Für viele ist Politik eine Black-Box. Alle vier Jahre geht man wählen, meistens ohne eine erkennbare Wirkung, egal wer regiert. Aber wie funktioniert dieses politische Getriebe eigentlich? Was sind die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen? Marietta Slomka leistet in ihrem Buch politische
Grundausbildung für Ahnungslose. In der DDR nannte man es Staatsbürgerkunde, aber Slomka enthält sich…mehrFür viele ist Politik eine Black-Box. Alle vier Jahre geht man wählen, meistens ohne eine erkennbare Wirkung, egal wer regiert. Aber wie funktioniert dieses politische Getriebe eigentlich? Was sind die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen? Marietta Slomka leistet in ihrem Buch politische Grundausbildung für Ahnungslose. In der DDR nannte man es Staatsbürgerkunde, aber Slomka enthält sich selbstverständlich jeder Indoktrination und da in unseren Schulen diese wichtigen Grundlagen häufig nicht mehr vermittelt werden, macht es durchaus Sinn, nochmal ganz von vorne anzufangen: Wie funktionieren Wahlrecht, Parteien, Grundrechte, Staatsorgane (Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat), Gesetzgebung, Staatsform und Föderalismus? Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf unserem Wirtschaftssystem, das um einen Ausgleich zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen bemüht ist. Slomka erklärt Zusammenhänge von Konjunkturzyklen, Subventionen, Währung, Steuern und Staatsverschuldung und streift auch die Geschichte der Europäischen Union und deren aktuelle Probleme. Im letzten Kapitel rückt dann die Globalisierung in den Fokus.
Themen wie Journalismus, Pressefreiheit und Medien behandelt Slomka anhand von Beispielen und persönlichen Erlebnissen, wobei sie auch ihre typische, konfrontative Interviewtechnik begründet. In einigen Fällen vertieft sie einzelne Aspekte, im allgemeinen bleibt sie aber relativ oberflächlich.
Gut gefielen mir die „Jobbeschreibungen“ der einzelnen Posten in der Regierung, wie Minister, Staatssekretäre, Kanzler, Kanzleramtsminister, Generalsekretär oder Fraktionschef. Es ist nachvollziehbar, wie Politik zum Suchtfaktor werden kann oder warum sich die Medien häufig als "vierte" Gewalt empfinden und mit politischer Manipulation ihr journalistisches Neutralitätsgebot verletzen. Gerade in diesem Zusammenhang hätte Slomka ja auch ihren eigenen Arbeitgeber kritisch beleuchten können, aber das unterbleibt.
Sehr anschaulich ist Slomkas Ansatz, theoretische Themen meistens mit einem Zeitbezug und aktuellen Beispielen zu versehen und dabei immer wieder Vergleiche mit Großbritannien und den USA zu ziehen. Sie thematisiert auch heiße Eisen, wie Political Correctness, "Sprachpolizei", Gendern, Migration und Rassismus, allerdings häufig oberflächlich und auch nicht immer ausreichend differenziert (siehe „journalistisches Neutralitätsgebot“...).
Insgesamt ein locker, manchmal auch salopp geschriebenes Buch über die Welt der Politik, das sich vor allem an diejenigen richtet, die mit dem Thema bisher wenig am Hut hatten. Tiefergehende Analysen sind selten und Insiderberichte aus dem Nähkästchen fehlen völlig. Meine Erwartungshaltung war etwas anders.