Die Ausgangslage ist düster. Die Menschheit ist dabei, ihre Lebensgrundlage zu zerstören. Sechs von neun ökologischen planetaren Grenzen sind bereits überschritten und befinden sich im Hochrisikobereich. Der amerikanische Physiker Edward Teller hat bereits 1959 auf der Konferenz "Energy and Man" im
Beisein der Führung der Ölkonzerne auf die Folgen der Verbrennung der fossilen Treibstoffe…mehrDie Ausgangslage ist düster. Die Menschheit ist dabei, ihre Lebensgrundlage zu zerstören. Sechs von neun ökologischen planetaren Grenzen sind bereits überschritten und befinden sich im Hochrisikobereich. Der amerikanische Physiker Edward Teller hat bereits 1959 auf der Konferenz "Energy and Man" im Beisein der Führung der Ölkonzerne auf die Folgen der Verbrennung der fossilen Treibstoffe hingewiesen und die Klimakatastrophe damit vorhergesagt.
In den 1980er Jahren war es u.a. Hoimar von Ditfurth, der das Thema analysiert und einem breiten Publikum vorgestellt hat. Er hat sich darüber gewundert, dass die Menschen in Anbetracht der Situation nicht schreiend auf die Straße rennen (Innenansichten eines Artgenossen, S. 393). Maren Urner analysiert die emotionale Seite und beantwortet auch diese Frage aus Sicht einer Neurowissenschaftlerin und Medienpsychologin. Ihre Analyse ist radikal, wie der Titel des Buches erwarten lässt.
Die Autorin stellte in der Vergangenheit ihr Konzept des dynamischen Denkens vor und verknüpft dieses mit den drei Schritten der radikalen Emotionalität, die sie in diesem Buch vorstellt. Es geht um emotionale Reife durch radikale Aufmerksamkeit, kommunikative Reife durch radikale Ehrlichkeit und um soziale Reife durch radikale Verbundenheit. Im Fokus stehen das "wofür" und nicht das "wogegen", die Begriffe "normal" und "erfolgreich" sowie die Aufhebung des Lagerdenkens. Gefühl und Verstand sind eine Einheit.
Es sind nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, die unser Verhalten ändern, sondern die emotionale Betroffenheit. Etwas zu wissen und etwas zu tun sind zweierlei. Wir sind keine rational denkenden und handelnden Wesen. Es ist daher hilfreich, wenn wir uns unserer Emotionen bewusst sind und sie nicht verdrängen. Die Autorin spricht in diesem Zusammenhang von emotionaler Reife. Hiobsbotschaften sollten nicht zur "Pandemie der Hilfslosigkeit" führen, sondern zu mehr Aktivität.
Neben der emotionalen Reife gilt es, ehrlich mit unseren Emotionen und unseren Mitmenschen umzugehen, mit dem Ziel, eine kommunikative Reife zu erlangen. Was bislang als normal und erfolgreich galt, muss hinterfragt werden. Die Begriffe sind kulturell verankert, aber nicht statisch. Erfolgreiche Klimaklagen machen deutlich, dass manches, was bislang als normal galt, verändert werden muss. Einer kollektiven Realitätsverweigerung muss entgegengewirkt werden.
Freiheit bedeutet Selbstverantwortung. Wir sind aber keine Einzelwesen, sondern gehören Gruppen an, mit ähnlichen Zielen. Eine lebenswerte Zukunft zu gestalten erfordert eine soziale Reife. Trennungen im Kopf müssen aufgehoben werden, Politik und Persönliches lassen sich nicht trennen, ebenso wenig wie Herz und Hirn oder Mensch und Umwelt. Strukturen müssen hinterfragt werden, wenn sie Menschen krank machen. Gesundheit erfordert eine gesunde Umgebung, insofern befinden wir uns alle in einem Boot.
Es handelt sich um ein Buch mit Tiefgang, welches einem die Augen öffnet. Der Aufnahmekanal ist aber der Verstand, der – wie wir gelesen haben – alleine keine Veränderungen bewirken kann. Das beispielhafte Vorleben unserer Politiker und der Menschen mit Macht, Ansehen und Geld bewirkt mehr, wie bereits an dem rosa Trikot von dem Fußballer Lionel Messi deutlich wurde. Wie man die soziale Reife und das Verantwortungsgefühl dieser einflussreichen Menschen erhöht, bleibt nebulös.