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Zora del Buono war acht Monate alt, als ihr Vater 1963 bei einem Autounfall starb. Der tote Vater war die große Leerstelle der Familie. Wie kann jemand, der fehlt, ein Leben dennoch prägen? Die Tochter macht sich auf die Suche und fragt, was der Unfall bedeutet hat: für die, die mit einem Verlust weiterleben, für den, der mit einer Schuld weiterlebt. Seinetwegen erzählt Zeitgeschichte als Familiengeschichte – detailgetreu, raffiniert komponiert, so präzise wie poetisch.

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Produktbeschreibung
Zora del Buono war acht Monate alt, als ihr Vater 1963 bei einem Autounfall starb. Der tote Vater war die große Leerstelle der Familie. Wie kann jemand, der fehlt, ein Leben dennoch prägen? Die Tochter macht sich auf die Suche und fragt, was der Unfall bedeutet hat: für die, die mit einem Verlust weiterleben, für den, der mit einer Schuld weiterlebt. Seinetwegen erzählt Zeitgeschichte als Familiengeschichte – detailgetreu, raffiniert komponiert, so präzise wie poetisch.

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Autorenporträt
Zora del Buono, geboren 1962 in Zürich. Studium der Architektur an der ETH Zürich und der HdK Berlin, fünf Jahre Bauleiterin im Nachwende-Berlin. Gründungsmitglied und Kulturredakteurin der Zeitschrift 'mare'.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Hilmar Klute ist sehr überzeugt von Zora del Buonos neuem Tatsachenroman. Darin geht die mittlerweile in Berlin lebende Schriftstellerin, Architektin und Zeitschriftengründerin autobiographisch dem Unglücksfall nach, der ihr Leben prägte: Ihr Vater starb bei einem Autounfall, als sie acht Jahre acht war. Nun kehrt sie in ihre Schweizer Heimat zurück, um die Umstände des Unfalls zu erkunden und den Verursacher zu finden. Dabei spürt del Buono, so Klute, mit den "Deformationen" ihres eigenen Charakters auch den Folgen nach, den so eine Tragödie im Leben eines Menschen anrichtet. Zugleich wendet sie sich laut dem Rezensenten in soziologisch geschulten Exkursen den gesellschaftlichen Umständen in den Siebziger Jahren in der ihr nun fremd gewordenen Schweiz zu. Klute lobt vor allem del Buonos sachliche Sprache, die bei aller Tragik nicht ins allzu Emotionale kippt.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Eine brillante Erzählarchitektin."
Julia Stephan, Schweiz am Wochenende

"So, wie Literatur sein soll. Was del Buono macht, ist Kunst."
Michael Maar
"Zora del Buono hat mit dieser Erzählung nicht nur ihrem Vater ein Denkmal gesetzt, sondern auch eine Liebeserklärung an die Wahrheit geschrieben."
Süddeutsche Zeitung, Hilmar Klute

"Zora del Buono ist eine tolle Erzählerin, und "Seinetwegen" ein herzzerreißendes und sehr bewegendes Buch über eine Tochter, die nach ihrem Vater forscht, und es ist auch ein Stück Zeitgeschichte, großartig geschrieben, unsentimental, klug. Ein Buch, das Sie mit einem Rutsch auslesen."
Spiegel online, Elke Heidenreich

"Ein packendes, lebenspralles Werk, das kunstvoll komponierte Journal einer Spurensuche, das mit verschiedenen Textsorten arbeitet ... ein bewegendes Zeugnis der Menschlichkeit."
NZZ Bücher am Sonntag, Manfred Papst

"Schmale, intensive Erzählung so vielschichtig wie ihr Titel"
republik.ch, Daniel Graf

"Ein wunderbar geschriebenes, geschickt erzähltes, immer wieder überraschendes Buch ... Es lässt sich ebenso als persönliche, autofiktionale Recherche mit Elementen einer Detektivgeschichte lesen wie als Roman mit glänzenden poetischen und philosophischen Passagen. Seinetwegen ist das Buch der Suche nach etwas, das wir glauben, verloren zu haben, aber unbedingt finden müssen. Sehr gelungen und zugleich ein echter Blicköffner."
3sat Buchzeit, Gert Scobel

"Wie gut, hier jemand ... die zauberhafte Kunst versteht, abgerissene Lebensfäden in einem lichten Wunderwerk des Zusammenhangs aufzuheben."
Stuttgarter Nachrichten, Stefan Kister
"Eine brillante Erzählarchitektin."
Julia Stephan, Schweiz am Wochenende

"So, wie Literatur sein soll. Was del Buono macht, ist Kunst."
Michael Maar

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.07.2024

Einer war
nie da
Als Zora del Buono acht Monate alt war, starb ihr
Vater bei einem Unfall. In dem Tatsachenroman
„Seinetwegen“ versucht sie, den Verursacher zu finden.
VON HILMAR KLUTE
Es gibt schlimme Ereignisse, die erlebt zu haben man glaubt, ohne unmittelbar an ihnen beteiligt gewesen zu sein. Der Tod eines nahen Menschen vor oder kurz nach der eigenen Geburt zählt zu diesen quälenden, oft das ganze Leben verschattenden Beinaherlebnissen, von denen man vielleicht erst spät begreift, was sie in einem angerichtet haben. Zora del Buonos autobiografischer Roman „Seinetwegen“ erzählt von einem solchen verqueren Verlustschmerz. Er handelt davon, wie die Erzählerin, sie ist zweifellos mit der Autorin identisch, dem frühen Tod ihres Vaters auf die Spur kommt, im wahrsten Sinn des Wortes, nämlich mit einer Recherche.
Manfredi del Buono war ein junger Arzt, glücklich verheiratet und gerade Vater seiner Tochter Zora geworden, als er im August 1963 bei einem Autounfall nahe der Schweizer Kantonshauptstadt Glarus ums Leben kam. Ein junger Mann in einem roten Chevrolet hatte einen Heuwagen überholt und zu spät gemerkt, dass ihm auf der Gegenspur der lindgrüne VW Käfer mit Zoras Vater und dessen Schwager entgegenkam.
Zeit ihres Lebens hat die Autorin diese Geschichte mit sich herumgetragen, immer deutlicher hat sich das damalige Geschehen in ihren Vorstellungen konturiert, dann wieder entfernt, aber stets war es an das Bewusstsein und den Schmerz des Andersseins angeschlossen. Deshalb legt del Buono eine „Liste der Deformationen“ an. Auf dieser Liste nimmt ihre Irritation, die aufkommt, sobald Menschen von „schweren Schicksalsschlägen“ reden, einen vorderen Rang ein. Auch die Neigung, sich selbst in Zweierbeziehungen nicht zu mögen, das Befremden über intakte Familien gehören zu den Deformationen, die zu einem, wie del Buono schreibt, „solitären Dasein“ führen. Lesend erfährt man, was das Ereignis, dem die Erzählerin hier auf die Spur kommen will, in ihr angerichtet hat.
Es zählt zu den Raffinessen dieses Romans, dass Zora del Buono ihre Suche nach dem „Töter meines Vaters“ in die Hände einer in mancherlei Hinsicht unzuverlässigen, an die eigenen Defizite verlorenen Erzählerin legt. Sie ist kinderlos geblieben und erleichtert darüber, irgendwann „in Ruhe abtreten zu können“.
Ihre Vaterlosigkeit, unter der sie ein Leben lang leidet, beginnt in dem Jahr, da Alexander Mitscherlichs Essay über die „Vaterlose Gesellschaft“ erscheint. Mit Freunden erörtert del Buono, welche Lebensscharten mit welchen intellektuellen Handreichungen erklärbar und womöglich ausuwetzen sind. Diese Gespräche im Kaffeehaus werden immer wieder eingeblendet, sie sind Rückversicherungen auf die tröstliche Wahrheit, dass kein Schicksal, auch das der Autorin nicht, ohne Beispiel in der Welt steht.
Viele Kinder haben schließlich ihre Väter verloren, manche von ihnen sind in der Liebe gescheitert, die meisten haben trotzdem ihren Weg gemacht. So auch die Erzählerin, die über drei Jahrzehnte im vom West-Inselchen zur Welt-Metropole gewandelten Berlin ihre intellektuelle Prägung erfahren hat und dort immer wieder auf Bestätigung hoffen und auf Freundschaft zählen darf. Sie schreibt aus der Haltung der erfolgreichen Schriftstellerin, Architektin und Zeitschriftengründerin heraus (das Magazin Mare ist del Buonos Erfindung). Die Anteilnahme der Freunde im Rücken, die Gewissheit des eigenen, im Ganzen weithin gelungenen Lebens auf dem Schirm, fährt die Erzählerin an die Orte ihrer Kindheit. Sie möchte erfahren, ob der Mann, der ihren Vater getötet hat, noch am Leben ist. Dokumente über den Hergang findet sie zunächst kaum. In den Ordnern ihrer inzwischen dementen Mutter entdeckt sie einen Leserbrief über den Strafprozess, der das milde Urteil gegen den Fahrer kritisiert und einer merkwürdigen Hierarchie des Menschenwerts folgt: Der „defekte“ Unfallverursacher wird gegen den „hochstehenden Menschen“ ausgespielt, der dabei umkam.
In der Erinnerung der Erzählerin kehrt sich das Werteverhältnis allerdings um. Sie selbst war als Kind mit italienischem Namen den Übergriffen mancher Schulkameraden ausgeliefert. Das Klima hatte sich damals, auch durch die sogenannte Überfremdungsinitiative einer rechtsgerichteten Partei, aufgeheizt, die del Buonos galten als „Tschingg“, so wurden Schweizer mit italienischen Wurzeln genannt.
Zora del Buonos Buch gewinnt seine Meisterschaft aus solchen spontanen Rückgriffen auf gesellschaftliche und persönliche Umstände der frühen Siebzigerjahre. Die als Recherche angelegte Erzählung erweist sich mit derlei Exkursen auch als Suche nach den frühen Motiven für den eigenen Lebensweg, nach Gründen für persönliche Deformationen. Zugleich spürt sie den Strukturen einer Schweizer Bürgergesellschaft nach, deren Regeln und Moral das ethnologische Interesse der zurückkehrenden Erzählerin wecken. Das Land, das ihre Kindheit geprägt hat, wird ihr umso fremder, je weiter sie fragend und recherchierend vordringt. Sie selbst ist die Fremde, die hier etwas radikal Persönliches in Erfahrung bringen muss.
Nach und nach entwickelt sich aus dem Komplex aus persönlicher Erinnerung und historischen Tatsachen auch das Bild des Unfallfahrers, dessen Namen die Erzählerin zunächst mit den Initialen E.T. etwas spitzfingrig anfasst. Aber nach Gesprächen mit alten Menschen, die den Mann gekannt haben wollen, gewinnt die Gestalt Ernst Traxlers an Kontur.
Wiederum sammelt die Erzählerin Material für eine Liste, diesmal eine, mit der sie den, wie sich aus Unterlagen und mündlichen Zeugnissen ergibt, 2009 gestorbenen Traxler zu greifen versucht: Allein lebend, keine Frauenbekanntschaften, ein guter Nachbar, Hundefreund (wie die Erzählerin auch) und nicht ausländerfeindlich. Alles in allem ein Mann, der das ist, was auch der Lehrling sagt, der in Traxlers Auto saß, als der Unfall geschah: „Dä Traxler isch eine von den Guete gsii.“
Einer von den Guten also, womöglich sogar einer, der sich in der auf bürgerlicher Hypermoral gründenden Schweizer Gesellschaft als Homosexueller verleugnen musste. In einer sehr schönen Passage stellt sich die Erzählerin vor, Traxler habe wie sie im West-Berlin der Achtzigerjahre die Saturnalien einer zunächst zügellosen, dann durch Aids in Schrecken versetzten Community erleben können, eine Zeit, „als Subversion noch ein positiv besetztes Wort war und Verbürgerlichung ein Schreckensbild“. Ja, der „Töter“ hätte einer aus ihrem Freundeskreis sein können, ein Lebenshungriger wie sie damals.
Aber weshalb hat er sich nie nach den Hinterbliebenen erkundigt? Warum waren ihm die junge Witwe und das kleine Kind so gleichgültig? Stück für Stück arbeitet sich die Erzählerin zu diesem Phantom E.T. vor, aus dem allmählich die menschliche Gestalt Ernst Traxlers tritt. Die Recherchekünste eines Historikers im Staatsarchiv des Kantons Glarus fördern ein Konvolut von Unterlagen, Prozessakten und Aussagen Traxlers zutage: „Und plötzlich liegt alles offen da.“ Der „Töter“ kommt direkt zu Wort, im Protokoll des Geständnisses gesteht er seine Schuld am Unfall. Aber die Erzählerin erfährt auch, dass Traxler den sterbenden Vater im Krankenhaus aufgesucht und sogar mit ihrer Mutter korrespondiert hat. Der Fall ist klar, und nach sechzig Jahren sollen „fünfzehn behördliche Schreibmaschinenseiten“ endlich einen Lebensschmerz abbinden.
Aus dem Spiel mit Assoziationen und Abschweifungen lässt Zora del Buono die Geschichte eines Unglücks entstehen, in der es zwar einen juristisch Schuldigen gibt, jenen Ernst Traxler nämlich. Aber sie blickt auch in den Abgrund der eigenen Familiengeschichte, auf die Leerstellen, mit denen die Mutter die Tragödie verblendet hat. Del Buono hat nach ihrem großen, mit kühnen biografischen Erfindungen gesättigten Roman „Die Marschallin“ nun einen aus essayistischen Versatzstücken, soziologischen und historischen Verweisen gebauten Tatsachenroman geschrieben. Sprachlich kommt das Buch diszipliniert und beinahe kühl und um Sachlichkeit bemüht daher. Vielleicht ist dies der Zauber dieses Erzählens: Gerade in den Augenblicken großer Tragik und Traurigkeit wird die Sprache dringlich und zugleich beschwichtigend. Sie reißt, um im tragischen Motiv zu bleiben, im rechten Moment das Steuerrad herum.
Zora del Buono hat mit dieser Erzählung nicht nur ihrem Vater ein Denkmal gesetzt, sondern auch eine stachelige Liebeserklärung an die Wahrheit geschrieben. Denn Legenden und Vermutungen können uns nur scheinbar vom Schmerz bewahren. Erst wenn wir alles wissen über die Tragödie unseres Lebens, können wir uns mit ihr versöhnen.
Kein Schicksal ist
ohne Beispiel in der Welt.
Wie tröstlich!
Zora del Buono:
Seinetwegen.
Verlag C.H. Beck 2024,
201 Seiten, 23 Euro.
Als Recherche angelegte Erzählung: Die Schweizer Schriftstellerin Zora del Buono schreibt in ihrem neuen Roman über die große Lücke ihres Lebens.
Foto: Stefan Bohrer
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