Georgia ist 18 und noch immer ungeküsst. Sie war noch nie verliebt, noch nicht einmal ein bisschen verknallt. Dabei schwärmt sie für alles, was so richtig schön romantisch ist: Hochzeiten, Liebesgeschichten und Happily-Ever-Afters. Der Richtige wird schon noch kommen, oder?Oder die Richtige? Irgendwann …
Aber was, wenn nicht?
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2022Wenn man lieber allein bleibt
Alice Oseman schildert in "Loveless" eine Jugendliche, die mit romantischer Liebe nichts anfangen kann
Von Anna Vollmer
Ginge es nach allgemeinen gesellschaftlichen Erwartungen, verliefe das Leben in einer immer gleichen Spannungskurve: Man beginnt allein, begibt sich auf die Suche - und findet einen Partner. Ein Leben ohne diese Erzählung, ohne den Kuss von Susi und Strolch bei Pasta und Kerzenschein, ist schon in Kindertagen kaum vorstellbar. Und so hat auch Georgia, die Protagonistin von Alice Osemans Jugendroman "Loveless", eine regelrechte Überdosis Romantik abgekommen: Sie liest schnulzige Romane und schaut mit ihren zwei besten Freunden immer und immer wieder Baz Luhrmanns Kitschfeuerwerk "Moulin Rouge". Nur verlieben tut sie sich nicht - auch wenn sie das möchte. Denn Georgia, das wird sie im Verlauf dieses Buches herausfinden, ist aromantisch und asexuell: Sie fühlt keinerlei körperliche oder romantische Anziehung zu anderen Personen. Wenn es zu einer Liebesgeschichte kommen könnte - und die Gelegenheiten dazu gibt es für sie in diesem Buch durchaus - lehnt sie ab, ja ekelt sich sogar davor.
Den meisten Menschen ist klar, dass es mit der Liebe nicht so einfach ist, wie Literatur und Filme es häufig vermitteln. Beziehungen zerbrechen, Leidenschaften bleiben unerwidert, klar. Aber der Glaube daran, dass es nur noch ein bisschen Zeit, nur noch ein bisschen Suche braucht, um das große Glück zu finden, verlässt die wenigsten. Dass eine romantische Liebe nicht für alle Leute Glück bedeuten muss, ist dagegen so fern von unserer gesellschaftlichen Realität, dass Georgia, für die das zutrifft, es selbst nicht glauben kann. Das macht ihren persönlichen Findungsprozess, ihr Outing, umso schwieriger.
"Loveless" gehört zur Young Adult-Literatur, einem Genre, in dem das Suchen und Finden der Liebe zentral ist. Und tatsächlich bedient Oseman, die hier fiktionalisiert von ihren eigenen Erfahrungen an der Universität von Durham erzählt, alle erdenklichen Konventionen, die diese Sparte zu bieten hat: Verwirrungen und scheinbar fatale Missverständnisse, große Gesten und Versöhnung. Diese Entscheidung ist ziemlich klug, denn sie wertet das Leben ohne Partner auf - als etwas, das ebenso erzählenswert, spannend und, ja, auch erheiternd ist wie eine klassische Liebesgeschichte. Und sie erlaubt, mit Leichtigkeit, im besten Sinne massentauglich, von einem Thema zu erzählen, das in gesellschaftlichen Diskursen so gut wie nicht vorkommt.
Was im Übrigen verwunderlich ist. Denn um den sozialen Druck zu spüren, der auf jedem Einzelnen lastet, der gerade keinen Partner vorzuweisen hat, muss man nicht einmal asexuell sein. Das überzeugende an "Loveless" ist, wie genau Oseman Dialoge und Situationen abbildet, die Familienfeiern, Studentenpartys, aber auch Gespräche zwischen Freunden immer und immer wieder begleiten. Tröstende Worte ("Du wirst eines Tages jemanden treffen. Du hast nur noch nicht die richtige Person gefunden.") sind gut gemeint, aber stets geprägt von der Annahme, das Gegenüber sei auch auf der Suche. "Loveless" stellt dagegen die wesentlich seltenere, aber auch interessantere Frage: Was, wenn man allein bleiben möchte? Georgia wird im Lauf der Geschichte lernen, dass die Suche nach Zweisamkeit für sie zwecklos ist. Und dass diese Erkenntnis "gar kein 'Aufgeben' war. Es war Akzeptanz."
Als Titel ist "Loveless" insofern irreführend, als dass ein Leben ohne Partner mitnichten ein Leben ohne Liebe bedeutet. Für Georgia sind es ihre besten Freunde, die den Platz einer fürsorglichen, ja liebevollen Beziehung auf Augenhöhe einnehmen. Und so passt "Loveless" durchaus gut in sein eigenes Genre: Weil eine Freundschaft ebenso schön sein kann wie ein Kuss bei Kerzenschein.
Alice Oseman: "Loveless". Roman.
Aus dem Englischen von Vanessa Walder. Loewe Verlag, Bindlach 2022. 480 S., br., 14,95 Euro. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Alice Oseman schildert in "Loveless" eine Jugendliche, die mit romantischer Liebe nichts anfangen kann
Von Anna Vollmer
Ginge es nach allgemeinen gesellschaftlichen Erwartungen, verliefe das Leben in einer immer gleichen Spannungskurve: Man beginnt allein, begibt sich auf die Suche - und findet einen Partner. Ein Leben ohne diese Erzählung, ohne den Kuss von Susi und Strolch bei Pasta und Kerzenschein, ist schon in Kindertagen kaum vorstellbar. Und so hat auch Georgia, die Protagonistin von Alice Osemans Jugendroman "Loveless", eine regelrechte Überdosis Romantik abgekommen: Sie liest schnulzige Romane und schaut mit ihren zwei besten Freunden immer und immer wieder Baz Luhrmanns Kitschfeuerwerk "Moulin Rouge". Nur verlieben tut sie sich nicht - auch wenn sie das möchte. Denn Georgia, das wird sie im Verlauf dieses Buches herausfinden, ist aromantisch und asexuell: Sie fühlt keinerlei körperliche oder romantische Anziehung zu anderen Personen. Wenn es zu einer Liebesgeschichte kommen könnte - und die Gelegenheiten dazu gibt es für sie in diesem Buch durchaus - lehnt sie ab, ja ekelt sich sogar davor.
Den meisten Menschen ist klar, dass es mit der Liebe nicht so einfach ist, wie Literatur und Filme es häufig vermitteln. Beziehungen zerbrechen, Leidenschaften bleiben unerwidert, klar. Aber der Glaube daran, dass es nur noch ein bisschen Zeit, nur noch ein bisschen Suche braucht, um das große Glück zu finden, verlässt die wenigsten. Dass eine romantische Liebe nicht für alle Leute Glück bedeuten muss, ist dagegen so fern von unserer gesellschaftlichen Realität, dass Georgia, für die das zutrifft, es selbst nicht glauben kann. Das macht ihren persönlichen Findungsprozess, ihr Outing, umso schwieriger.
"Loveless" gehört zur Young Adult-Literatur, einem Genre, in dem das Suchen und Finden der Liebe zentral ist. Und tatsächlich bedient Oseman, die hier fiktionalisiert von ihren eigenen Erfahrungen an der Universität von Durham erzählt, alle erdenklichen Konventionen, die diese Sparte zu bieten hat: Verwirrungen und scheinbar fatale Missverständnisse, große Gesten und Versöhnung. Diese Entscheidung ist ziemlich klug, denn sie wertet das Leben ohne Partner auf - als etwas, das ebenso erzählenswert, spannend und, ja, auch erheiternd ist wie eine klassische Liebesgeschichte. Und sie erlaubt, mit Leichtigkeit, im besten Sinne massentauglich, von einem Thema zu erzählen, das in gesellschaftlichen Diskursen so gut wie nicht vorkommt.
Was im Übrigen verwunderlich ist. Denn um den sozialen Druck zu spüren, der auf jedem Einzelnen lastet, der gerade keinen Partner vorzuweisen hat, muss man nicht einmal asexuell sein. Das überzeugende an "Loveless" ist, wie genau Oseman Dialoge und Situationen abbildet, die Familienfeiern, Studentenpartys, aber auch Gespräche zwischen Freunden immer und immer wieder begleiten. Tröstende Worte ("Du wirst eines Tages jemanden treffen. Du hast nur noch nicht die richtige Person gefunden.") sind gut gemeint, aber stets geprägt von der Annahme, das Gegenüber sei auch auf der Suche. "Loveless" stellt dagegen die wesentlich seltenere, aber auch interessantere Frage: Was, wenn man allein bleiben möchte? Georgia wird im Lauf der Geschichte lernen, dass die Suche nach Zweisamkeit für sie zwecklos ist. Und dass diese Erkenntnis "gar kein 'Aufgeben' war. Es war Akzeptanz."
Als Titel ist "Loveless" insofern irreführend, als dass ein Leben ohne Partner mitnichten ein Leben ohne Liebe bedeutet. Für Georgia sind es ihre besten Freunde, die den Platz einer fürsorglichen, ja liebevollen Beziehung auf Augenhöhe einnehmen. Und so passt "Loveless" durchaus gut in sein eigenes Genre: Weil eine Freundschaft ebenso schön sein kann wie ein Kuss bei Kerzenschein.
Alice Oseman: "Loveless". Roman.
Aus dem Englischen von Vanessa Walder. Loewe Verlag, Bindlach 2022. 480 S., br., 14,95 Euro. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Anna Vollmer bekommt ein spannendes Thema serviert in Alice Osemans Jugendroman. Was es bedeutet, wenn man aromantisch ist und Partnerschaften für sich generell ablehnt, vermittelt der Text um Osemans Heldin Georgia laut Vollmer auf eindringliche Weise. An Georgias Selbstfindungsprozess teilzunehmen, findet die Rezensentin doppelt erhellend. Weil offenbar wird, welchen Missverständnissen jemand wie Georgia ausgesetzt ist, aber auch, dass ein Leben ohne Partner ebenso heiter und traurig und auf jeden Fall so erzählenswert ist wie jedes andere auch.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Das überzeugende an ,Loveless' ist, wie genau Oseman Dialoge und Situationen abbildet. ,Loveless' stellt die wesentlich seltenere Frage: Was, wenn man allein bleiben möchte?" Anna Vollmer, Frankfurter Allgemeine Zeitung "Oseman nimmt ihre Leserinnen und Leser in 'Loveless' mit auf eine Reise zur eigenen sexuellen Identität und sie folgen der Protagonistin auf deren Weg, sich so zu akzeptieren, wie sie ist." Jana Magdanz, Deutschlandfunk "Die 27-jährige Schriftstellerin zeigt großes Einfühlungsvermögen, sprachlichen Witz und ein Gefühl für Spannung und Dramatik. "Loveless" hilft, unterschiedliche Erfahrungen und Gefühle in Bezug auf Dinge wie Sex, Romantik und Intimität auszudrücken." Rolf Brockschmidt, Der Tagesspiegel "LGBTQIA* - für viele sind das nur aneinandergereihte Buchstaben. Mit ihrem Roman 'Loveless' hat die junge britische Autorin Alice Oseman dafür gesorgt, dass wir alle ein bisschen mehr wissen über unsere vielfältige Gesellschaft." Katharina Mahrenholtz, NDR Kultur "Dieser berührende Jugendroman erzählt unaufgeregt von Diversität, Freundschaft, Akzeptanz und von Liebe." MDR Kultur "Ich fand es unterhaltsam und man lernt emotional ganz viel." NDR-Podcast eat.READ.sleep "Was zunächst wie eine x-beliebige High-School-Romanze startet, entwickelt sich zu einer einfühlsam und mitreißend erzählten Geschichte über das A in LGBTQIA+. Alice Oseman legt eine Coming-out-Geschichte der besonderen Art vor." BuchMarkt "Diversität - natürlich, selbstverständlich, ungezwungen. Unbedingt lesen." Wiebke Schleser, BuchSegler "Loveless ist eine angenehme Lektüre, die die Freundschaft der Liebe gleichstellt." frei! Stunde "Oseman hat die verworrenen Gefühle, die Verletzlichkeit und das Unverständnis sich selbst gegenüber in eine Geschichte voller Liebe und Freundschaft, Selbstsuche und Akzeptanz, Trauer und Neuanfang verwoben." Jugendbuch Couch "Mit ihren Worten hat Alice Osman mich zu Tränen gerührt, mich zum Lachen und auch Nachdenken gebracht." Sues Buchwahn "Loveless ist rundum berührend und großartig. Ich fühlte mich so abgeholt, habe unglaublich viel gelernt und die Autorin hat so eine wundervolle Erzählstimme." Kielfeder "Alice Oseman hat mit ,Loveless' eine Geschichte über Diversität, Freundschaft und all den Turbulenzen auf dem Weg zu sich selbst geschrieben. Sie hat die Gedanken und Gefühle von Georgia so authentisch aufs Papier gebannt, dass ich viel gelacht, nachgedacht und zu Tränen gerührt war. Ein absolutes Herzensbuch!" Hertzkleck "Dieses Buch hat mich gelehrt, dass Liebe so viel mehr ist als sexuelle & romantische Liebe. Liebe ist all das, was wir fühlen. Freundschaft ist Liebe. Fürsorglichkeit ist Liebe. Liebe ist überall." Chapteraway "Dieser berührende Jugendroman erzählt unaufgeregt von Diversität, Freundschaft, Akzeptanz und von Liebe, die mehr ist als Romantik und Sex." Britta Selle, MDR KULTUR "Unterhaltsam." Tanja Wessendorf, Kölner Stadt-Anzeiger "Die junge britische Autorin schreibt authentische Young-Adult-Geschichten über Liebe und Freundschaften, in denen es ganz selbstverständlich auch um Genderfragen geht - allerdings niemals belehrend oder aufdringlich." Katharina Mahrenholtz, JuLit "Eine Geschichte, die zeigt, dass es nicht nur eine Art gibt, zu lieben und glücklich zu werden." Buxtehuder Tagblatt "Loveless dient nicht nur Betroffenen bei der Selbstfindung, sondern auch der Aufklärung der Menschen." Pan Tau Books