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In 12 Stunden soll Ansel Packer wegen mehrfachen Mordes hingerichtet werden. Aber dies ist nicht seine Geschichte. Dies ist die Geschichte der Menschen, die er zurückgelassen hat. Durch ein Kaleidoskop von Frauen – eine Mutter, eine Schwester und eine Kommissarin – erfahren wir mehr über Ansels Leben und die Frauen, die ihn geboren, ihn beobachtet und ihn gefasst haben. Kukafka zeichnet ein einfühlsames Porträt von Figuren, die sonst an den Rand gedrängt werden und hinterfragt so das Narrativ des Serienmörders und unsere kulturelle Besessenheit von Kriminalgeschichten.

Produktbeschreibung
In 12 Stunden soll Ansel Packer wegen mehrfachen Mordes hingerichtet werden. Aber dies ist nicht seine Geschichte. Dies ist die Geschichte der Menschen, die er zurückgelassen hat. Durch ein Kaleidoskop von Frauen – eine Mutter, eine Schwester und eine Kommissarin – erfahren wir mehr über Ansels Leben und die Frauen, die ihn geboren, ihn beobachtet und ihn gefasst haben. Kukafka zeichnet ein einfühlsames Porträt von Figuren, die sonst an den Rand gedrängt werden und hinterfragt so das Narrativ des Serienmörders und unsere kulturelle Besessenheit von Kriminalgeschichten.

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Autorenporträt
Danya Kukafka gelang mit ihrem Debüt 'Girl in Snow' auf Anhieb ein Bestseller, der in mehreren Sprachen erschienen ist. Das Buch wurde für zahlreiche Preise nominiert und wird als Amazon Prime Serie verfilmt werden. Danya Kukafka studierte an der New York University Creative Writing unter Colson Whitehead. Sie wuchs in Colorado auf und lebt heute in New York, wo sie als Literaturagentin arbeitet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Danya Kukafka wählt eine besondere Perspektive, um sich einem Serienmörder, aber vielmehr noch seinen Opfern zu widmen, erklärt Rezensentin Maria Wiesner: Um ihm die Anerkennung zu verweigern und gleichzeitig die Leser anzusprechen, verwendet sie das "Du." Während der Täter auf seine Hinrichtung wartet, werden die Frauen des Buches vorgestellt, Lavender, seine Mutter, Saffron, eine Freundin, die später gegen ihn ermittelt, Hazel, seine Schwägerin. Dass Kukafkas Darstellung des Täters entgegen ihres Anspruchs doch ein wenig unterkomplex bleibt, wird für die Kritikerin durch die gut geschriebenen Protagonistinnen, so wie ihren klaren Blick auf die amerikanische Justiz ausgeglichen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.03.2024

Manifeste sind was für Wahnsinnige
Danya Kukafka blickt auf die Frauen im Leben eines Serienmörders

Ansel Packer hat noch zwölf Stunden zu leben. Vier Frauen sind tot, und dafür ist er verantwortlich - als Serienmörder wartet er im Todestrakt auf die Vollstreckung seines Urteils. Schon im ersten Kapitel ihres Romans "Notizen zu einer Hinrichtung" geht die amerikanische Autorin Danya Kukafka zu diesem Killer auf Distanz. Sie schreibt in der zweiten Person über ihn ("Du schwingst die Beine über die Pritschenkante, hievst dich von der Matratze. Schlüpfst in die Gefängnislatschen"). Ein stilistisches Spiel, das, seit Italo Calvino es in seinem postmodernen Roman "Wenn ein Reisender in einer Winternacht" 1979 nutzte, vor allem in Genre-Erzählungen immer wieder gern Anwendung findet.

Kukafka bedient sich dieses Mittels aus zwei Gründen: In dieser Form lässt sich der Mörder trefflich anklagen, und zugleich fordert das "Du" die Leser heraus, sich mit den Abgründen des Killers auseinanderzusetzen, fühlen sie sich doch in diesen Szenen plötzlich angesprochen. Dieses "Du" ist der doppelte Boden, auf dem Kukafka tanzt, denn eigentlich will sie dem Mörder die Anerkennung verweigern, die er so dringend sucht. Stattdessen soll es der jungen Autorin, die Creative Writing bei Colson Whitehead studierte, um die Frauen gehen, die den Mörder als Kind kannten, und um jene, die ihn gefangen haben.

Saffron, Hazel und Lavender heißen sie, und die Kapitel wechseln sich mit ihren Namen und Geschichten ab. Lavender ist Packers Mutter. Schwanger war sie bereits mit siebzehn Jahren und völlig überfordert von der Rolle, zugleich aber in der Beziehung zu einem gewalttätigen Mann gefangen, der ihr Essen rationierte, sie und die Kinder schlug und es ihr unmöglich machte, aus dem Haus auszubrechen. Kukafka packt Lavenders Verzweiflung in starke Bilder: "Es war, als hätte sie ihre Wünsche so lange in der Hand gehalten, bis sie zu Tand verkommen waren, bedeutungslos, sinnlos, reine Platzverschwendung." Und eines Tages bietet sich der Mutter doch die Gelegenheit, das Jugendamt anzurufen - direkt danach setzt sie sich nach Kalifornien ab.

Saffron lernt Ansel in einem Pflegeheim kennen, findet den gleichaltrigen Jungen anziehend und überrascht ihn am Fluss hinterm Haus, wo er eine Sammlung geköpfter Tiere sortiert. Das Ereignis versetzt das Mädchen in einen solch lähmenden Schock, dass sie umgehend in eine neue Pflegefamilie gebracht wird. Jahre später hat sie sich zur Polizeiermittlerin hochgearbeitet und ist Teil des Teams, das Morde an drei jungen Frauen im Bundesstaat New York untersucht. Auf Saffrons Gespür geben die älteren Kollegen nicht viel. Für den schnellen Erfolg verhaften sie einen Landstreicher. Dass die Beweise gegen ihn nicht stichhaltig sind, wird für einen Skandal, die Absetzung von Saffrons Chef und ihren weiteren Aufstieg in der Polizeihierarchie sorgen. So kann sie Jahre später, als die Mordserie fortgesetzt wird, ihren Instinkten folgen und sich an Ansels Fersen heften.

Die Sprünge zwischen den Zeitebenen macht Kukafka mit Datumsangaben unter den Kapitelüberschriften deutlich, die jeweils nur die Namen jener Frau tragen, um die es auf den folgenden Seiten geht. Wie Fäden in einem Spinnennetz laufen die Lebenserzählungen von Lavender, Saffron und Hazel - der Schwester von Ansel Packers Ehefrau - immer weiter auf jenen Zeitpunkt zu, an dem sie unweigerlich aufeinandertreffen müssen. Dazwischen werden in den Kapiteln, die sich Ansel Packer vornehmen, erst die Stunden gezählt, dann die Minuten, die ihm bis zur Hinrichtung bleiben.

Darin erklärt er seiner Gefängniswärterin etwa, was er über die Jahre auf gelbe Notizblöcke geschrieben hat und seine "Theorie" nennt. Auf keinen Fall will er das als Manifest verstanden wissen, denn: "Manifeste sind was für Wahnsinnige", sie "werden von Terroristen hastig hingekritzelt, bevor sie sinnlose Attentate verüben". Packers Schreiberei hingegen soll "eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der ureigensten menschlichen Wahrheit" sein: "Niemand ist nur böse. Niemand ist nur gut. Wir alle leben unter Gleichen in der Grauzone dazwischen."

Ein lächerlich banaler Gedanke und eine fast schon zu einfache Zielscheibe, will man verdeutlichen, dass keine selbst gebastelte Welttheorie Morde begründen kann. Lars von Trier stand in seinem Serienkillerfilm "The House That Jack Built" vor einem ähnlichen Problem, entschied sich jedoch dafür, es frontal anzugehen - was wiederum hieß: Der Killer war die Hauptfigur der Erzählung, konnte dementsprechend aber auch mit Härte verurteilt werden und landet am Ende in der Hölle.

Kukafkas Versuch, die Motivation für das Töten zu bagatellisieren und den Mörder als geistig verwirrten Schwächling zu charakterisieren, unterläuft zudem den Vorsatz, ihm die erzählerische Aufmerksamkeit zu verweigern. Das ist allerdings auch der einzige Schwachpunkt ihres Buches. "Notizen zu einer Hinrichtung" ist virtuos gebaut, und was die Betrachtung Packers an Komplexität vermissen lässt, macht die Autorin mit den Charakteren ihrer drei Protagonistinnen wieder wett.

Zugleich gelingt ihr am Ende anhand des Killer-Schicksals ein kritischer Blick auf Amerikas Rechtssystem. Das beschriebene Spektakel der Hinrichtung durch die Giftspritze, zu dem Hinterbliebene wie Angehörige anreisen, wirft nicht nur moralische Fragen auf. MARIA WIESNER

Danya Kukafka: "Notizen zu einer Hinrichtung".

Roman.

Aus dem Englischen von Andrea O'Brien.

Blumenbar Verlag, Berlin 2024.

348 S., geb., 22,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Mit einer emotionalen Wucht, die dem Leser streckenweise den Atem nimmt, erzählt sie von drei Frauen, die lernen, mit Traumata umzugehen und eine selbstbestimmte Zukunft überhaupt für möglich zu halten.« Der SPIEGEL 20240313