Peter Wapnewski liest die Nibelungen in der Übersetzung von Karl Simrock und im melodischen Vers des Mittelhochdeutschen. Es ist ein großes Geschenk, diese Lesung des deutschen Heldenepos zu hören und es sich von Peter Wapnewski so klug und eingängig erklären zu lassen. Denn erst dann kann man sagen, man habe dieses Werk verstanden. (Laufzeit: 8h 42)
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.02.2007DAS HÖRBUCH
Auf in den Untergang
Peter Wapnewski liest und kommentiert das Nibelungenlied
Ein wenig scheut man sich zu sagen, wie dieses Hörbuch gestrickt ist. Es handelt sich bei diesem „Nibelungenlied” um einen Zwitter aus Lesung, Vortrag und Kommentar. Gelesen wird die Übersetzung Karl Simrocks aus dem Jahr 1827, in der das um 1200 entstandene Sippenmord- und Rachestück seine höchste Popularität genoss – als „deutsches Nationalepos”.
Allerdings unterbricht der Vorleser sich beziehungsweise die Handlung mit historischen und philologischen Erläuterungen aller Art, teils auch mit persönlichen Beobachtungen. Wobei es sich hier aber um Subjektivität höchster Güte handelt, sie entspringt einer gelehrtenlebenlangen Beschäftigung mit dem Text.
Der Vorleser ist der große, heute fünfundachtzigjährige Germanist Peter Wapnewski und dieses Nibelungenlied – eine Radioserie des Senders Freies Berlin aus dem Jahre 1994 – ist sein Nibelungenlied. Es ist aus einem Guss, Zwitterform hin oder her.
Wapnewski erzählt fast plaudernd, klar und ungermanistisch, ohne je zu simplifizieren. Satzweise liest er vor (Wichtiges zudem auf Mittelhochdeutsch), fasst Passagen zusammen, erläutert Worte und Gesten, Typisches und Grundsätzliches lässt Dunkles dunkel bleiben. Eine immer noch frische Lust am Text ist am Werk, wenn er den unbekannten Autor ironisch vorstellt (der in seinen „Schneiderstrophen” so gern in prunkvollen Gewändern schwelgt), oder Figuren charakterisiert, wie den Chauvi Siegfried, der seine Frau verprügelt.
Prunk und Prügel
Der Text des Liedes selbst ist bei einem Gelehrten ohnehin bestens aufgehoben. Kein Schauspieler würde so konsequent die Worte auf der ersten Silbe betonen („Búrgunden”), die Strophen so singend beenden, einen so ergriffen-gemessen Ton entwickeln für die reißende, doch von wissender Warte aus geschilderte Geschichte.
Dieses Epos um Intrige, Macht, Liebe und Rache zwischen Island, Worms und dem Hunnenreich ist keine murmelnde Märe. Sondern, wie Wapnewski zeigt, ein ungeheurer Spannungsbogen in den Untergang hinein, der mit enormer Dramaturgie und drastischen Charakteren gestaltet ist. Nach 800 Jahren braucht aber auch der beste Text Vermittlung. Es ist ja ein Hauptproblem im Umgang mit älterer Literatur, dass wir sie nur noch durch ständiges Schielen auf Fußnoten und Anmerkungen verstehen können. Für das Nibelungenlied ist dieses Problem hier gelöst. Die Kommentare Peter Wapnewskis, der mit dem Text quasi auf Du und Du steht, bilden so schöne, aus literarischer Leidenschaft gebaute Brücken zum Text, dass sie mit ihm zu einem Ganzen verschmelzen.
WILHELM TRAPP
DAS NIBELUNGENLIED. Gelesen und kommentiert von Peter Wapnewski. Der Hörverlag, München 2006. 8 CD, 500 Min., 39,95 Euro.
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Auf in den Untergang
Peter Wapnewski liest und kommentiert das Nibelungenlied
Ein wenig scheut man sich zu sagen, wie dieses Hörbuch gestrickt ist. Es handelt sich bei diesem „Nibelungenlied” um einen Zwitter aus Lesung, Vortrag und Kommentar. Gelesen wird die Übersetzung Karl Simrocks aus dem Jahr 1827, in der das um 1200 entstandene Sippenmord- und Rachestück seine höchste Popularität genoss – als „deutsches Nationalepos”.
Allerdings unterbricht der Vorleser sich beziehungsweise die Handlung mit historischen und philologischen Erläuterungen aller Art, teils auch mit persönlichen Beobachtungen. Wobei es sich hier aber um Subjektivität höchster Güte handelt, sie entspringt einer gelehrtenlebenlangen Beschäftigung mit dem Text.
Der Vorleser ist der große, heute fünfundachtzigjährige Germanist Peter Wapnewski und dieses Nibelungenlied – eine Radioserie des Senders Freies Berlin aus dem Jahre 1994 – ist sein Nibelungenlied. Es ist aus einem Guss, Zwitterform hin oder her.
Wapnewski erzählt fast plaudernd, klar und ungermanistisch, ohne je zu simplifizieren. Satzweise liest er vor (Wichtiges zudem auf Mittelhochdeutsch), fasst Passagen zusammen, erläutert Worte und Gesten, Typisches und Grundsätzliches lässt Dunkles dunkel bleiben. Eine immer noch frische Lust am Text ist am Werk, wenn er den unbekannten Autor ironisch vorstellt (der in seinen „Schneiderstrophen” so gern in prunkvollen Gewändern schwelgt), oder Figuren charakterisiert, wie den Chauvi Siegfried, der seine Frau verprügelt.
Prunk und Prügel
Der Text des Liedes selbst ist bei einem Gelehrten ohnehin bestens aufgehoben. Kein Schauspieler würde so konsequent die Worte auf der ersten Silbe betonen („Búrgunden”), die Strophen so singend beenden, einen so ergriffen-gemessen Ton entwickeln für die reißende, doch von wissender Warte aus geschilderte Geschichte.
Dieses Epos um Intrige, Macht, Liebe und Rache zwischen Island, Worms und dem Hunnenreich ist keine murmelnde Märe. Sondern, wie Wapnewski zeigt, ein ungeheurer Spannungsbogen in den Untergang hinein, der mit enormer Dramaturgie und drastischen Charakteren gestaltet ist. Nach 800 Jahren braucht aber auch der beste Text Vermittlung. Es ist ja ein Hauptproblem im Umgang mit älterer Literatur, dass wir sie nur noch durch ständiges Schielen auf Fußnoten und Anmerkungen verstehen können. Für das Nibelungenlied ist dieses Problem hier gelöst. Die Kommentare Peter Wapnewskis, der mit dem Text quasi auf Du und Du steht, bilden so schöne, aus literarischer Leidenschaft gebaute Brücken zum Text, dass sie mit ihm zu einem Ganzen verschmelzen.
WILHELM TRAPP
DAS NIBELUNGENLIED. Gelesen und kommentiert von Peter Wapnewski. Der Hörverlag, München 2006. 8 CD, 500 Min., 39,95 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ungebremst lässt Wilhelm Trapp seiner Begeisterung beim Hören dieser CD seinen Lauf. Es ist Peter Wapnewskis aus einer Rundfunkserie hervorgegangene, sehr persönliche Lesung des Nibelungenliedes in der Übersetzung von 1827, durchsetzt mit Kommentaren und ergänzt durch willkommene Erläuterungen, erklärt der Rezensent. Er schwärmt von der lockeren Vortragsweise, der man immer noch die Begeisterung für das Versepos anmerkt, und findet, dass Wapnewski dabei einem vortragenden Schauspieler nicht zuletzt durch die unfehlbar richtigen Betonungen der mittelhochdeutschen Wörter überlegen ist. Die Vermittlung, die ein 800 Jahre alter Text für heutige Leser beziehungsweise Hörer nötig hat, gelingt Wapnewski meisterhaft, so Trapp enthusiastisch.
© Perlentaucher Medien GmbH
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