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Chris Priestleys Hausbuch für Kinder-Ängstiger
Eltern, die ihre Kinder vor allem Schrecklichen bewahren möchten, sind in Verruf geraten. Die Folge sind eine Menge unerfreulich drastischer Elendsjugendbücher, die ihren jungen Protagonisten alle möglichen körperlichen wie seelischen Gewalterfahrungen bereiten. Dass sie in sprachlicher Hinsicht oft wenig taugen, wird man verschmerzen; dass sie aber mit ihrer Präsenz auf dem Jugendbuchmarkt die ehrwürdige literarische Tradition des lustvollen Gruselns verdrängen, ist ein Verlust.
Umso mehr begrüßt man Bücher wie Chris Priestleys "Onkel Montagues Schauergeschichten". Ein kleiner Junge besucht seinen Onkel in einem einsamen Haus in einem dunklen Wald und hört jedesmal von Kindern, die von Monstern umgebracht, in Parallelwelten gefangen gehalten oder von einem besonders fiesen Dämon besessen werden. All diese Geschichten sind glänzend erzählt und auf verhaltene Weise äußerst ängstigend, keine von ihnen hat ein auch nur ansatzweise hoffnungverheißendes Ende.
Sie alle setzen auf die eine, bei Kindern weitverbreitete Furcht: dass sie für ein vergleichsweise lässliches Vergehen wie die Übertretung eines elterlichen Verbotes unverhältnismäßig grausam gestraft werden. Dass sie sich ihr entsetzliches Schicksal also zwar selbst eingebrockt haben - aber wie hätten sie auch dieses Ende ahnen können?
All dies, weiß der Ich-Erzähler, der Neffe jenes Montague, sind Geschichten von zweifelhaftem Wahrheitsgehalt. Dann aber, am Ende des Romans, hebt Montague an und erzählt eine weitere, diesmal selbst erlebte. Und wenn sich danach urplötzlich all jene Kinder um ihn und seinen Neffen scharen, die in den Geschichten aus der behüteten Welt ihrer Eltern abhanden gekommen waren, dann, spätestens, lernt auch der erwachsene Leser das Gruseln.
TILMAN SPRECKELSEN
Chris Priestley: "Onkel Montagues Schauergeschichten". Aus dem Englischen von Beatrice Howeg. Bloomsbury Verlag, Berlin 2010. 223 S., geb., 15,90 [Euro]. Ab 12 J.
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