So hat sich Leopold Perlstein das nicht vorgestellt. Schlecht gelaunt sitzt er in der Kleinbahn, die sich entlang des Harlem River hinaufschiebt. Seine Schreibblockade will er endlich überwinden und so hat ihm Alma ihr Haus zur Verfügung gestellt, das aber leider abgebrannt ist. Im einem
zweitklassigen Hotel wird er untergebracht, das die putzwütige, äußerst kleinliche Dora führt mit ihren…mehrSo hat sich Leopold Perlstein das nicht vorgestellt. Schlecht gelaunt sitzt er in der Kleinbahn, die sich entlang des Harlem River hinaufschiebt. Seine Schreibblockade will er endlich überwinden und so hat ihm Alma ihr Haus zur Verfügung gestellt, das aber leider abgebrannt ist. Im einem zweitklassigen Hotel wird er untergebracht, das die putzwütige, äußerst kleinliche Dora führt mit ihren stotternden Helfern und einer schwäbelnden Köchin, deren Essen ungenießbar ist. Wer will schon ein zu Stein gebratenes Steak oder Würstchen aus der Dose! Auch sein Zimmer ist eine Zumutung! Ja, er würde Alma telegrafieren, dass sie ihn rettete oder ihm eine Schiffspassage zurück nach Jaffa schickte. Aber hier – hier konnte er nicht bleiben.
Amüsant und ein wenig exaltiert geht es los, wir sind mit im Juni des Jahres 1948 gelandet, mit ihm sozusagen gestrandet. Mit Leo, dem Nörgler, dem so gar nichts passt. Er beobachtet die anderen Gäste, es sind Ferien und die Mütter mit ihren Kindern nehmen viel Platz ein, er muss sich ein wenig unterordnen. Noch dazu gibt es sowas wie einen Geist, den es zu vertreiben gilt.
Wie das Leben eben so ist, so sind auch die Charaktere. Alle mit Ecken und Kanten, anfangs eher unsympathisch, man muss sie erst etwas näher kennenlernen. Da sind die Geringers, mit denen Leo sich anfreundet oder Anton, der mit seinen jungen Jahren so einiges zuwege bringt. Und natürlich Dora. So unterkühlt, wie es anfangs scheint, ist sie gar nicht und auch Leo taut immer mehr auf.
Aus den unnahbaren titelgebenden Protagonisten werden immer mehr dem Leben zugewandte, sich öffnende Personen, denen das Schicksal nicht immer wohlgesonnen war. Und doch gilt es, jetzt zu leben, nach vorne zu schauen. Ein Sommer, der so viel ändert, der ihren Leben eine Wendung gibt, die sie nicht mehr für möglich gehalten hätten… Und dann ging er hinunter und begann zu schreiben. ‚Romanze in Triest‘ soll es heißen, Leos Buch. Eine Liebesgeschichte mit einem Gespenst.
„Leo und Dora“ - ein unaufgeregtes Buch, ein sich annähern. Eingefahrene Bahnen verlassen, mit offenen Augen durchs Leben gehen, Neues zulassen. Die schnäbelnden Vögel vom Cover versinnbildlichen dieses Gefühl sehr gut. Das Herbstlaub hängt noch an einem Ast, während auf dem anderen die Knospen sprießen, alles sprüht Lebendigkeit und Lebensfreude aus. Ein Wohlfühlbuch, das auch ernste Töne anschlägt, das ich gerne gelesen habe.