Sie ist ungebildet, unreflektiert, manipulierbar, von vordergründigen Bedürfnissen getrieben und entbehrt jedes Weitblickes jene Masse, an der sich Politiker aller Lager orientieren und die so letztlich bestimmt, wo es im Staat langgeht. Christian Ortner widmet sich in seiner Streitschrift mit pointierter Polemik den Folgen dieser Vorherrschaft der bildungsfernen, aber grundsicherungsaffinen Schichten, und gelangt zur Einsicht: Die Demokratie ist früher oder später zum Bankrott verurteilt, denn die Masse regiert den Staat in den Untergang. Erst wenn er ruiniert ist, können die demokratischen Systeme wieder Selbstheilungskräfte entwickeln.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.03.2013Wider teure Wahlgeschenke
Westliche Demokratien fördern den Staatsbankrott
Erstaunlich viele Wähler in Deutschland und Österreich sind ihrer Muttersprache nur bedingt mächtig. Sinnerfassend lesen und schreiben zu können ist für viele künftige Wähler eine Hürde. Das Problem dürfte sich zumindest in Österreich verschärfen, wie regelmäßig veröffentlichte Leistungstests zeigen. Bildungsferne Gruppen entscheiden aber über die künftige Entwicklung ihrer Heimat mit und fördern, dass Regierungen vor Wahlen gerne auf Pump kostspielige Zugeständnisse machen.
Das kritisiert Christian Ortner in seinem Buch über die unmündige Wählerschaft in westlichen Demokratien. Der Autor ist einer der namhaftesten liberalen Publizisten in Österreich. Zwar gesteht Ortner zu, dass sich die westeuropäischen Demokratien in den Nachkriegsjahrzehnten nicht schlecht entwickelt haben: "Kaum ein anderes politisches Betriebssystem hat so viel Wohlstand für so viele geschaffen wie die europäische Parteiendemokratie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts." Doch weist er darauf hin, dass ein erheblicher Teil dieses Wohlstands auf Schulden geschaffen wurde.
Die in den westlichen Volkswirtschaften weit verbreitete Idee, wonach Demokratie und Wohlstand untrennbar miteinander verbunden seien, sei empirisch nicht wirklich belegbar, findet Ortner. Indien etwa, gemessen an der Zahl der Einwohner die größte Demokratie der Welt, hatte noch im späten 20. Jahrhundert enorme Probleme, den Hunger zu bekämpfen. Indien war demokratisch, aber bettelarm. Erst mit dem Beginn der liberalen Reformen in den neunziger Jahren endete die Massenarmut in Indien. China hingegen, der traditionelle regionale Konkurrent der Inder, ist bis heute keine Demokratie. Trotzdem hat es jetzt schon mehr als ein Vierteljahrhundert lang einen in der Menschheitsgeschichte nahezu einmaligen ökonomischen Aufstieg hinter sich. China ist nicht demokratisch, aber undemokratisch wohlhabend geworden. Ähnliches haben die Regierungen anderer asiatischer Tigerländer geschafft. In Singapur ist es einem autoritären Familienclan gelungen, aus einem sumpfigen Stück Land ohne Ressourcen einen der wohlhabendsten Stadtstaaten der Welt zu formen - ohne Demokratie.
Angesichts der Neigung der Demokratie, sich früher oder später in die Staatspleite zu wählen, fordert Ortner Korrekturen. Dazu wäre eine Instanz notwendig, die den Prozess der Wählerbestechung per Schuldenaufnahme zum Stillstand bringt. Das sei nur möglich, wenn diese Instanz nicht genauso um ihre Wiederwahl bangen muss wie der Parlamentarier. Er schlägt vor, politische Mandatare durch Zufallsgenerator oder per Los zu bestimmen und so von Wiederwahl per Wählerbestechung unabhängig zu machen. Er zitiert Hayek: Demnach wäre den Idealen der Demokratie besser gedient, wenn alle Staatsdiener oder alle Empfänger von öffentlichen Unterstützungen vom Wahlrecht ausgeschlossen wären.
MICHAELA SEISER.
Christian Ortner: Prolokratie.
Edition a, Wien 2013, 96 Seiten, 14,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Westliche Demokratien fördern den Staatsbankrott
Erstaunlich viele Wähler in Deutschland und Österreich sind ihrer Muttersprache nur bedingt mächtig. Sinnerfassend lesen und schreiben zu können ist für viele künftige Wähler eine Hürde. Das Problem dürfte sich zumindest in Österreich verschärfen, wie regelmäßig veröffentlichte Leistungstests zeigen. Bildungsferne Gruppen entscheiden aber über die künftige Entwicklung ihrer Heimat mit und fördern, dass Regierungen vor Wahlen gerne auf Pump kostspielige Zugeständnisse machen.
Das kritisiert Christian Ortner in seinem Buch über die unmündige Wählerschaft in westlichen Demokratien. Der Autor ist einer der namhaftesten liberalen Publizisten in Österreich. Zwar gesteht Ortner zu, dass sich die westeuropäischen Demokratien in den Nachkriegsjahrzehnten nicht schlecht entwickelt haben: "Kaum ein anderes politisches Betriebssystem hat so viel Wohlstand für so viele geschaffen wie die europäische Parteiendemokratie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts." Doch weist er darauf hin, dass ein erheblicher Teil dieses Wohlstands auf Schulden geschaffen wurde.
Die in den westlichen Volkswirtschaften weit verbreitete Idee, wonach Demokratie und Wohlstand untrennbar miteinander verbunden seien, sei empirisch nicht wirklich belegbar, findet Ortner. Indien etwa, gemessen an der Zahl der Einwohner die größte Demokratie der Welt, hatte noch im späten 20. Jahrhundert enorme Probleme, den Hunger zu bekämpfen. Indien war demokratisch, aber bettelarm. Erst mit dem Beginn der liberalen Reformen in den neunziger Jahren endete die Massenarmut in Indien. China hingegen, der traditionelle regionale Konkurrent der Inder, ist bis heute keine Demokratie. Trotzdem hat es jetzt schon mehr als ein Vierteljahrhundert lang einen in der Menschheitsgeschichte nahezu einmaligen ökonomischen Aufstieg hinter sich. China ist nicht demokratisch, aber undemokratisch wohlhabend geworden. Ähnliches haben die Regierungen anderer asiatischer Tigerländer geschafft. In Singapur ist es einem autoritären Familienclan gelungen, aus einem sumpfigen Stück Land ohne Ressourcen einen der wohlhabendsten Stadtstaaten der Welt zu formen - ohne Demokratie.
Angesichts der Neigung der Demokratie, sich früher oder später in die Staatspleite zu wählen, fordert Ortner Korrekturen. Dazu wäre eine Instanz notwendig, die den Prozess der Wählerbestechung per Schuldenaufnahme zum Stillstand bringt. Das sei nur möglich, wenn diese Instanz nicht genauso um ihre Wiederwahl bangen muss wie der Parlamentarier. Er schlägt vor, politische Mandatare durch Zufallsgenerator oder per Los zu bestimmen und so von Wiederwahl per Wählerbestechung unabhängig zu machen. Er zitiert Hayek: Demnach wäre den Idealen der Demokratie besser gedient, wenn alle Staatsdiener oder alle Empfänger von öffentlichen Unterstützungen vom Wahlrecht ausgeschlossen wären.
MICHAELA SEISER.
Christian Ortner: Prolokratie.
Edition a, Wien 2013, 96 Seiten, 14,90 Euro.
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