Anke Stelling
Hörbuch-Download MP3
Schäfchen im Trockenen (MP3-Download)
Ungekürzte Lesung. 440 Min.
Sprecher: Stelling, Anke
PAYBACK Punkte
8 °P sammeln!
Resi hätte wissen können, dass ein Untermietverhältnis unter Freunden nicht die sicherste Wohnform darstellt, denn Freundschaft hört bekanntlich beim Geld auf. Sie hätte wissen können, dass spätestens mit der Familiengründung der erbfähige Teil ihrer Clique abbiegt in Richtung Eigenheim und Abschottung und sie als Aufsteigerkind zusehen muss, wie sie da mithält. Aber Resi wusste es nicht.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, D ausgeliefert werden.
Anke Stelling, 1971 geboren, studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und wurde für ihre schriftstellerische Arbeit vielfach ausgezeichnet. Ihr Roman 'Bodentiefe Fenster' stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, 'Schäfchen im Trockenen' erhielt den Preis der Leipziger Buchmesse.
Produktdetails
- Verlag: speak low
- Gesamtlaufzeit: 440 Min.
- Erscheinungstermin: 13. Dezember 2019
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783940018816
- Artikelnr.: 58513059
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Anke Stellings neuer Roman ist "mit Wirklichkeit beschmutzt", stellt Rezensent Jens Bisky nach einer ebenso "atemlosen" wie "empörten" Lektüre fest - und meint das alles ganz und gar positiv. Denn so wütend, rasant und "böse" hat lange niemand mehr das Berliner Selbstverwirklichungsmilieu auseinandergenommen, fährt der Kritiker fort, der hier die Geschichte um die im Stuttgarter Mief der Achtziger aufgewachsene Resi liest, die inzwischen mit Künstler-Mann und vier Kindern in Berlin lebt, auf der Suche nach einer passenden Wohnung ist, vorab allerdings ihr Leben niederschreibt. Wie Stelling hier Selbstverwirklichungsillusionen urbaner Kreativer, "robuste Bürgerlichkeit" und Existenz- und Statussorgen aufeinanderprallen lässt, erinnert Bisky an den realistischen Roman des 19. Jahrhunderts.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Gebundenes Buch
Nervige Verfemung der Realität
Selten treffen Romane so authentisch den Nerv der Zeit wie «Schäfchen im Trockenen» von Anke Stelling, dem geradezu prophetisch ein Thema hinterlegt ist, welches die Politik jahrelang verschlafen hat, die Wohnungsnot in den urbanen Zentren …
Mehr
Nervige Verfemung der Realität
Selten treffen Romane so authentisch den Nerv der Zeit wie «Schäfchen im Trockenen» von Anke Stelling, dem geradezu prophetisch ein Thema hinterlegt ist, welches die Politik jahrelang verschlafen hat, die Wohnungsnot in den urbanen Zentren nämlich. Als bisher größter Erfolg wurde der im Bezirk Prenzlauer Berg in Berlin lebenden Schriftstellerin dieses Jahr dafür der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen als ein «scharfkantiger, harscher Roman, der wehtun will und wehtun muss», wie die Jury in ihrer Begründung schwärmt. Und die Autorin bestätigt im Interview: «Während meines Studiums wurde mir ein grausamer Blick bescheinigt». Wie schon in ihrem Inzest-Roman «Fürsorge» scheut sich Anke Stelling jedenfalls nicht, ausgesprochen brisante Themen anzupacken, hier im Roman ist es, vor dem Hintergrund zunehmend unbezahlbar werdender Mieten, die prekäre Situation vieler Künstler, die eben nicht ihre «Schäfchen im Trockenen» haben.
Dieser sozialkritische Gegenwartsroman wird aus der Ich-Perspektive einer erfolglosen, der Autorin in vielen Aspekten ähnelnden Schriftstellerin erzählt. Die versucht ihrer 14jährigen Tochter Bea immer wieder zu erklären, wie schwierig weibliche Selbstverwirklichung ist in einer extrem ungerechten Klassengesellschaft, ein Versuch quasi, sie damit abzuhärten gegen die Zumutungen des Lebens. Resi, deren Name sich auf die Parrhesie beziehe, die Redefreiheit der gesellschaftlich Unterprivilegierten, wie die Autorin erklärt hat, Resi also lebt mit ihrem Mann und ihren vier Kinder - na wo schon?- im Prenzlauer Berg natürlich, in einer bezahlbaren Altbauwohnung, die ihr jedoch zum Jahresende gekündigt wurde. Grund dafür war ein Buch, in dem sie ihrer alten, vom harmonischen Zusammenleben in einer neuen Art städtischer Großkommune schwärmenden, wohlhabenden Clique fast bösartig ihre diversen Lebenslügen vorhält. Ein Einlenken dem verärgertem altem Kumpel gegenüber, von dem sie einst die billige Wohnung als Untermieter bekommen hatte, kommt für sie nicht infrage. Ihre gut ein Dutzend Freunde sind nach Heirat und Kinderkriegen reihenweise aus den sozial-schwärmerischen Jugendträumen in die neoliberale Realität der wohlstandsverwahrlosten Spaßgesellschaft zurückgekehrt und erfreuen sich unbekümmert der selbsterworbenen oder ererbten Pfründe. Resi hingegen sieht mit Grausen unaufhaltsam den sozialen Abstieg auf sich zukommen, einen Umzug nach Marzahn bestenfalls, für sie geradezu Synonym eines vom Prekariat besiedelten, tristen Plattenbau-Stadtteils am Rande Berlins, - in ihren schlimmsten Albträumen droht aber auch die Obdachlosigkeit der sechsköpfigen Familie.
Anke Stelling erweist sich als rigorose Desillusionistin, die Bitternis ihrer Protagonistin richtet sich, für mich überraschend ehrlich, vor allem auf die stressige Aufzucht ihrer viel zu großen Kinderschar. Immer wieder stellt die überforderte Resi sich die Frage, wie sie als dauerhaft in finanziellen Schwierigkeiten lebende, bis dato erfolglose Schriftstellerin, mit einem einkommenslosen Künstler als Ehemann auch noch, gleichwohl vier Kinder in die Welt setzen konnte. In einer collageartigen Erzählung aus diesem Milieu sind Alltagsszenen, Kindheitserinnerungen, Briefentwürfe, Albträume und Selbstgespräche der Protagonistin fragmentarisch recht sprunghaft aneinandergereiht. Sie zeichnen das beklemmende Bild einer total isolierten, entfremdeten Frau Mitte vierzig, die verschärfte Spielart einer Midlife-Crisis.
Auch wenn man, wie die Autorin selbst, davon überzeugt ist, dass jede Wahrheit dem Menschen zumutbar ist, dürfte auch dem geduldigsten Lesern die gebetsmühlenartige Wiederholung immer gleicher Kritik, der ständige Protest gegen die Zumutungen des Alltags, gehörig auf den Geist gehen. Bei mir war es letztendlich so, dass ich dieses Traktat inhaltlich zwar bejaht, erzählerisch aber nach einiger Zeit nur noch verflucht habe als penetrante, auf Dauer nervige Verfemung der Realität.
Weniger
Antworten 5 von 5 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 5 von 5 finden diese Rezension hilfreich
Gebundenes Buch
Jammern auf hohem Niveau
„Berlin-Roman“ schreibt die SZ. Kreuzberg-Friedrichshain-Roman wäre besser, weil es ums grün-alternative Milieu geht. Reiche Jugendfreunde aus dem Schwabenland, mittlerweile verheiratet und Mutter oder Vater gründen in Berlin, genauer am …
Mehr
Jammern auf hohem Niveau
„Berlin-Roman“ schreibt die SZ. Kreuzberg-Friedrichshain-Roman wäre besser, weil es ums grün-alternative Milieu geht. Reiche Jugendfreunde aus dem Schwabenland, mittlerweile verheiratet und Mutter oder Vater gründen in Berlin, genauer am Prenzlauer Berg eine WG, allerdings nicht als Mieter, sondern als Eigentum, da das Studentenleben vorbei ist und man Geld, viel Geld verdient.
So viel Geld, dass Ingmar sich erlauben kann, der Künstlerin und Ich-Erzählerin Resi Geld für die Erdgeschosswohnung zu leihen, aber Resi lehnt ab. Immerhin zieht sie mit ihrem Mann Sven und 4 Kindern in die alte Mietwohnung von Frank, der aber später seine Wohnung kündigt, weil Resi einen Essay über die WG veröffentlicht hat und Geheimnisse verraten hat.
Das war bereits die Handlung, die aus der Sicht von Resi erzählt wird, die ihre älteste Tochter Bea warnen will, dass es ihr später nicht so ergeht, wie die Ich-Erzählerin es erleben muss.
Auch aus Heidelberg kenne ich das grün-alternative Milieu, gehöre vielleicht selbst dazu, aber endlich schreibt jemand, dass die Toleranz in diesem Milieu nur Fassade ist. Welche Werte oder ob es überhaupt Werte gibt, bleibt auf der Strecke. Jedenfalls dass Resi über die Wohnsituation, über einen begehbaren Kleiderschrank, über Reichtum schreibt, ohne vorher darüber zu reden, das geht nicht.
Das alternative Milieu scheint die Ideologie des Neoliberalismus aufgesogen zu haben. „Selberschuldschicksale“ (S.147) sagt das aus. Jeder kann alles erreichen, wenn er nur genug leistet. Dass aber die Ausgangssituation schon unterschiedlich ist, erkennen gerade die Kinder aus reichem Elternhaus nicht. Schon die Mutter der Ich-Erzählerin musste erleben, dass ihre Beziehung zu Werner aus dem Pastorenhaushalt scheiterte, weil sie die Etikette nicht kannte.
Ist die Ich-Erzählerin auch wütend auf ihre Mutter? Ein wenig vielleicht, weil sie von ihr nicht vor den Gefahren des Lebens gewarnt wurde, aber die Welt ändert sich. Die Mutter glaubte noch, dass man mit Bildung alles erreichen kann und ermöglichte Resi als erste in der Familie das Studium, während die Reichen ihr Küchenpersonal entlassen mussten.
Auch die Kindheit der Ich-Erzählerin im Schwabenland, im Ferienlager der christlichen Jugend erzeugte ein Gefühl der Solidarität, während später Skiurlaube in der Schweiz die unterschiedliche soziale Lage verdeutlichten. Mit dem Umzug nach Berlin verlieren die Jugendfreunde auch ihre Bindung zur Religion.
Ich frage mich, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn die Ich-Erzählerin im Schwabenland geblieben wäre. Hätte sie dann auch Schriftstellerin werden können? Vermutlich hätte sie einen bürgerlichen Beruf ausgeübt, Auto und Eigenheim angeschafft und wäre zur biederen CDU-Wählerin mutiert.
Das ist bereits Spekulation. Meines Erachtens richtet sich die Wut der Ich-Erzählerin gegen die Auswüchse des Neoliberalismus und fehlende Solidarität in der Gesellschaft. Reiche Menschen geben zwar gern für wohltätige Zwecke, bestimmen dann aber auch die Regeln. Zu Kohls Zeiten mussten sie noch mehr Steuern zahlen und der Staat konnte für Gleichheit sorgen und auch die Meinungsfreiheit sichern.
Anfangs vielleicht ein wenig mühsam, da man nicht weiß, wohin die Reise geht, trotzdem 5 Sterne, da mehr als nur Unterhaltung.
Lieblingszitat (einziger Limerick):
War einst ein Pärchen aus Biberach/ das ging im VW der Liebe nach/ Und sie waren sehr froh/ denn es ging ja auch so/ Aber hinterher klemmte das Schiebedach. (142)
Weniger
Antworten 1 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 1 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für
