Von keiner der bedeutenden Gestalten unserer Generation sind weniger Begegnungen berichtet als von Otto Weininger, der mit 24 Jahren, knapp vor dem Anbruch seines Ruhms, sich mit einer Revolverkugel den Schädel zerschmetterte. Oft hatte ich diesen hageren, unsicheren, hässlichen, gedrückten Studenten im Kolleg gesehen, wusste, dass er Weininger hieß, kannte ebenso vom Namen her die anderen an seinem Kaffeehaustisch, Oskar Ewald, Emil Lucka, Arthur Gerber, Hermann Swoboda, wie sie mich kannten, der ich damals schon mit zwei Büchern ihnen vorausgeschossen war. Aber zur Bindung fehlte eine einzige dumme Kleinigkeit - wir waren einander nicht "vorgestellt"; und obwohl unsere Kreise, der dichterische wie der philosophische, sich heimlich sehr füreinander interessierten, obwohl Botschaft und Gespräch zwischen uns Zwanzigjährigen neugierig spazieren wanderte, kam es doch niemals oder lange nicht zu einer offiziellen "Vorstellung".
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