Was ist Mode? Was erzählen wir über uns, wenn wir uns anziehen? Und woher kommt die Lust an Inszenierung und Selbstausdruck? In ihren persönlichen, hellsichtigen Essays schreibt Katja Eichinger über Handtaschen, Hermès und Habermas. Sie denkt über Fast Fashion und Nachhaltigkeit nach, über die Träume und Hoffnungen, die wir mit unserem Äußeren verbinden, über die Sehnsucht nach Selbstwert und Einzigartigkeit im digitalen Zeitalter und über Mode als politische Geste. Ein radikal vergnügliches Buch, geschrieben mit wachem Blick und großem Gespür für die Sprache der Mode heute.
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Mode Welche Freude es macht, Katja Eichingers Buch "Mode und andere Neurosen" zu lesen, lässt sich am besten anhand der frühen Szene beschreiben, in der sie, als der Philosoph Jürgen Habermas einen Biergarten am Starnberger See betritt, nicht aufhören kann, auf dessen Nike-Sneaker zu starren, Modell "Free Ultra". Von einem Smalltalk-gerechten Referat von Habermas' Theorie vom zwanglosen Zwang des besseren Arguments über eine packende Geschichte der Streetwear und deren Kaperung durch die Superreichen, die in der Ernennung Virgil Ablohs zum Chefdesigner für Louis Vuittons Männerkollektion ihren Höhepunkt fand, gelangt Eichinger zum Überwachungsregime der Gegenwart und wieder zurück zu Habermas' Sneakern. Und hat damit die Widersprüche von Ideologie und Wirklichkeit, von Selbst- und Fremdbild, die die Mode bestimmen, maximal aufgespannt.
Statt eine Theorie der Mode zu entwerfen, blickt Eichinger durch ihre eigenen Augen. Auf Bärte, Botox oder den zerstörerischen Fast-Fashion-Hype. Staunt und wundert sich, formuliert Fragen. Und stellt Erklärungsmöglichkeiten in den Raum, die fast immer verfangen. Mit Sigmund Freud und dem Künstler Grayson Perry macht sie Handtaschen als Symbol für das weibliche Geschlechtsorgan lesbar. Und zeigt, dass Selfies nicht schlicht Ausdruck von Geltungssucht sind, sondern öffentliche Anerkennung der eigenen Verletzlichkeit. Sehr schönes Gimmick: die Fotos von Christian Werner. (Aufbau, 208 S., 20 Euro).
kjr
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Statt eine Theorie der Mode zu entwerfen, blickt Eichinger durch ihre eigenen Augen. Auf Bärte, Botox oder den zerstörerischen Fast-Fashion-Hype. Staunt und wundert sich, formuliert Fragen. Und stellt Erklärungsmöglichkeiten in den Raum, die fast immer verfangen. Mit Sigmund Freud und dem Künstler Grayson Perry macht sie Handtaschen als Symbol für das weibliche Geschlechtsorgan lesbar. Und zeigt, dass Selfies nicht schlicht Ausdruck von Geltungssucht sind, sondern öffentliche Anerkennung der eigenen Verletzlichkeit. Sehr schönes Gimmick: die Fotos von Christian Werner. (Aufbau, 208 S., 20 Euro).
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