Ausgangspunkt für Thomas Manns Goethe-Roman ist der historisch belegte Besuch Charlotte Kestners, Goethes unglücklicher Jugendliebe und Vorbild für die Figur der Lotte im 'Werther', 1816 in Weimar. In einer Mischung aus Fiktion und Wirklichkeit arrangiert Thomas Mann geschickt das Wiedertreffen zwischen Lotte und dem inzwischen berühmten Goethe. Es kommt zu Gesprächen, von denen sich Lotte Aufschluss über die frühere Leidenschaft erhofft. Gert Westphal gibt diesem Mann`schen Roman seine klangvolle Stimme.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.01.2004Im Krater des Olymp
Aus dem Hause Goethe: Zur Neuedition von Thomas Manns „Lotte in Weimar”
Wie nannten in Deutschland die Spottverse und Flugschriften, die im Zuge der Befreiungskriege aufkamen, den Kaiser der Franzosen? Sie nannten ihn „Nöppel”. So stand es in allen bisherigen Drucken von Thomas Manns Roman „Lotte in Weimar” (1939) zu lesen. Nun, in der vorzüglichen Neuedition innerhalb der Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe, wird der Volksmund erstmals korrekt zitiert, und es drängt den verletzten jungen Heros, den Adele Schopenhauer und Ottilie von Pogwisch, die künftige Gemahlin von Goethes Sohn, im Park an der Ilm entdecken zur baldigen Genesung, „um ,Näppel‘, wie er den Corsen nannte, aufs Haupt zu schlagen, das Vaterland zu befreien und Paris in Asche zu legen”. Es ist dies nur eine von zahlreichen Korrekturen, die der umsichtige Herausgeber Werner Frizen auf Basis der Handschrift an der bisherigen Überlieferung des Textes anbringt, die auf den katastrophalen Erstdruck der Stockholmer Ausgabe zurückgeht.
Durch die konsequente Orientierung am Manuskript restauriert Frizen nicht nur – so bei den Namen von Generälen, Orten, Begriffen etc. – das mühsam erarbeitete historische Kolorit des Romans, er bewahrt zugleich den Reiz der eigentümlich zwittrigen Orthographie Thomas Manns, in der sich nach durchaus laxen Gesetzen die Mimikry mit dem frühen 19. Jahrhundert und die Schreibgewohnheiten des im späten 19. Jahrhundert sozialisierten Autors mischen.
Ein Ereignis ist diese Ausgabe aber vor allem durch ihren Kommentar. Er ist in einem separaten Band gedruckt, der doppelt so dick ist wie der Roman selbst. Dies nicht deshalb, weil er weitschweifig wäre. Sondern weil er eine ebenso einfache wie vertrackte Frage mustergültig klärt: Wie und zu welchem Ende hat Thomas Mann kurz vor, während und nach der Übersiedlung ins amerikanische Exil dieses Buch verfasst? Wie hat er aus dem Besuch der Hannöverschen Hofrätin Charlotte Kestner und ihrer Tochter in Weimar im September 1816, der Goethe selbst nur zwei lapidare Notizen („Mittags Ridels und Madame Kestner” / „Hofrätin Kestner aus Hannover”) wert war, einen ganzen Roman gemacht, in dem sich wie in einem Spiegelkabinett er selbst und Goethe, die Deutschen von 1816 und die von 1939, vor allem aber Dichtung und Wahrheit, Literatur und Leben begegnen?
Frizen liefert nicht nur eine minutiöse Nachzeichnung der Entstehungsgeschichte des Romans, sondern auch – durch den Abdruck der einschlägigen Exzerpte aus dem Thomas Mann-Archiv in Zürich – einen kommentierten Überblick über die Quellen Thomas Manns. So wird deutlich, wie der Romancier als stilvoller Parasit sowohl die Goethe-Reminiszenzen der Weimarer Zeitgenossen wie die Goethe-Philologie des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts nutzte. Zum anderen, wie entschlossen Thomas Mann die Anregungen der nicht-zünftigen Goethe-Philologie aufgriff. Die Obsession dieser „wilden” Philologie war, seit dem späten 19. Jahrhundert, der „pathologische” Goethe, dessen sich bald auch die Psychoanalyse annahm. Die Schrift des Psychoanalytikers Felix Aaron Theilhaber „Goethe. Sexus und Eros” (1929) akzentuiert Frizen als eine der wichtigsten Anregungen. Lotte in Weimar, ein Schatten aus der 44 Jahre zurückliegenden Inkubationsphase des „Werther” – erst bei Theilhaber wird aus den dürren Goethe-Notizen eine veritable Anekdote.
Thomas Mann fand die Form seines Romans nicht schon dadurch, dass er sie aufgriff, sondern erst, indem er das Anekdotische im Dämonisch-Pathologischen aufhob und verdampfen ließ. Die Treue hielt er der Anekdote vor allem durch die komödiantische Struktur des Romans. Deren Faktotum, Mager, der Kellner des Weimarer Gasthofes „Zum Elefanten”, ist von der ersten bis zur letzten Seite als Hintergrundfigur anwesend.
Der komödiantische Reigen ergibt sich durch das Defilee der Figuren, die der Hofrätin Kestner, oder genauer: der „Lotte” des „Werther”, der man in ihr zu begegnen hofft, ihre Aufwartung machen: die englische Journalistin Miss Cuzzle, der mit seinem devot-bösen Blick auf Goethe essayistisch brillierende Riemer, die Inkarnation der Weimarer Fama und des Klatsches, Adele Schopenhauer, und schließlich der Sohn des Dichters, der Kammerrat August von Goethe. Erst im siebten, heikelsten Kapitel des Romans, tritt Goethe selbst monologisierend erstmals auf, aber jeder der Teppiche, die ihm bis dahin ausgerollt wurden, ist ein schwankender Grund.
Das Spiel mit der Zahl sieben hatte Thomas Mann schon im „Zauberberg” betrieben. In diesem Roman, der sich als Hügel in Mittelgebirgslage tarnt, führt er es unauffällig fort. Und zwar so, dass der energischen Mimikry mit der Mythisierung Goethes in der deutschen Kultur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts die nicht minder energische Entmythologisierung des „heiteren Olympiers” die Waage hält.
Das überaus hartnäckige Interesse am kranken und vor allem: am krank machenden Goethe, subtilerweise besonders eindringlich seinem natürlichen Sohn August in den Mund gelegt, spielt hierbei eine Hauptrolle. Es verbindet sich mit der Überblendung der zeithistorischen und der psychologischen Figur des Tyrannen. Bis in seine feinsten Verästelungen ist „Lotte in Weimar” von der Überblendung des Herrschers am Frauenplan mit der auratisch-dämonischen Herrscher- und Erobererfigur Napoleon geprägt.
Nicht nur für seine Hausgenossen wird Goethe dadurch zu einem Idol, dessen Nähe Gefahren birgt. Es wird so zugleich ein Keil zwischen die Deutschen und ihren größten Dichter getrieben. Resolut nutzt Thomas Mann alle Quellen, die Goethes Distanz zu den Befreiungskriegen, seine herablassende Indifferenz gegenüber dem Aufschwung des Nationalen hervorheben, und zugleich diejeingen, die vom Unverständnis und vom moralischen Verdacht des Publikums gegen Goethes spätere Werke berichten. Aus dieser Distanz zwischen Goethe und den Deutschen gehen die Energien des Exilromans hervor, als der „Lotte in Weimar” kritisch an die Deutschen der Jahre 1938/39, im Blick auf die Bücherverbrennung und die Pogrome gegen die Juden.
Gelesen an der Jahreswende 2003/2004 fällt aber mehr noch als die Stimme des Exilanten Thomas Mann und das Interesse am pathologischen Goethe seine dritte tragende Schicht ins Auge: die Fallstudie zum Thema, wie das Leben der Literatur Tribut zu zollen hat. Nur weil der „Werther”, Goethes einziger großer Bestseller, als Schlüsselroman gelesen werden konnte, hat die Episode ,Lotte in Weimar‘ das Zeug zu einem Thomas-Mann-Roman. Er ist nicht zuletzt eine Art Aufklärung in eigener Sache: er erforscht im Blick auf Goethe das moderne Phänomen desProminentendaseins.
Das dämonische Doppelgängertum der abgelebten Schatten, die mit falschen Augenfarben auf ewig aus einem Buch herausschauen, ist die aktuellste Facette in diesem Roman über die Voraussetzungen, Folgen und Nebenwirkungen eines Schlüsselromans. Komödie und Abgrund werden hier identisch, und der Autor ist sich nicht zu schade, seinem Roman kraft dokumentarisch-imaginativer Recherche eine veritable Homestory aus dem Hause Goethe einzuschreiben. Sie tritt im Rückblick nicht zuletzt deshalb hervor, weil Thomas Mann an Goethe eben den Typus Nachruhm musterte, der ihm selbst blühte.
LOTHAR MÜLLER
THOMAS MANN: Lotte in Weimar. Roman. Herausgegeben und textkritisch durchgesehen von Werner Frizen. Große kommentierte Frankfurter Ausgabe. Band 9.1 und Band 9.2. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003. 450 und 950 Seiten, zus. 78 Euro.
Silhouetten von Johann Christian und Charlotte Kestner, geborene Buff.
Abb.: Wetzlar, Städtische Sammlungen
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Aus dem Hause Goethe: Zur Neuedition von Thomas Manns „Lotte in Weimar”
Wie nannten in Deutschland die Spottverse und Flugschriften, die im Zuge der Befreiungskriege aufkamen, den Kaiser der Franzosen? Sie nannten ihn „Nöppel”. So stand es in allen bisherigen Drucken von Thomas Manns Roman „Lotte in Weimar” (1939) zu lesen. Nun, in der vorzüglichen Neuedition innerhalb der Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe, wird der Volksmund erstmals korrekt zitiert, und es drängt den verletzten jungen Heros, den Adele Schopenhauer und Ottilie von Pogwisch, die künftige Gemahlin von Goethes Sohn, im Park an der Ilm entdecken zur baldigen Genesung, „um ,Näppel‘, wie er den Corsen nannte, aufs Haupt zu schlagen, das Vaterland zu befreien und Paris in Asche zu legen”. Es ist dies nur eine von zahlreichen Korrekturen, die der umsichtige Herausgeber Werner Frizen auf Basis der Handschrift an der bisherigen Überlieferung des Textes anbringt, die auf den katastrophalen Erstdruck der Stockholmer Ausgabe zurückgeht.
Durch die konsequente Orientierung am Manuskript restauriert Frizen nicht nur – so bei den Namen von Generälen, Orten, Begriffen etc. – das mühsam erarbeitete historische Kolorit des Romans, er bewahrt zugleich den Reiz der eigentümlich zwittrigen Orthographie Thomas Manns, in der sich nach durchaus laxen Gesetzen die Mimikry mit dem frühen 19. Jahrhundert und die Schreibgewohnheiten des im späten 19. Jahrhundert sozialisierten Autors mischen.
Ein Ereignis ist diese Ausgabe aber vor allem durch ihren Kommentar. Er ist in einem separaten Band gedruckt, der doppelt so dick ist wie der Roman selbst. Dies nicht deshalb, weil er weitschweifig wäre. Sondern weil er eine ebenso einfache wie vertrackte Frage mustergültig klärt: Wie und zu welchem Ende hat Thomas Mann kurz vor, während und nach der Übersiedlung ins amerikanische Exil dieses Buch verfasst? Wie hat er aus dem Besuch der Hannöverschen Hofrätin Charlotte Kestner und ihrer Tochter in Weimar im September 1816, der Goethe selbst nur zwei lapidare Notizen („Mittags Ridels und Madame Kestner” / „Hofrätin Kestner aus Hannover”) wert war, einen ganzen Roman gemacht, in dem sich wie in einem Spiegelkabinett er selbst und Goethe, die Deutschen von 1816 und die von 1939, vor allem aber Dichtung und Wahrheit, Literatur und Leben begegnen?
Frizen liefert nicht nur eine minutiöse Nachzeichnung der Entstehungsgeschichte des Romans, sondern auch – durch den Abdruck der einschlägigen Exzerpte aus dem Thomas Mann-Archiv in Zürich – einen kommentierten Überblick über die Quellen Thomas Manns. So wird deutlich, wie der Romancier als stilvoller Parasit sowohl die Goethe-Reminiszenzen der Weimarer Zeitgenossen wie die Goethe-Philologie des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts nutzte. Zum anderen, wie entschlossen Thomas Mann die Anregungen der nicht-zünftigen Goethe-Philologie aufgriff. Die Obsession dieser „wilden” Philologie war, seit dem späten 19. Jahrhundert, der „pathologische” Goethe, dessen sich bald auch die Psychoanalyse annahm. Die Schrift des Psychoanalytikers Felix Aaron Theilhaber „Goethe. Sexus und Eros” (1929) akzentuiert Frizen als eine der wichtigsten Anregungen. Lotte in Weimar, ein Schatten aus der 44 Jahre zurückliegenden Inkubationsphase des „Werther” – erst bei Theilhaber wird aus den dürren Goethe-Notizen eine veritable Anekdote.
Thomas Mann fand die Form seines Romans nicht schon dadurch, dass er sie aufgriff, sondern erst, indem er das Anekdotische im Dämonisch-Pathologischen aufhob und verdampfen ließ. Die Treue hielt er der Anekdote vor allem durch die komödiantische Struktur des Romans. Deren Faktotum, Mager, der Kellner des Weimarer Gasthofes „Zum Elefanten”, ist von der ersten bis zur letzten Seite als Hintergrundfigur anwesend.
Der komödiantische Reigen ergibt sich durch das Defilee der Figuren, die der Hofrätin Kestner, oder genauer: der „Lotte” des „Werther”, der man in ihr zu begegnen hofft, ihre Aufwartung machen: die englische Journalistin Miss Cuzzle, der mit seinem devot-bösen Blick auf Goethe essayistisch brillierende Riemer, die Inkarnation der Weimarer Fama und des Klatsches, Adele Schopenhauer, und schließlich der Sohn des Dichters, der Kammerrat August von Goethe. Erst im siebten, heikelsten Kapitel des Romans, tritt Goethe selbst monologisierend erstmals auf, aber jeder der Teppiche, die ihm bis dahin ausgerollt wurden, ist ein schwankender Grund.
Das Spiel mit der Zahl sieben hatte Thomas Mann schon im „Zauberberg” betrieben. In diesem Roman, der sich als Hügel in Mittelgebirgslage tarnt, führt er es unauffällig fort. Und zwar so, dass der energischen Mimikry mit der Mythisierung Goethes in der deutschen Kultur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts die nicht minder energische Entmythologisierung des „heiteren Olympiers” die Waage hält.
Das überaus hartnäckige Interesse am kranken und vor allem: am krank machenden Goethe, subtilerweise besonders eindringlich seinem natürlichen Sohn August in den Mund gelegt, spielt hierbei eine Hauptrolle. Es verbindet sich mit der Überblendung der zeithistorischen und der psychologischen Figur des Tyrannen. Bis in seine feinsten Verästelungen ist „Lotte in Weimar” von der Überblendung des Herrschers am Frauenplan mit der auratisch-dämonischen Herrscher- und Erobererfigur Napoleon geprägt.
Nicht nur für seine Hausgenossen wird Goethe dadurch zu einem Idol, dessen Nähe Gefahren birgt. Es wird so zugleich ein Keil zwischen die Deutschen und ihren größten Dichter getrieben. Resolut nutzt Thomas Mann alle Quellen, die Goethes Distanz zu den Befreiungskriegen, seine herablassende Indifferenz gegenüber dem Aufschwung des Nationalen hervorheben, und zugleich diejeingen, die vom Unverständnis und vom moralischen Verdacht des Publikums gegen Goethes spätere Werke berichten. Aus dieser Distanz zwischen Goethe und den Deutschen gehen die Energien des Exilromans hervor, als der „Lotte in Weimar” kritisch an die Deutschen der Jahre 1938/39, im Blick auf die Bücherverbrennung und die Pogrome gegen die Juden.
Gelesen an der Jahreswende 2003/2004 fällt aber mehr noch als die Stimme des Exilanten Thomas Mann und das Interesse am pathologischen Goethe seine dritte tragende Schicht ins Auge: die Fallstudie zum Thema, wie das Leben der Literatur Tribut zu zollen hat. Nur weil der „Werther”, Goethes einziger großer Bestseller, als Schlüsselroman gelesen werden konnte, hat die Episode ,Lotte in Weimar‘ das Zeug zu einem Thomas-Mann-Roman. Er ist nicht zuletzt eine Art Aufklärung in eigener Sache: er erforscht im Blick auf Goethe das moderne Phänomen desProminentendaseins.
Das dämonische Doppelgängertum der abgelebten Schatten, die mit falschen Augenfarben auf ewig aus einem Buch herausschauen, ist die aktuellste Facette in diesem Roman über die Voraussetzungen, Folgen und Nebenwirkungen eines Schlüsselromans. Komödie und Abgrund werden hier identisch, und der Autor ist sich nicht zu schade, seinem Roman kraft dokumentarisch-imaginativer Recherche eine veritable Homestory aus dem Hause Goethe einzuschreiben. Sie tritt im Rückblick nicht zuletzt deshalb hervor, weil Thomas Mann an Goethe eben den Typus Nachruhm musterte, der ihm selbst blühte.
LOTHAR MÜLLER
THOMAS MANN: Lotte in Weimar. Roman. Herausgegeben und textkritisch durchgesehen von Werner Frizen. Große kommentierte Frankfurter Ausgabe. Band 9.1 und Band 9.2. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003. 450 und 950 Seiten, zus. 78 Euro.
Silhouetten von Johann Christian und Charlotte Kestner, geborene Buff.
Abb.: Wetzlar, Städtische Sammlungen
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»Der König der Vorleser!« DIE ZEIT über Gert Westphal
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Spitz nimmt Thomas Mann in diesem von Gert Westphal eingelesenen Hörbuch die "Tatsächlichkeitsillusion" aufs Korn, die den Goetheschen Werther-Kult umgibt und vor allem jene, die in Wetzlar nach den Spuren der Romanfiguren suchten, so Kritiker Alexander Kosenina. Dass Goethe und seine Lotte sich über vierzig Jahre später noch einmal wiedergesehen haben, macht Mann zum Aufhänger seiner Geschichte, die sich über die Klatschmäuler und die kleinstädtische Gedankenenge lustig macht und dennoch die Reflexion Goethes über sein Schreiben und über das Künstlertum nicht aus den Augen verliert, erfahren wir. Westphal verleiht jeder Figur eine eigene Stimme und bringt auch Manns Exilperspektive auf "die lieben Deutschen", die ihre Klassiker unbegrenzt überhöhen, ideal rüber, resümiert Kosenina.
© Perlentaucher Medien GmbH
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