Die Rezension gibt ausdrücklich nur meine subjektive Meinung zu „LAUT“ von Sawsan Chebli wieder.
„LAUT“ hat für mich leider keinen bereichernden Mehrwert. Zwar ist das Thema der Autorin an sich nicht unwichtig, allerdings sollte bei der Analyse der Ursachen für das Problem, das die Autorin zu
beschreiben versucht, auch ein gewisses Maß an Selbstreflexion nicht fehlen, also die Frage an sich…mehrDie Rezension gibt ausdrücklich nur meine subjektive Meinung zu „LAUT“ von Sawsan Chebli wieder.
„LAUT“ hat für mich leider keinen bereichernden Mehrwert. Zwar ist das Thema der Autorin an sich nicht unwichtig, allerdings sollte bei der Analyse der Ursachen für das Problem, das die Autorin zu beschreiben versucht, auch ein gewisses Maß an Selbstreflexion nicht fehlen, also die Frage an sich selbst, warum man als Mensch auf andere so unsympathisch wirkt und permanent „Shitstorms“ ausgesetzt ist. Diesen Perspektivwechsel lässt das Buch leider gänzlich vermissen; lediglich die Gesellschaft und die Politik werden in die Verantwortung genommen und sollten sich, nach Meinung der Autorin, ändern. Ich hätte mir schon gewünscht, dass sich auch die Autorin in ihrem Buch selbst hinterfragt, ob sie nicht hin und wieder eine Grenze überschreitet, freundlicher sein oder den Blick über den Tellerrand wagen könnte, um in die Lage zu kommen, sich in ihre Kritiker hineinversetzen zu können.
Für mich handelt es sich bei der Annahme der Autorin, sie erfahre ausschließlich so viel „Hass“, weil sie eine weibliche Politikerin mit Migrationshintergrund ist, um einen recht einfachen und komfortablen Blickwinkel. Zudem überrascht mich persönlich die These der Autorin, Politikerinnen wären besonders häufig mit „Hass“ konfrontiert, da sehr viele andere Menschen in anderen Berufen - völlig unabhängig von Hautfarbe, Herkunft oder Geschlecht - ebenfalls nicht selten psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind. Ich finde es bedauerlich, dass die Autorin diese Tatsache in ihrem Buch nicht berücksichtigt.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin erst einmal erläutert, was sie persönlich eigentlich unter „Hass“ und „Hatespeech“ versteht, da die Bewertung dahingehend von Mensch zu Mensch sehr differenziert ausfallen kann. Die Autorin zitiert in „LAUT“ freilich Nachrichten an sie, die jeder Demokrat der „Hatespeech“ zuordnen würde; sie beschreibt allerdings auch recht anschaulich Erfahrungen, wie bspw. „tollpatschige“ Komplimente an sie, die sie offensichtlich verletzten, obwohl die Intention ihres Gegenübers sicher wirklich jene war, ihr ein Kompliment zu machen. Aus meiner Sicht sollte die Autorin lernen, zwischen unglücklichen Aussagen, Spott, heftiger Kritik und tatsächlichem Hass zu differenzieren und zu akzeptieren, dass sie eben nicht jeder mag und nicht jeder, der berechtigte oder unberechtigte Kritik äußert, auch hasst.
Mein Fazit: Ich finde „LAUT“ sehr selbstbezogen, unreflektiert und in Teilen auch provokant geschrieben. Aus meiner Sicht kann die Autorin nicht erwarten, dass sich ausschließlich Politik und Gesellschaft an ihre Bedürfnisse und Erwartungen anpassen; sie selbst sollte auch in sich gehen, umdenken und ihren Teil zur Herstellung eines harmonischeren Miteinanders beitragen.
Mein letzter Kritikpunkt ist das Gendern: „LAUT“ liest sich sehr „holprig“, der Lesefluss wird signifikant beeinträchtigt. Es war tatsächlich anstrengend, bis zur letzten Seite durchzuhalten.