalroman schreibt, für den sie sich die nun ermordete junge Nachbarin zum Rollenvorbild genommen hatte.
Niemanden wird es überraschen, dass die in "Krokodilwächter" typographisch abgesetzten Auszüge aus diesem Manuskript und das reale Geschehen erstaunliche Parallelen aufweisen. Aber die Polizei weiß nichts von Esther de Laurentis Romanvorhaben, und so bewegen sich die Ermittlungen erst einmal auf Abwegen, bevor ein Strudel weiterer Verbrechen den Ursprung des Ganzen erkennen lässt.
Man könnte nun vermuten, hier würde metafiktional erzählt. Keine Sorge, die Handlung verläuft geradlinig und gerade deshalb nur insofern überraschend, als dass ein ausreichend großes Figurenensemble immer noch für ein paar Volten gut ist. Wobei die titelgebende Metapher zu spät eingeführt wird und wohl auch zu wenig gängig ist, als dass man daraus hilfreiche Hinweise auf die Personenkonstellation entnehmen könnte, die der eigenen Vorab-Aufklärung des Falls genutzt hätten. Aber selbstverständlich bekommen Kørner/Werner es nach fünfhundert Seiten auch hin.
ANDREAS PLATTHAUS
Katrine Engberg:
"Krokodilwächter".
Thriller.
Aus dem Dänischen
von Ulrich Sonnenberg.
Diogenes Verlag,
Zürich 2018. 506 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main