Konrad Beikircher über Ovid "Liebeskunst": Die Schule, die ich in Bozen besuchte, war das Franziskanergymnasium und dieses legte Wert auf Latein und Altgriechisch. Ich gestehe: auch wenn ich kein As war, habe ich beides gerne gemacht. Was mich allerdings damals immer schon belustigt hat, war dieses hölzerne Altphilologen-Deutsch, in dem die Übersetzungen dahergestelzt kamen. Mit dem Abitur war das natürlich erst mal vergessen, bis ich mit zunehmendem Alter immer mehr die Schönheit und Aktualität der antiken Literatur wieder entdeckte. Eines Tages hatte ich die ars amatoria von Publius Ovidius Naso in der Hand und da fiel mir ein: warum um alles in der Welt sind diese Gedichte heute nur noch der Fachwelt vorbehalten? Weil dieses gestelzte Philologendeutsch keine Sau lesen mag. Also war nur noch die Frage: kann ich noch genug Latein, um eine eigene zeitgemäße Übersetzung wagen zu können und siehe da: et jing! So habe ich die 'geilsten' Verse übertragen und damit kein Fehler passiert, habe ich meinen Bruder Hugo (Altphilologe und ein Riesen-Crack bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften) um Korrektur und Überwachung gebeten. Dann habe ich die Verse Ovids in meiner Sprache ein paarmal vorgelesen und was war? Begeistert staunten viele Zuhörerinnen über die 'zeitgemäßen' Ratschläge Ovids (ich bitte Sie: 15 vor Christus hat er das geschrieben), z.B. über das Verbergen körperlicher Nachteile oder über Stellungen beim Liebesspiel oder über Eifersucht als Salz in der Suppe und so weiter. Das was der eleganteste Dichter seiner Zeit damals als "Ratgeber" zum Thema: wie bekomme ich die Schöne flach? geschrieben hat, ist dem, was wir heute fühlen, so nahe, daß es unverändert in MAX oder sonst einem Zeitgeistmagazin stehen könnte. Und natürlich ist das alles auch deshalb so aktuell, weil sich im reizvollen Liebesspiel zwischen Mann und Frau durch die Jahrtausende hindurch kaum was geändert hat. Ich bin sicher, daß auch die Neandertalerin schon überlegt hat, ob sie das Bärenfell nicht doch etwas kürzer tragen könnte, um den schönen Grunzer erobern zu können. Damit es auch eine schöne CD wird, habe ich meinen alten Freund Manfred Schoof, nach wie vor einen der führenden europäischen Jazzmusiker, gebeten, sein Flügelhorn zu nehmen und die einzelnen Abschnitte musikalisch zu kommentieren. Wie schön das alles zusammenpasst, hören Sie selbst. PS: und wenn keiner der Ovid'schen Tricks verfängt und sich die Schöne immer noch spröde zeigt, schenken Sie ihr doch diese CD - diesen Wink wird sie sicher verstehen. Und wenn nicht, hätte sich der Einsatz sowieso nicht gelohnt!
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