Diesmal sind es 8 Kurzgeschichten, in denen uns der italienische Meister von 1890 bis in die Mitte des 20. Jh. durch sein fiktives Örtchen Vigata auf einen Spaziergang mitnimmt. Ein Zeitabschnitt, in dem viele seiner Bücher spielen, der ihm wohl sehr am Herzen gelegen hat. Vielleicht spielt aber die
Zeit auch gar keine Rolle, denn allzu viel tut sich nicht in dem kleinen, fiktiven sizilianischen…mehrDiesmal sind es 8 Kurzgeschichten, in denen uns der italienische Meister von 1890 bis in die Mitte des 20. Jh. durch sein fiktives Örtchen Vigata auf einen Spaziergang mitnimmt. Ein Zeitabschnitt, in dem viele seiner Bücher spielen, der ihm wohl sehr am Herzen gelegen hat. Vielleicht spielt aber die Zeit auch gar keine Rolle, denn allzu viel tut sich nicht in dem kleinen, fiktiven sizilianischen Örtchen, das seiner Geburtsstadt Porto Empedolce nachempfunden ist.
In der titelgebenden Geschichte wird das 1899 das neue Jahrhundert mit einem Maskenball eingeläutet, was schon im Vorfeld für viel Wirbel sorgt. Aber die beiden verfeindeten Familien wollen in der Nacht ihren Zwist ruhen lassen. Klar dass sich die Kinder Manueli und Mariarosa ineinander verlieben. Manueli lässt seine Angebetete entführen, leider nimmt sein überhasteter Plan einen anderen Ausgang.
Dann erleben wir den Wettstreit zweier Eisverkäufer am Strand von Vigata, der viel Einfallsreichtum hervorbringt und zu einer Volksabstimmung führt und zur Erfindung der Eiswaffel. Ein Esel namens Mussolini und ein paar Schuhe spielen eine Rolle in der einer anderen Geschichte, oder eine falsche Madonna, die den Männern den Kopf verdreht. Ja, ewig lockt das Weib, und das nicht nur in einer Geschichte.
Am besten hat mir »Die Königin von Pommern« gefallen. Keiner in Vigata hat bisher etwas von dem Königreich Pommern gehört, doch alle wittern das große Geschäft, das ihnen vom Marchese versprochen wird. Der Exportschlager sind Hunde, allerdings müssen alle zusammen abgenommen werden. Nun ja, es sind nur 3550 Pommersche Spitze.
Camilleri präsentiert uns die Vigatesi, wie sie sind, verhaftet in ihren Traditionen und Werten, manchmal etwas einfältig und abergläubisch. Klatsch und Tratsch, Eifersucht und Rache und nicht zuletzt die Liebe bringen ihr Blut in Wallung und Abwechslung in den gewöhnlichen Alltag. Man kann über sie schmunzeln, über ihren menschlichen Schwächen, ihren Einfallsreichtum oder ihren Schatten, über den sie nicht springen können. Camilleri zeichnet es wie immer gekonnt mit feinen Pinselstrichen und gelegentlichen Übertreibungen. Für Camilleri-Leser ist es ein bisschen wie heimkommen, man kennt die Vigatesi ja inzwischen mit all ihren Marotten, die sie so liebenswert machen.
Die Geschichten sind eine bizarre Mischung aus Komödie und Drama und es zeigt sich einmal mehr, welch guter Menschenbeobachter Camilleri war. Ohne zu bewerten oder zu moralisieren, richtet er seinen Blick auf die kollektiven Verhaltensweisen und gibt den Menschen seiner Heimat eine Bühne. Ich denke, hier spüren wir viel von dem leidenschaftlichen Theaterregisseur, der er war. Erzählt mit viel Humor, Charme und spitzer Zunge. Er hangelt sich über moralische Untiefen, schaut tief in die Seele, denn er kennt sie, die Schwächen und Nöte seiner Landsleute und spart auch nicht mit Gesellschaftskritik.